Speyer Auf der Suche nach dem Mythos

Gehören zum Konzept: schrille Kostüme.
Gehören zum Konzept: schrille Kostüme.

Mit seiner jüngsten Produktion von Mozarts „Don Giovanni“ hatte die Mannheimer Oper gar kein Glück. Die bei einem internationalen Wettbewerb ausgewählte Inszenierung floppte. Trostpreise für drei durch originelle Konzepte aufgefallene Mitbewerber gab es beim Mannheimer Sommer. Unter dem Titel „Roadmovies“ sollten sich die Teams mit Mozart beschäftigen. „Giovanni Register“ ist eines davon, Premiere war in den linken Zirkelsälen des Schwetzinger Schlosses.

Trostpreise sind auch Preise, und das schon mit ähnlichen experimentellen Formen des Musiktheaters aufgefallene Trio Vendula Nováková (Konzept und Regie), Sergio Vásquez Carrillo (Komposition) und Nora Husmann (Bühne und Kostüme) hat das Thema zu einem spritzigen, mit lockerer Hand servierten Einstünder genutzt. Erst quert ein Spielzeugauto ferngesteuert den Saal, dann werden die mit schrill aufgepeppten Rokokokostümen ausstaffierten Akteure lautstark auf einem Rollwagen hereingefahren. Es gibt zwei singende Giovannis, einmal die Sopranistin Lisa Schmalz, die nicht schlecht Geige spielt, und dann den Bariton Christian Lange, der sich auch als kräftig zulangender Schlagzeuger bewährt. Sergio Vasquez Carillo (Live Elektronik und Gitarre) sowie der meist am Klavier beschäftigte Mannheimer Solorepetitor Robin Philipps ergänzen als Giovanni drei und vier das Quartett. Zu erleben: Kostüm- und Rollentausch, Stimmen, Musikfragmente und eingespeiste Texte ergeben so etwas wie eine Crossover-Collage, es geht mehr durch- als miteinander, das Tempo ist hoch, die Sache läuft trotzdem irgendwie strukturiert. Mal singt Leporello und mal Don Giovanni, mal ist es Zerlina und mal Donna Anna, die Sänger sind noch jung, singen frisch und unverbraucht gegen die ziemlich untaugliche Akustik des Schwetzinger Mozartsaales an. Allein schon das verdient Respekt. Eine „Tragikomödie über den Mythos Don Giovanni nach Erzählungen der Mannheimer“ ist das Thema der flotten Schau, die eine durch wüste oder, je nach Lesart, lustige Promiskuität notorische Opernfigur mit den alltäglichen (Liebes-) Dingen anonym bleibender Mannheimer Bürger verbandelt. Diese wurden in einer Reihe von nicht näher spezifizierten Hauskonzerten ermittelt, ihre Auslassungen zitatweise in die zeitweise mehr einem Hörspiel als einem Stück Musiktheater gleichende Inszenierung eingespeist. Man hört dann also, was die „Mannheimer“ zu erlebten „Don Giovanni“-Aufführungen zu sagen haben oder eher nicht, denn über Gemeinplätze wie „wunderschöne Sänger, eine ganz tolle Inszenierung“ kommt da wenig heraus. Auch die Geschichten und Bemerkungen zum Thema Liebe, Kennenlernen, Erwartungen an den Partner, Enttäuschung (das Drama „nicht gesehen zu werden“) oder Glück des Lebens bestechen nicht gerade durch Originalität. Die Texte aus dem realen Leben sind dem musikalischen Material des Abends weit unterlegen, die von den Machern gestellte Frage „Suchen wir alle nach einem Don Giovanni*Donna Giovanna?“ bleibt eine gut gemeint rhetorische, also ergebnislose. Aber hübsch gemacht war es doch, man war nicht durch Überlängen genervt, lernte interessante Talente kennen und bekam nach Ende der Vorstellung zum Plausch mit den Akteuren an langer Tafel sogar noch einen trinkbaren Rotwein ausgeschenkt.

x