Rhein-Pfalz Kreis Spur führt nach Landau

Hans und Sophie Scholl
Hans und Sophie Scholl

Die Treppe zur Uni in Landau ist nach den Geschwistern Scholl benannt worden. Auf dem heutigen Unigelände war einst Robert Mohr inhaftiert. Er war in den 1930er-Jahren bei der Polizei in Frankenthal beschäftigt, wechselte 1938 zur Gestapo nach München und war jener Beamte, der Sophie Scholl vor ihrer Hinrichtung verhört hatte.

Die Benennung der großen Treppe zum Unigelände nach den Geschwistern Scholl war eine gute Entscheidung. Das sagt der frühere Landauer Stadtarchivar Michael Martin. Der Historiker betont, dass es einen Zusammenhang gibt, der den meisten nicht bewusst sein dürfte: Unmittelbar nach dem Krieg gab es ein französisches Internierungslager im Fort, dort wo sich heute die Uni befindet. Nachzulesen ist dies im Buch „Landau und der Nationalsozialismus“. In diesem Lager war Robert Mohr inhaftiert, der Kinofans aus dem Film „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ von 2005 bekannt sein könnte. Robert Mohr war jener Gestapo-Beamte, der die Studentin verhörte, nachdem sie und ihr Bruder am 18. Februar 1943 von einem Hausmeister der Uni München dabei gefasst worden waren, wie sie Flugblätter gegen das NS-Regime ins Treppenhaus warfen. Die Geschwister Scholl und ihr Mitstreiter Christoph Probst, von dem der Entwurf für das siebte und letzte Flugblatt der Weißen Rose stammte, wurden am 22. Februar 1943 in München hingerichtet. Robert Mohr, 1897 in Rockenhausen geboren, stammte aus Bisterschied im Donnersbergkreis. Laut Wikipedia trat er nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, in dem er Soldat im Kaukasus war, 1919 in die bayerische Gendarmerie ein, arbeitete in den 1930er-Jahren bei der Polizei in Frankenthal und war ab 1938 bei der Gestapo in München. Er verhörte vom 18. bis 20. Februar 1943 Sophie Scholl. Mohr wurde wenig später Leiter der Gestapo in Mühlhausen im Elsass und bei Kriegsende in dieser Funktion von den Franzosen verhaftet und in Landau interniert. Von 1950 bis 1952 jedoch arbeitete er nach früheren RHEINPFALZ-Recherchen für die Kurverwaltung Bad Dürkheim („Magenkrank, aber fleißig im Dienst der Nazis“, Ausgabe vom 9. März 2005). Stadtarchivar Martin geht der Frage nach, ob sich der Vater von Hans und Sophie Scholl, Robert Scholl, der nach dem Krieg Oberbürgermeister von Ulm war, für die Entlassung Mohrs aus der Landauer Internierung eingesetzt hat. Erst vor wenigen Tagen hat Martin im Landesarchiv in Speyer die Entnazifizierungsakte von Robert Mohr eingesehen. Dort finde sich kein Hinweis auf Robert Scholl. Jetzt will Martin dieser Frage in Pariser Archiven weiter nachgehen. Robert Scholl hatte Robert Mohr gebeten, seine Begegnung mit Sophie Scholl niederzuschreiben. Aus Dankbarkeit soll er Mohr angeboten haben, ihm eine Stelle bei einem befreundeten Notar in Ulm zu besorgen. Das geht es aus einem „Spiegel“-Interview vom August 2005 mit Mohrs Sohn Willy hervor, der in Pirmasens lebte. Mohr senior hatte für sich in Anspruch genommen, dass er Sophie Scholl vor dem Schafott retten wollte. Er will ihr eine „goldene Brücke“ gebaut haben, indem er sie zu der Aussage gedrängt habe, dass sie unpolitisch gewesen, aber von ihrem Bruder Hans beeinflusst worden sei. Willy Mohr hatte dem „Spiegel“ gesagt, dass er aus Notizen seines Vaters wisse, dass dieser sehr enttäuscht darüber gewesen sei, dass Sophie Scholl sein Angebot ausgeschlagen habe. Gestapomann Mohr soll auch Robert Scholl kurz nach der Hinrichtung von dessen Kindern verhört haben. Dabei soll er nicht zu Protokoll genommen haben, dass auch Robert Scholl dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstand. Willy Mohr hatte dem „Spiegel“ gesagt: „Das hat Robert Scholl vermutlich vor dem KZ bewahrt.“ Scholl war damals bereits zweimal zu Gefängnisstrafen verurteilt worden wegen kritischer Äußerungen zu Hitler und dem Hören „feindlicher“ Radiosender. In Mohrs Entnazifizierungsakte in Speyer findet sich laut Martin ein Hinweis darauf, dass Robert Mohr sich für die Entlassung von Angelika Probst eingesetzt habe, der Schwester von Christoph Probst, die von den Nazis in Sippenhaft genommen worden war. Laut Martin hat Angelika Probst Robert Mohr einen „Persilschein“ ausgestellt – ihm also bestätigt, nicht erheblich durch den Nationalsozialismus belastet gewesen zu sein. Eine Schilderung von Mohrs Verhör Sophie Scholls findet sich unter dem Titel „Sie erkannte sofort, worauf ich hinauswollte – Bericht von Robert Mohr, Kriminalobersekretär bei der Gestapo“ im Internet unter www.mythoselser.de/texts/scholl-mohr.htm. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Essays und Reportagen über den Widerstand. Robert Mohr starb 1977 in Ludwigshafen. Er hatte sich nie für seine Gestapo-Tätigkeit vor Gericht verantworten müssen.

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