Speyer Abweisendes Dunkel, hoffnunggebende Helle

Neben Alois Ewens Gemälde: der Schweizer Zink-Spieler Hans-Jakob Bollinger und die thüringische Organistin Christiane Lux.
Neben Alois Ewens Gemälde: der Schweizer Zink-Spieler Hans-Jakob Bollinger und die thüringische Organistin Christiane Lux.

Die zweite Folge der bebilderten Passionskonzertreihe „Cantate Domino“ um das Vater-Unser-Gebet kreiste am Samstagabend im Speyerer Dom-Altarraum um die Themen Schuld und Vergebung.

Rein instrumental setzten der Schweizer Zink-Spieler Hans-Jakob Bollinger und die thüringische Organistin Christiane Lux die Thematik um das Schuldigwerden und die hoffnungsvolle Entlastung aus Alois Ewens neben der Chororgel aufgestelltem schwarzgrundigen Gemälde in beredter Virtuosität bei Musiktücken aus der Renaissance um. Der Mainzer Künstler Alois Ewen stellte eingangs sein diesmal konstruktivistisches Bild mit abweisend schwarz aufgespachtelten, bedrohlichen Balken vor, zwischen denen gelbe Flecken für Hoffnung und Befreiung durchschimmerten. Natürlich gehorchten die von Organistin Lux und Zinkenist Bollinger vorgetragenen Canzonen, Variationen, Sonaten und Choralbearbeitungen von Palestrina, Pachelbel, Praetorius und Samuel Scheidt ihren eigenen musikalischen Gesetzen mit Sequenzen, Gegenbewegungen und Verzierungen. Die Stücke kreisten aber überwiegend doch um den alten, bei allem Ernst auch trostreichen Hymnus „Vater unser im Himmelreich“ und öffneten so schon einmal den synästhetischen Bezug zum abweisenden Dunkel und zur hoffnunggebenden Helle von Ewens Bildkomposition. Die Pole Einkehr und Beschwingtheit zeichneten dann besonders die von Kirchenmusikerin Lux an der Chororgel in zwei Abschnitten sprühend gespielten Choralbearbeitungen „Vater unser im Himmelreich“ von Praetorius aus: Zunächst war für die aufmerksame Hörerschaft im gemessenen Choral-Duktus Besinnung angesagt, später trat mit opulent trillernden Veränderungen tänzerische Bewegtheit hinzu. Das gewandte Spiel der Organistin mit den Registerfarben holte im Fall der nasalen Zungenregister dann auch die helle Farbe von Bollingers Zink als fein ausschwingenden Cantus firmus ins Geschehen. Mit erstaunlicher Atemtechnik schlängelte sich Bollinger danach durch die girlandenhaften und kapriolenartigen Verzierungen einer Sonate des Gioanni Paolo Cima. Eine weittragende, erhebende Canzon-Klage von Giovanni Battista Riccio aus den Jahren um 1600 hätte jedem Romantiker zur Ehre gereicht – als trauernder, orphischer Trompetengesang unter dem Verschuldensmotto „mea culpa“. Die leuchtende Helle strahlte aus dem klaren und breiten Duktus von Palestrinas „Domine quando veneris“ als Gotteslob für vergebende Güte. In die rätselhaften Wege menschlichen Handelns führten die rasant überquellenden, toccatenartigen Variationen des einstigen württembergischen Hoforganisten Johann Ulrich Steigleder, die Lux nach Zwischenspielen an der Truhenorgel wieder an der Chororgel zu kraftvollem Leben erweckte. In dynamischen Varianten schloss das der alten Musik verpflichtete Duo Bollinger-Lux mit Gasparo Pietragruas „La Bianchina“ zwischen marschartigen und ariosen Passagen. Termin Im nächsten Konzert der Reihe „Cantate Domino“ gibt es am Samstag, 23. März, 18 Uhr, im Dom gregorianische Chor- und Orgelmusik mit der Schola Vox Puellarum und Markus Melchiori.

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