Speyer Auf Eis

Monats-Küchen-Zwangs-Freundinnen (von links): Susanne Loreit, Martina Köhler und Gaby Milla als Nicky, Molly und Debra.
Monats-Küchen-Zwangs-Freundinnen (von links): Susanne Loreit, Martina Köhler und Gaby Milla als Nicky, Molly und Debra.

Geballte Frauen-Power hat am Freitag zur Premiere auf der Bühne des ausverkauften Speyerer Zimmertheaters gestanden. Köstlich schwarzer Humor, unfassbare Modesünden der 1980er Jahre, typisch weibliche Gehässigkeit und viel nackte Haut haben in der von der amerikanischen Autorin Michele Lowe geschriebenen und von Timo Effler grandios inszenierten US-Komödie „Kaltgestellt“ begeistert.

Großartig verkörpern Martina Köhler, Susanne Loreit und Gaby Milla die Scheinwelt, die Molly, Debra und Nicky verzweifelt bis zur Selbstaufgabe aufrecht zu erhalten versuchen. Angeödet treffen sie sich wie jeden Monat in einer Küche, diesmal in der von Nicky (Loreit). Im Handumdrehen wird sie zwischen gekonntem Tanz und Gesang von den Darstellerinnen aufgebaut. Die Rollenverteilung folgt dem Klischee: Im Wohnzimmer spielen ihre Macho-Ehemänner Jay, Danny und Michael Golf, begießen ihre Highschool-Freundschaft und rufen den Frauen konkrete Anweisungen, böse Beleidigungen und lästige Liebesbezeugungen zu. Zu sehen sind sie nie. Das, was ihre Stimmen (Manuel Zerwas, Timo Effler, Markus Meier) den Frauen so unverschämt, anmaßend und verächtlich entgegen schleudern, dringt tief ins Gedächtnis der Zuschauer ein. Die drei so schändlich Behandelten singen sich den Frust von der Seele und tanzen leidenschaftlich mit dem Besen zu „Hero“. Besonders „schick“ hat sich Milla für ihre Rolle als bemutternde Gattin Debra gemacht. Ihr geschmackloses Outfit erfordert ebenso viel Mut wie der öffentlich gewährte Blick auf ihren knapp verdeckten Busen. Köhler steht ihrer Bühnenkollegin nicht nach, als sie ihr Mauerblümchen-Kleid auszieht, um den Rest des Abends die lüsterne Molly mit unerfülltem Kinderwunsch in durchlässigen Dessous zu spielen. Alkohol fließt in der Küche in Strömen, Nicky sinnt über die Folgen der kriminellen Machenschaften ihres Mannes nach, greift erst zum Messer, später zum Revolver. Die Träume der Frauen von einem noch nicht gefundenen Nachfolger ihrer armseligen reichen Männer begleiten sie umwerfend mit „Sweet Dreams“ im Disco-Kugel-Licht. Die Fassade bröckelt. Untreue, „tote Hose“ im Bett und der übergroße Hang zu Wohlstand steigen an die Küchen-Oberfläche und öffnen gegenseitiger Boshaftigkeit Tür und Tor. Loreit ist in der Rolle der zynisch entschlossenen Nicky Meisterin darin, das Leben ihrer Monats-Küchen-Zwangs-Freundinnen genüsslich zu entlarven. Plötzlich hängt das Schicksal der alten Highschool-Freunde von ihren Frauen ab. Eingeschlossen bei minus zwölf Grad im gerade besichtigten nagelneuen Kühlraum im Keller laufen sie Gefahr, zwischen Wildenten und Hirschhälften zu erfrieren. Schon bei den ersten Klopfzeichen will Debra Hilfe holen. „Sie könnten sterben“, schreit sie ihre Angst um den Ehemann heraus, der ihr Leben in den moralischen Abgrund getrieben hat. Molly und Nicky können dem Gedanken durchaus etwas abgewinnen, ihre Männer endgültig auf Eis zu legen. Die Spannung der temporeich inszenierten Handlung steigt. Vorsorglich haben die Veranstalter den internationalen SOS-Morse-Code aufs Programmheft gedruckt. Können die Zuschauer die verzweifelt um ihr Leben Klopfenden damit retten? Lassen die Frauen sich erweichen? Das können Besucher dieser wunderbar mit viel Witz gespielten schwarzen Komödie in weiteren Aufführungen erfahren ... Termine und Vorverkauf —Weitere Aufführungen: Donnerstag, 23., Freitag, 24., Donnerstag, 30., und Freitag, 31. Mai, sowie Samstag, 1. Juni, jeweils 20 Uhr im Zimmertheater —Eintrittskarten gibt es im Spei’rer Buchladen, Korngasse 17, Telefon 06232 72018

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