Speyer Bilder von unerzählten Geschichten

„Kontraste“ heißt eine gemeinsame Ausstellung von Bettina Kresslein und Brigitte Nowatzke-Kraft in der Städtischen Galerie Speyer. Zu sehen sind Malereien, Zeichnungen und Plastiken. Die beiden Künstlerinnen kennen sich seit ihrem Studium an der Karlsruher Akademie der Bildenden Künste in den 70er Jahren.

Die Karlsruherin Brigitte Nowatzke-Kraft zeigt Graphitzeichnungen, die zunächst abstrakt wirken: Die Blätter sind bedeckt mit kleinteiligen grafischen Mustern aus Quadraten und Rechtecken. Manchmal überschneiden sie sich mit hellen, manchmal mit dunklen Regionen. Der Blick aus der Nähe offenbart Einzelheiten wie etwa Architektur-Elemente: Fenster, Türen, Treppen, Flure, gar Leitern. Es sind labyrinthische, geheimnisvolle hohe Häuser mit vielen Stockwerken, aus denen wohl kein Betrachter je den Weg heraus fände. Menschen sind nicht zu sehen. Initialzündung für die Künstlerin war nach eigenen Angaben eine Reise in den Jemen vor vielen Jahren. Dort beeindruckten sie traditionelle Hochhäuser in Lehmbauweise, in denen ganze Clans wohnen und deren Funktion sowie Einteilung westeuropäischen Vorstellungen vom Leben in Hochhäusern völlig fremd sind. Diese Verwirrung und Fremdheit versucht Nowatzke-Kraft zu vermitteln, wie sie sagt. Dabei lassen sich inzwischen zusehends auch westliche Elemente ausmachen. Ihre Acrylbilder, in denen Grüntöne eine beherrschende Rolle spielen, prägt ebenfalls eine Verbindung von Grafik und Architektur, in diesem Fall vorzugsweise Landschaftsarchitektur. Alle Bilder wirken geheimnisvoll wie noch unerzählte Geschichten. Auch viele der Acrylbilder in kräftigen Farben von Bettina Kresslein aus Baden-Baden wirken, als verbergen sich Geschichten dahinter: Frauen sitzen vor einer Kaffeetasse, einer Zeitung, stützen sich auf die Hände. Worüber mögen sie nachdenken? Warten sie auf jemanden, haben sie sich gerade getrennt, wurden sie verlassen? Kresslein, geboren 1950 in Aschaffenburg, bevorzugt kleine Formate. Von ihnen gibt es viele in der Ausstellung – neben wenigen großen Bildern und neben Menschenbildern sehr viele prächtige Pflanzen- und Blumenporträts, auch Früchte-Stillleben in leuchtenden Farben. In zwei hohen, vielstöckigen Glasvitrinen sind stockwerkweise Kleinplastiken aus Ton angeordnet: Badende in Liegeposen, Mütter mit Kindern, Nachdenkliche – die Verwandtschaft zu den gemalten Menschenbildern ist unübersehbar. Ausstellung — Zu sehen in der Städtischen Galerie Speyer vom 20. April bis zum 3. Juni, donnerstags bis sonntags, 11 bis 18 Uhr —Zur Eröffnung heute, 18 Uhr, spricht Simone Maria Dietz einführende Worte. Für Sonntag, 6. Mai, 16 Uhr, ist ein Gespräch mit den Künstlerinnen geplant.

x