Rhein-Pfalz Kreis Strahlende Kinder sind der Lohn
Neuhofen. Eine Stunde in der Woche für sich haben, um mal durchzuatmen – für Mütter klingt das wie ein Lottogewinn. Im Rhein-Pfalz-Kreis verhelfen Familienpaten zu diesem Glück: Rund 65 Ehrenamtliche unterstützen junge Familien im Alltag, sind Gesprächspartner oder geben Tipps. Ein Besuch bei einer Familie in Neuhofen, die seit zwei Jahren eine Familienpatin hat.
Als es an der Haustür klingelt, ist Philipp nicht mehr zu halten. Wie der Wind saust der Vierjährige von der Couch zur Tür und begrüßt Florentine Fischer überschwänglich. Seit zwei Jahren unterstützt die 56-jährige Familienpatin die Familie Bischof mit ihren drei kleinen Kindern. Etwa eineinhalb Stunden pro Woche verbringt sie Zeit mit Philipp und seinen Zwillingsschwestern Liliana und Miriam (20 Monate). Für Mama Nicole Bischof sind das eineinhalb Stunden in der Woche, in denen sie durchschnaufen, überfällige Hausarbeiten und Papierkram erledigen oder einfach mal die Füße hochlegen kann. Philipp hat gleich die Stofftasche in Beschlag genommen, die Florentine Fischer mitgebracht hat. Die schleppt er jetzt zur Couch und verteilt dort etliche Märchenbücher aus der Tasche auf der Sitzfläche. Cinderella, Hänsel und Gretel, Dornröschen, Aschenputtel – der Vierjährige kann sich gar nicht so recht entscheiden, welches Buch „seine“ Familienpatin zuerst vorlesen soll. Die Wahl fällt schließlich auf Dornröschen. Während Florentine Fischer mit Philipp auf dem Schoß Märchen vorliest, schleppen Liliana und Miriam Bilderbücher zum Couchtisch und machen ihre eigene Vorlesestunde. Eigentlich hatte sich Nicole Bischof bei der Kreisverwaltung nach einer Haushaltshilfe erkundigt, als sie mit den Zwillingen schwanger war und ihr die Hausarbeit immer schwerer fiel. Die Mitarbeiter wussten aber nur von Familienpaten. Und obwohl das nicht das war, was sie gesucht hatte, weckte ein Gespräch mit der Koordinatorin für den östlichen Rhein-Pfalz-Kreis, Constanze Eichhorn, ihr Interesse. Seitdem unterstützt Florentine Fischer die Familie. Sie ist durch eine Anzeige im Amtsblatt auf dieses Ehrenamt aufmerksam geworden. „Meistens entscheidet Philipp, was wir machen“, erzählt Fischer. Sie geht mit den Kleinen auf den Spielplatz, kocht im Garten Matsch-Suppe oder spielt Verstecken. „Als die Zwillinge noch kleiner waren, bin ich einfach stundenlang mit ihnen spazieren gegangen“, erzählt die 56-Jährige, die selbst drei Kinder hat. Philipp, Liliana und Miriam seien quasi ihre Ersatzenkel, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Fischer hat zehn Jahre lang in der Museumspädagogik gearbeitet. also Erfahrung mit Kindern – eine Grundvoraussetzung für Familienpaten. Mittlerweile hat sie eine Firma für Kindergeburtstage. Inzwischen sind die Märchenbücher durchgelesen. Jetzt will der Vierjährige eine Höhle auf seinem Bett bauen und Monster jagen. Während Liliana versucht, auf ein Schaukelpferd zu klettern, verschwindet Miriam in einer Zeltburg. So aufgedreht der Vierjährige herumtollt und Fischer ganz in Beschlag nimmt, so genügsam beschäftigen sich die Mädchen mit Bauklötzen, Autos und Bilderbüchern. Nicole Bischof nutzt die Zeit, um die Betten der Zwillinge frisch zu beziehen. Manchmal sitzt sie auch einfach nur im Kinderzimmer dabei und genießt es, dass sich die Drei auf jemand anderes konzentrieren. Oder sie geht mit auf den Spielplatz. „Alleine mit drei kleinen Kindern ist das nicht immer so einfach“, sagt sie. Ihr Mann arbeitet tagsüber. Vor allem Philipp profitiere von der Familienpatin, erzählt die 29-Jährige: „Die Zwillinge sind es gewohnt, dass sie alles teilen müssen. Philipp ist sehr fordernd. Da ist es gut, dass Florentine sich intensiv mit ihm beschäftigt. Er braucht die Aufmerksamkeit.“ Fischer kümmert sich aber nicht nur um die Kinder, sie gibt der jungen Mutter auch praktische Tipps. Etwa wie das Kinderzimmer sicher gemacht werden kann – zum Beispiel mit einer Fensterverriegelung. Vom Herumtoben ist Philipp mittlerweile ganz verschwitzt. Eineinhalb Stunden sind vorbei. Weil Fischer noch einen Termin hat, muss sie pünktlich gehen. Schon etwas k.o. winkt der Vierjährige ihr nach, bleibt an der Tür stehen, bis sie um die Ecke gebogen ist. Er fiebert schon Fischers Besuch in der nächsten Woche entgegen. Und auch die Familienpatin freut sich darauf: „Diese unglaubliche strahlende Freude ist es, die ich liebe. Man bekommt keine Bezahlung, aber eine hohe Belohnung.“