Speyer Hundsjahre und höchste Wonnen

Lilo Wessel ist eine ausgewiesene Griechenland-Kennerin. Jetzt hat die gebürtige Frankfurterin ihre Vorliebe für Griechenland und die Griechen literarisch verarbeitet. Mit ihrem Debüt-Erzählband „Metá – Später“ ist der 69-Jährigen ein Buch gelungen, das vom prallen Leben in einem Fischerdorf auf dem Peloponnes erzählt. Autobiografische Bezüge sind nicht auszuschließen.

Wessel verlebt einen Teil des Jahres in Speyer, den anderen in der griechischen Stadt Kalamata. Vor dieser malerischen Kulisse breitet sie ihre Erzählungen über Liebe, Leidenschaft, Abschied und Schmerz aus. In acht Geschichten auf 241 Seiten nimmt die Autorin den Leser mit auf ihre Reise in den Süden, in flirrende Hitze, zu Männern wie Adonis – in der griechischen Mythologie der Gott der Schönheit – oder zu Gefühlen, die ihren Protagonisten Flügel verleihen oder sie am Boden zerstören. Wessel hat das Buch „Stávros“ gewidmet, ohne seine Identität preiszugeben. Vielleicht ist er die große Liebe, an deren Höhen und Tiefen vom Anfang bis zum unwiederbringlichen Ende die Ich-Erzählerin ihre Leser schonungslos Anteil nehmen lässt. Ohne Tabus beschreibt Wessel die Liebe vom ersten zaghaften Blick bis zum hemmungslosen Begehren. Aber auch Demütigungen, Hilflosigkeit nach dem Verschwinden der Liebe und den Schmerz des Abschieds dichtet sie den handelnden Personen zu. „Hundsjahre“ ist in der dritten Person geschrieben. Und in der Vergangenheit. Erfüllt von Trauer um den geliebten Hund lehnt die Protagonistin jeden Ersatz ab, bis sie den Eroberungsversuchen des „Neuen“ nicht länger widerstehen kann. Am Ende bleibt ihr nur noch die Erinnerung. Jede der Erzählungen ist in sich geschlossen. Dennoch sind Wessels Geschichten miteinander verwoben. Sie spielen vor der Finanzkrise und Griechenland-Pleite. Der Autorin ist es gelungen, den Leser vom zerplatzen Idyll bis zum Ende der Einsamkeit mitzureißen. Die Eindringlichkeit ihrer Worte und Sätze bewirken starkes Verlangen nach einem Ticket nach Griechenland, in eine Welt, die gleichzeitig alle Sinne erfüllt und das Scheitern schon zum Zeitpunkt höchster Wonnen in sich trägt. In Wessels zehnseitigem Glossar kann sich der Leser über Sprache, Gestik und Geografie der Griechen informieren. Beim Lesen der authentischen Erzählungen hilft das und nach dem Lesen bleibt es interessant. Wie die Geschichten in „Metá – Später“. Lesezeichen Lilo Wessel, „Metá – Später“, Tredition-Verlag, ISBN 978-3-7439-5278-2.

x