Speyer Es braust der pfingstliche Geist

Mit Frankreichs gläubigem Komponisten der Moderne, Olivier Messiaen, führte Straßburgs Münster-Organist Pascal Reber am Samstagabend im Speyerer Dom von Ostern zu Pfingsten. Er spielte beim Internationalen Orgelzyklus in raffinierter Koloristik die idyllische Naturnähe, die markanten Skalen und die abrupten Akzente des 1992 verstorbenen Franzosen plastisch aus. Das zu vielfältig-disparate Gesamtprogramm forderte den Hörern hohe Konzentration ab.

Messiaens Musik ist mit ihren manischen Wiederholungen und ihrer zuweilen penetranten Süßlichkeit nicht jedermanns Sache. Und so verließen mehrere Hörer den Dom vor Konzertende. Dabei waren die vom Straßburger Gast ausgewählten Oster- und Pfingst-Sätze in relativ verständlicher Tonmalerei gesetzt. Reber gab der agilen Akkordik der „Corps glorieux“ („Verklärte Leiber“) eine fließende Leichtigkeit und brachte eine fesselnde Dualität mit den melodischen Einschüben zustande. „Les eaux de la grace“ („Die Gnadenwasser“) brachte er in einen ruhig strömenden Gestus. Aus Messiaens Pfingst-Orgelmesse hörte man nach dem in aparter Farblichkeit abgesetzten Weihe-Satz die verspielten, der Natur abgelauschten Vogel-Klänge. Am Ende durfte dann in den kraftvollen Ballungen eines Kraft-Marsches der pfingstliche Geist brausen. Bereits an der Chororgel hatte Reber eingangs in einer Canzone Girolamo Frescobaldis hohen Sinn für die Raumakustik offenbart und in der modulatorischen Vielfalt eines Satz-Paars des Alexandre Pierre François Boëly seine enorme Spielfertigkeit unter Beweis gestellt. Zwischen Messiaens Oster- und Pfingst-Sätzen wuchtete der Straßburger Gast von der Hauptorgel in glanzvollen Klangbildern Marcel Duprés Sinfonie-Toccata und seine eigene Improvisation über die galiläischen Männer („Viri Galilaei“). In Duprés Auferstehungstoccata schälte sich nach spätromantisch-wellenartiger Bewegung die strahlend aufsteigende „Wachet auf“-Melodie heraus. In überlegener Disposition zwischen offenen und verdeckten Registern, brodelnder Unruhe und leuchtender Strahlkraft, festem Zugriff und virtuosem Feinschliff spielte sich Reber in einen wahren Klangrausch. Auch seine eigene, viertelstündige Improvisation über den gregorianischen Lobgesang der Himmelfahrt hielt Reber im prachtvollen Klangspektrum französischer Orgelsinfonik. Rasant mitreißende, ostinate Beschleunigungen standen für die innere Unruhe der durch den Kreuzestod des Meisters verunsicherten Jünger, bei der sich der Organist zu lange aufhielt. Der gewaltige Aufriss hinterließ dann auch Spuren in Bachs Fantasie „Komm, Heiliger Geist“ mit zu kräftigen, das kleingliedrige Manualwerk überdeckenden Pedalbässen.

x