Speyer Auf der Suche nach neuen Zielen

Professionalisierung oder Reduzierung: Stehen die Kunstvereine in Deutschland zwischen diesen beiden Zukunftsalternativen? Müssen sie neue Ziele definieren, um gesellschaftsrelevant zu sein? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion am Freitagabend beim Speyerer Kunstverein.

Dem interessanten Thema wären mehr Besucher zu wünschen gewesen. Mit Moderator Wolfgang Werner vom Gastgeber-Verein diskutierten Bettina Steinbrügge vom Kunstverein Hamburg, die langjährige Vorsitzende der Gesellschaft für Bildende Kunst Trier, Katharina Worring, und der ehemalige Direktor des Heidelberger Kunstvereins, Hans Gercke. Ariane Fellbach-Stein vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hatte ihre Teilnahme wegen einer ausgefallenen Zugverbindung kurzfristig absagen müssen. Ausgangspunkt der Diskussion war die Kernaufgabe der Vereine angesichts schwindender Mitgliederzahlen. Die meisten Vereinsmitglieder sind durchschnittlich 60 bis 70 Jahre alt. Beruflich und familiär stark engagierte 30- bis 50-Jährige fehlen. „Unser Ziel ist es, die jüngere Generation anzusprechen“, sagte Steinbrügge und berichtete von einer großen Kampagne, um Schüler und Studenten zu gewinnen. Bei der jüngeren Generation sei der Wunsch nach stärkerer Einbindung zu erkennen. Die Vernissagen und Veranstaltungen des Hamburger Vereins seien zur gesellschaftlichen Plattform geworden. Wichtig für das Verständnis der Besucher sind aus Steinbrügges Sicht Vermittlungsprogramme. Dabei nehmen die Hanseaten im bundesweiten Vergleich eine privilegierte Stellung ein. „Wir haben den Vorteil, dass wir im Gegensatz zu anderen Kunstvereinen angestellte, bezahlte Mitarbeiter haben“, so Steinbrügge. Davon könnten die meisten anderen nur träumen. Kunst müsse weiterhin zur Bildung beitragen, nicht nur einfach verständlich und schön sein, forderte Katharina Worring aus Trier. „Sie darf nicht nur den Kriterien der Politik entsprechen, die so gerne niedrigschwellige Angebote von Kunst fordert.“ Aus Sicht des Heidelbergers Hans Gercke bieten Kunstvereine gegenüber Museen den großen Vorteil, nicht weisungsgebunden zu sein. „Das muss nicht niveaulos sein, was wir zeigen, nur weil wir von der Stadt abhängig sind“, sagte Gercke. Einig war sich die Runde darin, dass die zukünftige Arbeit der Kunstvereine hohe Anforderungen an die Professionalisierung stellt. Damit stehe sie entgegengesetzt zur ehrenamtlich geleisteten Arbeit im Kunstbereich. Beim Einsatz neuer Kommunikationsmittel, bei Zielgruppenanalyse und dem Umgang mit Finanzierungen stießen ehrenamtliche Mitarbeiter an ihre Grenzen. Daher sei dies mit dem bisher praktizierten Gießkannenprinzip der Soziokultur-Förderung schwer möglich. Zukünftige Möglichkeiten seien etwa die Bildung gesellschaftlicher Plattformen, Ereignisse mit Spaßfaktor gegen eine Vereinzelung des Individuums, Bildungsangebote durch Kunst und Kultur sowie die Schaffung von gesellschaftlichem Bewusstsein gegen einen wachsenden Demokratieverlust, hieß es.

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