Rhein-Pfalz Kreis Vom Kirchenstreit zum Ökumenevorbild

Am 19. Juni 1916 wurde in Beindersheim die Kirche Hl. Kreuz, St. Peter und St. Nikolaus geweiht. Auf den Tag 100 Jahre später, am kommenden Sonntag, feiern die Beindersheimer Katholiken das Jubiläum in einem Pontifikalamt mit Weihbischof Otto Georgens. Danach wird zum Fest rund um Kirche und Pfarrheim eingeladen. Dabei wird unter anderem daran erinnert, wie ein 200 Jahre langer Kirchenstreit sein Ende fand.

Was Pfarrer Andreas Rubel aus der Ortschronik von Paul Habermehl entnommen hat, ist äußerst interessant. Demnach hat der Bau der katholischen Kirche einen aus heutiger Sicht erschreckenden Hintergrund. Im Prinzip seit der Reformation wurde die einzige Kirche im Dorf von beiden Konfessionen genutzt, aber nicht immer friedlich. Im Laufe von gut 200 Jahren habe es immer wieder handfeste Streitigkeiten darüber gegeben, wer wann und wie oft Gottesdienste oder Beerdigungen zelebrieren durfte. „Da haben sich beide Seiten nicht geschont“, fasst Rubel die vielen Vorkommnisse zusammen, über die ökumenisch bewegte Christen heute nur den Kopf schütteln können. Ein Bürgermeister schmolz die seiner Ansicht nach katholischen Glocken ein und ließ neue mit seinem Namen gießen, und sogar die Obrigkeit musste sich mit dem „Beindersheimer Kirchenstreit“ befassen. 1889 wurde schließlich das Urteil gefällt, wonach die Protestanten ein Miteigentumsrecht an dem in Verbindung zum Wormser Andreasstift stehenden Gotteshaus bekamen. „Ab da reifte der Wunsch der Beindersheimer Katholiken, die eine Filiale der Pfarrei Heßheim bildeten, eine eigene Kirche zu haben“, berichtet Rubel. Im März 1900 wurde deshalb ein Kirchenbauverein gegründet, und elf Jahre später war das Simultaneum, das heißt die gleichberechtigte Nutzung der Beindersheimer Kirche, mit dem Segen der weltlichen Macht beendet. Im November 1914 hatte der Verein so viel Geld zusammen (zwischen 60.000 und 62.000 Mark), dass auf dem Grundstück der katholischen Konfessionsschule der erste Spatenstich für einen neubarocken Putzbau nach oberbayerischem Vorbild getan werden konnte. Andreas Rubel findet es unglaublich, was die 290 Gemeindemitglieder – 750 Menschen wohnten damals im Ort – geleistet haben. Denn schon knapp zwei Jahre später, mitten im Ersten Weltkrieg, also unter besonders schweren Umständen, konnte die Kirchweihe gefeiert werden. Gabriele Wippel, Mitglied des Verwaltungsrats, kennt die bauhistorischen Merkmale des nach Plänen des Mannheimer Architekten Wendelin Leonhardt entstandenen Gebäudes. Dazu gehören das zweiteilige Portal mit Freitreppe und skulpturiertem Sandsteinaufbau und der Glockenturm mit Marienkapelle. Die Innenausstattung des durch Gurte und Pilaster gegliederten Saalbaus umfasst unter anderem einen viersäuligen Hochaltar aus Stein mit Ölgemälden und Engelsfiguren sowie Fenster, deren Gläser die Station aus dem Leben des Heiligen Petrus abbilden. Einige Teile, beispielsweise die hölzernen Kreuzwegstationen, stammen vom Anfang des 20. Jahrhunderts, informiert Gabriele Wippel, die ebenso wie Pfarrer Rubel stolz darauf ist, wie die heute zur Pfarrei Hl. Petrus Roxheim gehörende Gemeinde das Jubiläum fast ein Jahr lang vorbereitet hat. Nahezu jeden Monat habe es eine zentrale Veranstaltung gegeben, alle Gruppen aus der Gemeinde hätten mitgewirkt. Was die Beilegung des Konfessionsstreits betrifft, sieht Andreas Rubel den Wendepunkt im Renovierungsjahr 1952, als beide Kirchengemeinden gemeinsam ihre neuen, aufeinander abgestimmten Glocken in Empfang nahmen und danach ein denkwürdiges großes Fest feierten. Was die beiden in den 60er-Jahren tätigen Dorfpfarrer auf den Weg brachten, haben die heute für Heßheim und Beindersheim zuständigen Geistlichen, Michael Baldauf und Sigrid Schramm, nach Ansicht Rubels und vieler Bürger vorbildlich ausgebaut: eine besonders geschwisterliche Art der ökumenischen Zusammenarbeit. Auch die Bewältigung des Kirchenbaus vor 100 Jahren zeige noch ihre Spuren, glaubt Rubel: „Bis heute sorgen die Ehrenamtlichen in Beindersheim sehr gut für ihre Kirche.“

x