Speyer „Country ist die ideale Erzählform“

Die selbst ernannten „Outlaws der kleinen Leute“: Andreas Cisek (links) und Wolfgang „Teddy“ Ibing von Truck Stop.
Die selbst ernannten »Outlaws der kleinen Leute«: Andreas Cisek (links) und Wolfgang »Teddy« Ibing von Truck Stop.

Es gibt nur wenige Bands, die so viele erfolgreiche Jahre auf dem Buckel haben, wie Truck Stop – nämlich 45. Vor ihrem Konzert am heutigen Montag, 20 Uhr, im Mannheimer Capitol hat Nils Henke mit Sänger und Gitarrist Andreas Cisek und Schlagzeuger Wolfgang „Teddy“ Ibing gesprochen.

45 Jahre – wie bringt man nach so langer Zeit noch diese Leidenschaft auf die Bühne? Ibing:

Das ist natürlich eine Herausforderung, wenn man live spielt und das Publikum direkt vor sich hat. Da muss man jedes Mal drei Auswärtspunkte machen, im Gegensatz zum HSV. Diese Erwartungshaltung, die man erfüllen muss und die wir auch gerne erfüllen, spornt einen immer wieder an. Entweder ist man eine Rampensau oder nicht. Welcher Beruf hat schon dieses direkte Feedback? Im Finanzamt klatscht jedenfalls keiner, wenn man ein Formular richtig ausgefüllt hat. Durch die Präsenz der amerikanischen Streitkräfte in der Pfalz war Country-Musik in der Region mitunter präsenter als zum Beispiel in Norddeutschland. Spüren Sie das? Ibing: Natürlich. Wir spielen von Anfang an 90 Prozent unserer Konzerte südlich von Kassel. Bis dahin reichte damals der AFN (American Forces Network, die Red.), da sind die Zuhörer mit Country aufgewachsen. Im Norden waren die Engländer, da wurden wir anfangs auch eher belächelt. Hier im Süden, auch in Bayern, gab es da schon Country-Feste und deutsch-amerikanische Freundschaft. Wie sind Sie damals überhaupt zu der Musikrichtung gekommen? Ibing: Ich war eigentlich Jazz-Musiker und hatte mit Country nichts am Hut. Als Cisco Berndt und Lucius Reichling 1972 die Band gründeten, suchten sie einen Trommler. Ich war damals der Mitbewohner von Lucius, und da haben sie mich gefragt, ob ich mitmachen will. Sie wollten Country und Western machen, so wie Johnny Cash. „Johnny wer?“ habe ich gefragt, aber dann doch mitgemacht, um ein paar Mark in der Kneipe zu verdienen. Ich fand es aber schnell langweilig, immer nur buff-zack, buff-zack, da bin ich wieder ausgestiegen. Da die beiden aber niemanden gefunden haben, wurde ich gefragt, ob ich solange mitmache, bis sie einen festen Trommler haben. Und dann wurde da nie wieder drüber geredet. Ich bin also seit 45 Jahren Aushilfstrommler. Herr Cisek, wie war das bei Ihnen? Cisek: Wir suchten damals eine Wohnung. Meine damalige Frau kam mit der Frau des Bassisten ins Gespräch. Die meinte dann, ihr Vermieter würde gerade bauen, und so wurde ich quasi durch Zufall der neue Nachbar der Band. Ich habe lange nur Songs geschrieben und getextet, erst 2012 wurde ich ein festes Bandmitglied. Warum ist Country zeitlos? Cisek: Das Ding ist: Alle Musiker, egal in welchem Genre sie unterwegs sind, haben eine geheime Vorliebe für Country. Das hat meiner Meinung nach damit zu tun, dass in dem Bereich die besten Musiker agieren. Die sitzen alle in Nashville und spielen dir das Blaue vom Himmel herunter. Das wissen viele zu schätzen. Ibing: Bei einer Verleihung zur Goldenen Stimmgabel standen wir mal mit Xavier Naidoo im Hof. Der sagt irgendwann: „Also, wenn wir früher mit der Band im Tourbus unterwegs waren, da lief irgendwie immer Truck Stop.“ Da hat er sich mal geoutet. Was macht den Charme von Country aus? Cisek: Country ist die Idealform, um Geschichten zu erzählen. Coole Storys werden mit Country am besten transportiert. Natürlich spielen da auch Romantik, Wehmut und eine Sehnsucht nach Freiheit und Weite mit rein. Diese Dinge klingen und schwingen in der Musik einfach mit, auch in unseren Texten und Geschichten. Deswegen halten wir auch daran fest. Wir könnten ja alle auch was anderes machen, haben vorher alle was anderes gemacht. Ibing: Als ich mit meiner Frau das erste mal in den USA war – mein Bruder lebt dort seit 40 Jahren – , sind wir mit einem Pickup durch Arizona gefahren. Da kannst du nur Country hören, das ist einfach authentisch. Die 50 machen Sie noch voll, oder? Ibing: Ja sicher, wir haben nichts anderes vor.

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