Rhein-Pfalz Kreis Weiter Blick, bohrende Fragen

Fachleute des Netzwerkbetreibers – hier Amprion-Bereichsleiter Björn Kaiser (vorne links) – stellten sich geduldig den Fragen de
Fachleute des Netzwerkbetreibers – hier Amprion-Bereichsleiter Björn Kaiser (vorne links) – stellten sich geduldig den Fragen der Besucher.

Der Steiger auf dem Lastwagen fährt die Arbeitsbühne 21 Meter hoch und bietet einen Panoramablick auf das neue Umspannwerk nördlich von Lambsheim. Im Juli wird der erste Transformator in Betrieb gehen. Am Samstag hat der Netzbetreiber zu einem Tag der offenen Tür geladen. Hauptattraktion für die Gäste war die luftige Reise auf der Arbeitsbühne bis fast zur Spitze der mächtigen Leitungsportale.

Ein Umspannwerk aus der Vogelperspektive, das sieht man nicht jeden Tag. Dementsprechend lang ist die Schlange der Wartenden, die geduldig in der heißen Sonne warten. Ein Mitarbeiter des Dortmunder Übertragungsnetzbetreibers Amprion befestigt am Passagier einen Sicherheitsgurt, und schon steigt die Arbeitsbühne in die Luft. Nach einer halben Minute Fahrstuhl-Gefühl bleibt die Bühne mit einem kleinen Ruck stehen. Aus der Vogelperspektive erscheint das Wirrwarr an Kabeln und Leitungen auf der rund vier Hektar großen Anlage übersichtlicher. Wie Wäscheleinen hängen die Leitungen zwischen den graugrünen Leitungsportalen, über denen die Luft an dem Sommertag flimmert. Eine Etage tiefer reihen sich silberne Aluminiumrohre mit einem Durchmesser bis 250 Millimeter, die Bewässerungsrohren auf den Feldern gleichen. Mit dem Unterschied, dass sie kein Wasser transportieren, sondern Strom. An den Alurohren hängen schokobraune Isolatorenketten aus Keramik und knallrote Erdungsanlagen. Dazwischen strecken T-förmige Hochspannungsschalter ihre Arme aus. Im Vergleich zu den filigranen Masten und Leitungen muten die beiden Transformatoren, die das Herzstück das Anlage bilden, wie klobige Güterwagen. Sie stehen auch auf Gleisen, wiegen beide um die 400 Tonnen und wurden im März nachts mit durch zwei aufwendige Spezialtransporten vom Lambsheimer Bahnhof hergeschafft (wir berichteten). Über zehn Tonen Kühlöl beherbergt ein Transformator für die Regulierung der Temperaturen. Um den Brandschutz zu gewährleisten und bei einem Leck Verunreinigungen des Bodens zu vermeiden, stehen sie auf wassergefüllten Betonwannen, erklärt Amprion-Projektsprecherin Nancy Kluth. Merlin Eckert aus Heßheim ist soeben von seiner Fahrt auf der Arbeitsbühne zurückgekehrt. „Toll war’s“, sagt der Neunjährige begeistert. Das Thema Strom hatten sie gerade in seiner vierten Klasse im Sachunterricht, und nun kann Merlin in der Heßheimer Grundschule als Stromexperte auftreten. Seine fünfjährige Schwester Xenia lässt sich auch nach oben bugsieren, gefolgt von Papa Dietmar, der Umspannanlagen misstraut – wegen der elektrischen und magnetischen Felder. Kluth hat zwar bei ihren Führungen über das Gelände erklärt, dass die Grenzwerte strickt eingehalten werden, doch Dietmar Eckert bleibt skeptisch. Der Lambsheimer Ortsbürgermeister Herbert Knoll (CDU) teilt Eckerts Sorge nicht. Und auch von den Bürgern seiner Ortsgemeinde habe er noch nichts von Ressentiments gegenüber dem neuen Umspannwerk vor der Haustür gehört, sagt er der RHEINPFALZ. „Ich habe keine Bedenken“, erklärt er und weist auf sein Wohnhaus, dass nur einige hundert Meter westlich des Werks liegt. Die Mitarbeiter von Amprion sind erfreut, dass der Ortschef für den Tag der offenen Tür einen Bus-Shuttle vom Ortskern in die neue Anlage am Heuchelheimer Weg organisiert hat. Trotz des Badewetters haben sich einige Hundert Neugierige aus dem Umland auf den Weg gemacht, um die neue Anlage zu besichtigen. Bewirtet werden sie von den Dortmunder Gastgebern mit Kaffee, Getränken, Eis und Bratwurst. Im Oktober 2016 begannen die Arbeiten für das neuen Umspannwerk, „wir können planmäßig in vier bis sechs Wochen den ersten Trafo in Betrieb nehmen“, schätzt Kluth, deren Unternehmen bundesweit knapp 200 Umspannanlagen betreibt und mit 11.000 Kilometern über das längste Hochspannungsnetz in Deutschland verfügt. Bis dahin werden die letzten Leitungsarbeiten beendet, die Wege befestigt und die brachliegenden Böden aufbereitet sein. Dann wird es still werden im neuen Umspannwerk bei Lambsheim – die videoüberwachte Anlage soll von Stuttgart aus ferngesteuert werden.

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