Speyer Eines macht Brasilianern Angst: die Fußball und der Kunst

„Als der Ball noch rund war“ – in Rainer Moritz’ neuem Werk dreht sich alles ums runde Leder. Am Mittwochabend hat der Autor das Buch im voll besetzten Restaurant am Sportpark des FC Speyer 09 in der Reihe „Speyer.Lit“ vorgestellt.

Moritz führte sein Publikum auf einen knapp zweistündigen Ausflug durch die Fußballgeschichte, gemischt mit persönlichen Anekdoten und Gedanken. Voller Humor, (Sprach-)Witz und nicht ohne Anspruch: Der Leiter des Hamburger Literaturhauses begann den Abend mit Rainer Maria Rilkes Gedicht „Der Ball“, „damit Sie sagen können, Sie waren auf einem Rilke-Abend“. Ausgehend von der Champions-League-Finalniederlage der Münchner Bayern 1999 in Barcelona gegen Manchester United (Stichworte: Nachspielzeit und Ole Gunnar Solskjær), betrachtete Moritz das Verhältnis zwischen Fußball und Ethik: „Ist meine Häme Ausdruck geringer moralischer Gesinnung?“ Kurz darauf landete er bei Kants Kategorischem Imperativ. Das blieb nicht der einzige fußballbasierte Ausflug in die Kulturgeschichte. Über Oliver Kahns Satz „Die Trennung von meiner Frau hatte nichts mit ihrer Person zu tun“ ging es zu den Leistungen von Fußballprofis im Schlager. „Eines macht mir Angst: der Gewalt und die Raketen“, lautet etwa eine Zeile aus einem Lied des belgischen Torwarts Jean-Marie Pfaff. Am stärksten war Moritz, wenn er die schrecklichsten Erinnerungen, die die Fußballgeschichte zu bieten hat, einordnete. Vom fröhlichen Kicken auf der Straße mit einer Getränkedose kam er zum 20. Oktober 1971, als der Italiener Roberto Boninsegna auf dem Mönchengladbacher Bökelberg während eines Europapokalspiels von einer Dose am Kopf (oder an der Schulter) getroffen worden war und mit seiner Reaktion die Grundlage für den noch immer vorhandenen Ruf der Italiener als Schauspieler gelegt hatte. Vom Gefühl, den Ball perfekt zu treffen und in einer wundervollen Flugkurve gegen die Latte klatschen zu sehen, kam er zum „Wembley-Tor“. Da Moritz entweder Autor oder Schiedsrichter werden wollte, hat er es natürlich auch mit den Unparteiischen. Tofik Bachramow aus Aserbaidschan und der Schweizer Gottfried Dienst kommen bei ihm nicht ganz so gut weg. Zum Abschluss gab es noch einen Tipp für jeden, der gerade einen schlechten Tag durchmacht: Einfach auf „Youtube“ nach dem Spiel vom 8. Juli 2014 suchen und es in voller Länge genießen. Stichwort: 7:1. „Wenn Fußball zur Kunst wird, verlieren sich Raum und Zeit.“ Lesezeichen Rainer Moritz: „Als der Ball noch rund war“, erscheint am 14. März im Atlantik-Verlag.

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