Uniklinikum Homburg Missbrauchsverdacht: Chefarzt hat frühere Alarmzeichen wohl nicht verfolgt

Corona-bedingt tagte der Untersuchungsausschuss des Saar-Landtags in der Congresshalle Saarbrücken.
Corona-bedingt tagte der Untersuchungsausschuss des Saar-Landtags in der Congresshalle Saarbrücken.

Der Verdacht des Kindesmissbrauchs an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums in Homburg durch einen früheren Assistenzarzt war intern deutlich früher thematisiert worden, als bisher bekannt. Ein erstes Alarmzeichen, dass der beschuldigte junge Mediziner Kinder öfter allein und länger untersuchte als üblich, hat es demnach schon 2010, und damit ein Jahr früher, gegeben.

Das hat die Befragung einer Zeugin im Untersuchungsausschuss am Saar-Landtag am Mittwoch ergeben. Der hielt seine elfte Sitzung Pandemie-bedingt in der Congresshalle Saarbrücken ab.

Hunderte Kinder missbraucht?

Erst 2014 hatte das Klinikum gegen jenen Arzt Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft begann Ermittlungen, stellte diese später mit dem Tod des Mannes im Sommer 2016 ein. Zumindest ein Fall hatte damals kurz vor der Anklage gestanden. Hunderte, heute teils erwachsene Menschen, könnten ab 2003 sexuell in der Jugendpsychiatrie in Homburg missbraucht worden sein.

Der Ausschuss am Landtag versucht Licht in den Skandal zu bringen und medizinische sowie politische Verantwortlichkeiten aufzudecken.

„Ins Gedächtnis eingebrannt“

Die Zeugin, eine Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, berichtete am Mittwoch eindringlich von einer Oberarzt-Besprechung im Frühjahr 2010, die sich ihr „ins Gedächtnis eingebrannt“ habe. In der habe ein Oberarzt aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie seine Sorge um das Wohl der Kinder und die Verdachtsmomente gegen den Assistenzarzt dargelegt. Die Vorwürfe seien aus dem Team der Klinikstation für Kinder- und Jugendpsychiatrie gekommen. Bei dem damals vorgesetzten Chefarzt seien diese Sorgen jedoch „nicht durchgedrungen“.

Der Leiter der Klinik für Jugendpsychiatrie habe in der Runde viel mehr betont, dass zunächst die Unschuldsvermutung gelte. Verfolgt wurden diese ersten Alarmzeichen gegen den angehenden Facharzt offenbar nicht.

„Wie kann so einer Täter werden?“

„Es war unvorstellbar für mich, dass jemand, der vorgibt, Kindern helfen zu wollen, hätte Täter sein können “, sagte die 46-Jährige am Mittwoch in Erinnerung an jene Ärztebesprechung und ihren Schock über die laut gewordenen Vorwürfe sowie die Art, wie der Chefarzt darauf reagierte.

Die Ärztin im Zeugenstand sowie weitere Zeugen machten auch deutlich, dass stark hierarchische Strukturen innerhalb der Klinikwelt in Homburg wohl eine Aufdeckung des Skandals zumindest erschwert haben.

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