Speyer Auf dem Ü-60-Laufsteg

Model mit 84 Jahren: Hilde Zinser präsentiert das Angebot des Karlsruher Geschäfts „Mode-bequem“.
Model mit 84 Jahren: Hilde Zinser präsentiert das Angebot des Karlsruher Geschäfts »Mode-bequem«.

Auch Frauen im Seniorenalter oder mit körperlichen Einschränkungen legen Wert auf ein modisch-gepflegtes Äußeres. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Waldsee organisiert deshalb regelmäßig Modenschauen speziell für diese Zielgruppe. Am Freitagnachmittag war es im Rhein-Pfalz-Stift wieder so weit.

Es ist die 16. Modenschau in Waldsee, die Christel und Manfred Schramm von der Arbeiterwohlfahrt im Rhein-Pfalz-Stift organisiert haben. Mit wachsendem Erfolg: Die Cafeteria des Hauses ist dieses Mal bis auf den letzten Platz besetzt. Nicht nur Heimbewohnerinnen nutzen die Gelegenheit, die Waldseer Damenwelt ab etwa 65 Jahre ist gut vertreten, ergänzt von mancher Interessentin aus den Nachbarorten. Und los geht es: Herein schwebt Mannequin Hilde mit einem apricotfarbenen gemusterten Shirt, komplettiert mit einer farblich abgestimmten Strickjacke für kühlere Tage. Hilde Zinser ist 84 Jahre jung und damit die älteste der sieben Models ab 60 Jahre, alles Waldseerinnen und Awo-Mitglieder oder regelmäßige Besucher der Veranstaltungen des Awo-Ortsverbandes. Hilde Zinser ist zum neunten Mal als „Vorführdame“ bei den Schauen, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst im Rhein-Pfalz-Stift stattfinden. „Christel Schramm hat mich damals angesprochen, und ich hab’s probiert“, meint sie. „Es hat Spaß gemacht, also bin ich weiterhin dabei.“ Eine Generalprobe gibt es nicht. Jedes Model sucht sich eine halbe Stunde vor der Veranstaltung mehrere passende Teile aus dem reichen Angebot des Geschäftes „Mode-bequem“ aus Karlsruhe aus, das mit zwei Kleinbussen vorgefahren ist. Inhaberin Renate Hildebrandt moderiert die Schau. Zu sehen gibt es an Hilde, Jutta, Lisa, Ursel, Elisabeth, Brigitte und Erika Shirts, Pullover, Strickjacken, einen Poncho und eine dicke Winterjacke mit abknöpfbarer Kapuze – alles in den Farben dieses Herbstes, vom unauffälligen taupe und grau über rauchblaue Töne und petrolgrün bis zu Rotschattierungen zwischen erdbeerfarben und purpur. Hosen – ein Rock ist nicht zu sehen – und Schuhe sind aus den privaten Kleiderschränken der Models. Sehr „in“ scheinen diesen Herbst Teile zu sein, die aussehen wie Shirts mit Jacke, in Wirklichkeit aber einheitliche Pullis sind, die man einfach über den Kopf zieht – „Bescheißerle“ nennt das die Badenerin Hildebrandt. Was gefällt, können die Kundinnen gleich vor Ort in ihrer Größe anprobieren und auf Wunsch kaufen. Flott und witzig geht es zu bei der Schau, da darf auch vom „Laufsteg“ – einfach ein von Stühlen freigehaltener Weg durch den Raum – eine Freundin herzlich begrüßt werden. Weil man die Models kennt, ist es auch kein Problem, mal den Stoff am Körper zu befühlen, oder zu fragen, wie sich das Modell trägt und so zu erfahren, dass die Jacke etwa sehr, sehr warm hält oder der Pulli besonders weich auf der Haut ist. „Mode-bequem“ ist spezialisiert auf die Bedürfnisse von Kundinnen in Alten-und Pflegeheimen. Nicht nur, dass Renate Hildebrandt mehrmals in der Woche Modenschauen in Einrichtungen abhält, sie kommt auch vorbei, wenn eine Betreuerin anruft, weil jemand neu eingekleidet werden muss. Von Unterwäsche über Nachtwäsche und Schuhen bis zum Wintermantel ist alles dabei, und die Mitarbeiterinnen helfen auch beim Anprobieren – eine nicht zu unterschätzende Sache bei körperlich oder auch geistig eingeschränkten Menschen. Dazu kommt, dass fast alle Teile des Angebots, bis auf eine Lodenjacke, voll waschbar sind und auch aus der Großwäscherei der Heime wie neu herauskommen.

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