Rhein-Pfalz Kreis Widerstand gegen Supermarkt-Bau

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Böhl-Iggelheim. „Wir wollen den geplanten Netto-Markt nicht, wir brauchen ihn auch nicht und das dafür vorgesehene Grundstück ist denkbar ungeeignet.“ Dieser Meinung ist eine Interessengemeinschaft (IG), der zehn Familien aus Böhl angehören. Sie setzen sich dafür ein, dass kein Supermarkt auf der Grünfläche am Ortsausgang Lessingstraße gebaut werden darf. Mit ihrem Anliegen sind sie nicht alleine. Inzwischen haben sie 200 Unterschriften gegen den Bau des Marktes gesammelt.

Zum Hintergrund: Im Osten von Böhl auf dem Grünstreifen zwischen Kreisstraße, Wohngebiet und Lessingstraße möchte ein Investor auf einem 5700 Quadratmeter großen Grundstück, das momentan noch landwirtschaftlich genutzt wird, einen Supermarkt bauen und an den Discounter Netto verpachten. Der Plan sieht eine Verkaufsfläche von rund 1100 Quadratmetern vor. Ein Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2011 weist diesen Standort unter mehreren geprüften Alternativen als den am besten geeignetsten aus. Nach der Schließung eines kleinen Supermarktes in der Ortsmitte von Böhl gibt es dort kein Geschäft dieser Art mehr. Nach Information der IG habe die Gemeinde intensiv aber erfolglos nach einem Betreiber für einen Markt in der Ortsmitte gesucht. „Wir haben von diesen Plänen aus dem Amtsblatt erfahren. Der Gemeinderat sollte in seiner Sitzung vom 14. Juli beschließen, dass der Flächennutzungsplan für dieses Grundstück geändert und ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt werden soll“, erzählt Christiane Fulford. Daraufhin haben sich die Familien zusammengetan, die Initiative gegründet und mit den Gemeinderatsfraktionen gesprochen. Der Tagesordnungspunkt in der Julisitzung wurde abgesetzt – doch am 6. Oktober steht das Vorhaben wieder auf der Tagesordnung einer Sitzung. Die Gegner nennen mehrere Gründe, warum ein Supermarkt an dieser Stelle ihrer Ansicht nach nicht sinnvoll ist. Der neue Markt würde ebenso wie die bereits ansässigen drei anderen Supermärkte am Ostrand von Böhl-Iggelheim liegen. Der Penny-Markt ist gerade mal einen Kilometer entfernt. Das Hauptargument: Der Markt soll für möglichst viele Böhler zu Fuß erreichbar sein. Das will Herbert Bender, einer der Sprecher der IG, nicht gelten lassen. Er habe nachgerechnet, vom Ortsmittelpunkt seien es 700 Meter zum Netto und 900 Meter zum Penny. Für die Bewohner westlich der Hauptstraße sei der Penny-Markt sogar näher. „Diejenigen, die den neuen Markt fußläufig erreichen würden, wollen ihn nicht und die, die ihn wollen, können ihn nicht fußläufig erreichen.“ Außerdem gibt Bender zu bedenken, dass die Lessingstraße, über die der Supermarkt angefahren werden soll, eine Hauptausfallstraße sei. Die Einmündung in die Umgehungsstraße sei unfallträchtig, es seien bereits mehrere Auffahrunfälle dort passiert. Ein Supermarkt an dieser Stelle würde noch mehr Verkehr bringen. Die Anwohner, die sich in der IG zusammengeschlossen haben, befürchten zudem eine hohe Lärmbelastung durch Kühlaggregate und Lieferverkehr, weil der Supermarkt direkt hinter ihren Gärten gebaut würde. Christine Fulford, ebenfalls IG-Mitglied, sieht eine Gefahr für Tiere, die in diesem Bereich leben. Außerdem fragen sich die Aktivisten, ob hier nicht ein Machtkampf zwischen großen Supermarktbetreibern auf dem Rücken der Anwohner ausgetragen werde. Wenn zu den bereits ortsansässigen Lidl- und Penny-Märkten nun ein dritter Discounter hinzukäme, sei es fraglich, ob sich alle drei halten könnten. Außerdem würde dies die Ansiedlung eines Supermarktes in der Ortsmitte praktisch unmöglich machen. Die IG-Mitglieder haben bereits ein Gespräch mit Bürgermeister Peter Christ (CDU) und mehrere Gespräche mit den Gemeinderatsfraktionen geführt. Dort sei ihnen unter anderem erklärt worden, der Rat müsse einen solchen Antrag eines Investors beraten. Karl-Heinz Hasenstab, der Bürgermeister Christ während seines Urlaubs vertritt, kann die Sorgen der Anwohner nachvollziehen, nicht aber ihre Überraschung über einen möglichen Supermarktbau an dieser Stelle. Das Einzelhandelskonzept sei über die Homepage der Gemeinde einsehbar. Er könne es gut verstehen, dass die Nachbarschaft dort die Situation, wie sie jetzt ist, beibehalten möchte, doch es gebe kein verbrieftes Recht, dass keine Änderungen vorgenommen würden. Außerdem stellte er klar: „Der Antrag des Investors muss beraten werden, weil er auf dem Einzelhandelskonzept beruht.“ Der Rat müsse prüfen, ob der Plan des Investors mit dem Einzelhandelskonzept vereinbar ist. Dabei spiele es keine Rolle, um welchen Betreiber es sich handle. Ein Sprecher der Kreisverwaltung sagte auf Anfrage der RHEINPFALZ, aus einem Einzelhandelskonzept alleine ergebe sich kein Rechtsanspruch, wenn es für die entsprechende Fläche keinen gültigen Bebauungsplan gebe. „Hier hat die Gemeinde die Hoheit.“ Sie könne also entsprechende Anträge ablehnen, auch wenn sie die Vorgaben des Einzelhandelskonzepts erfüllen. Anders wäre es, wenn es bereits einen Bebauungsplan gebe. Noch gibt es für das Gelände keinen Bebauungsplan. Die Gemeinde kann also selbst entscheiden, ob sie den Investor bauen lassen möchte. Wenn ja, dann muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Außerdem muss der Gemeinderat einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellen lassen. Darüber wird der Rat bei seiner nächsten Sitzung beraten.

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