Rhein-Pfalz Kreis Sogenannter AGG-Hopper schädigt Firmen

91-96075319.jpg

Nicht nur Jobsucher schauen sich Stellenanzeigen genau an. Auch „AGG-Hopper“, das sind Leute, die auf Entschädigung aus sind, sich auf Stellen bewerben, die nicht zu ihnen passen. Ein Südpfälzer hat auf diese Weise Firmen aufs Korn genommen.

„Wenn Sie finanzielle Nöte haben, studieren Sie die Stellenanzeigen und bewerben Sie sich auf Stellen, die den Anschein einer Diskriminierung wecken.“ Das habe sein Professor im Jura-Studium scherzhaft geraten, sagt der Landauer Arbeitsrechtler Michael Heintz. Stellenanzeigen seien eine interessante Lektüre für viele Menschen. Auch für Leute, die sich gezielt falsch formulierte Inserate herauspicken, sich darauf nur bewerben, um einen Grund für eine Klage zu haben. Heintz, Fachanwalt für Arbeitsrecht, vertritt für die Landauer Kanzlei Wissing auch Firmen gegen vermeintliche Arbeitssuchende. Jürgen Schmitt (Name geändert) ist so einer. Der Südpfälzer ist ein „AGG-Hopper“ oder Scheinbewerber. Das sind Menschen, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) missbrauchen. Dieses ist 2006 in Kraft getreten, um „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ zu verhindern oder zu beseitigen, heißt es in Paragraf 1. Firmen müssen also geschlechterneutrale Stellenanzeigen aufgeben. So ist Ralf Recktenwald ins Visier Schmitts geraten. Der Unternehmer hat eine „Bürokauffrau“ gesucht. Schmitt bewarb sich und kassierte eine Absage. Daraufhin rief er bei der Firma an und verwies auf den Rechtsbruch. „Er hat uns einen Vergleich angeboten: 7500 Euro.“ Schmitt sei vorbereitet gewesen, „es schien, als mache er das täglich“, erinnert sich Recktenwald. Er lehnte den Vergleich ab, Schmitt verklagte ihn. Der Unternehmer sagt, er habe Schmitt nicht aussortiert, weil dieser ein Mann sei. In die engere Auswahl seien drei Männer und sieben Frauen gekommen. Er habe sich für eine Frau entschieden. Schmitt sei nicht genommen worden, weil er keine Erfahrung in der Buchhaltung habe. „Er erschien nicht geeignet für den Job.“ Eine Einschätzung, die der Richter bestätigt habe. Geeinigt haben sich die Parteien bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht auf einen Vergleich in Höhe von 1250 Euro. Recktenwald ist immer noch wütend. „So einer sucht Fehler und macht daraus ein Gewerbe.“ Im Sommer 2016 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung zum „AGG-Hopping“ gefällt. Ist ein Bewerber nur auf Entschädigung aus, kann dies als Rechtsmissbrauch gewertet werden. Den muss der Arbeitgeber nachweisen. Falls das gelingt, steht dem Bewerber keine Entschädigung zu. Ein anderer Mandant von Heintz hat einen Prozess ausgefochten und war erfolgreich. Das Landauer Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. „Ausbildung zur/zum Industriekauffrau“ hieß es in der Anzeige. Das reiche aus, um beide Geschlechter anzusprechen, heißt es im Urteil. Seit April 2016 sind sechs Klagen Schmitts allein am Arbeitsgericht Landau verhandelt worden. Eine weitere wird beim Landesarbeitsgericht in Mainz verhandelt. Viermal hat er in den vergangenen beiden Jahren vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe geklagt. Heintz hält die Absicht des AGG für richtig – „wenn sich jemand ernsthaft bewirbt“. Auch der im Gesetz verankerte Anspruch auf Schadenersatz sei der richtige Weg. Eine erzwungene Einstellung könne in der Probezeit leicht wieder gekündigt werden. Aber: „AGG-Hopper nutzen das Gesetz zu kommerziellen Zwecken aus.“ Gerade für Mittelständler oder Kleinbetriebe seien Menschen wie Schmitt ein Problem. „Denen tun 5000 Euro Entschädigung richtig weh.“ Von Klagen könnten auch Privatpersonen betroffen sein, wenn sie eine „Putzfrau“ suchten, sagt Heintz. Die RHEINPFALZ hatte Kontakt zu fünf weiteren Firmen in der Südpfalz, die Schmitt kennengelernt haben. Sie beschreiben einen Querulanten. Die RHEINPFALZ hat Jürgen Schmitt um ein Gespräch gebeten. Seine Reaktion: Er droht mit Anzeige.

x