Rhein-Pfalz Kreis Rote Karte für Probebohrungen

91-75227202.jpg

OTTERSTADT. André Nieser von der Interessengemeinschaft gegen Erdölbohrungen und Erdölförderung blitzte gleich zu Beginn der Versammlung bei Thomas Dreher vom Landesamt für Geologie und Bergbau ab, als er ihm eine Liste mit mehr als 1200 Unterschriften gegen eine Probebohrung auf Otterstadter Gebiet überreichen wollte. Der Geologiedirektor, der zugleich Vertreter der Genehmigungsbehörde ist, lehnte die Annahme ab: „Ich nehme Ihre Stimmung wahr und sehr ernst. Aber ich muss Sachentscheidungen treffen und keine Meinung abbilden.“ Das Publikum reagierte mit Empörung – nicht das letzte Mal an diesem Abend. Dreher und die Vertreter des Bohrkonsortiums Stefan Brieske (Abteilungsleiter bei GDF Suez) und Jürgen Siewerth (Prokurist von Palatina GeoCon) waren gekommen, um sich den Fragen der Bürger zu stellen, doch deren Interesse galt eher dem Waldseer Verbandsbürgermeister Otto Reiland (CDU) und Otterstadts Bürgermeister Bernd Zimmermann (CDU). Die Erdölgegner kritisierten die beiden heftig und wollten in der vierstündigen Versammlung immer wieder wissen, warum sich die Gemeinderäte nicht an eine Stellungnahme von 2013 halten, in der sie sich gegen die Bohrungen ausgesprochen hatten – auch für die Zukunft. Ganz konkret heißt es darin: „Gleichzeitig weisen wir schon heute darauf hin, dass wir uns auch in eventuellen weiteren Genehmigungsverfahren für eine Erdölbohrung nördlich von Otterstadt massiv dagegen aussprechen werden.“ Aus Sicht der Interessengemeinschaft (IG) müssten die Kommunalpolitiker alle juristischen Möglichkeiten gegen das Vorhaben ausschöpfen. Stattdessen hätten sie sich mit Vertretern des Konsortiums zusammengesetzt und einen Kompromiss ausgehandelt: den Entwurf einer Absichtserklärung. Wie berichtet, ist in dieser Erklärung – über die der Otterstadter Rat demnächst abstimmen wird – unter anderem notiert, welche Schutzmaßnahmen das Konsortium ergreifen soll und wie es im Fall von Schäden vorgehen will. Uta Redetzky von der IG fasste ihre Kritik so zusammen: „Ich habe Probleme mit dem Ortsgemeinderat. Gilt der Beschluss oder nicht? Mir kommt es vor, Sie haben Absprachen mit dem Konsortium.“ Wenn man gegen etwas sei, versuche man, mit allen Mitteln dagegen vorzugehen. Erst wenn das nicht klappe, könne man Kompromisse suchen, sagte sie. Erst nach zwei Stunden erklärte Reiland den Hintergrund des von vielen angeprangerten Sinneswandels der Gemeinderäte: Die Stellungnahme vom Oktober 2013 habe innerhalb von zwei Monaten abgegeben werden müssen. „Da war keine Zeit, um sich umfassend mit dem Projekt auseinanderzusetzen.“ Sie hätten damals schon mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau reden müssen, denn die Gemeinde hatte mit einem solchen Verfahren keine Erfahrung: „Damals hat uns der Standort nicht gefallen, doch die Struktur- und Genehmigungsdirektion kommt zu dem Ergebnis, dass es zulässig ist.“ Der Gemeinderat habe sich juristisch beraten und vom Bergamt informieren lassen. „Das gehört zu einer seriösen Ratspolitik dazu, dass man sich Experten holt“, sagte Reiland. Der Rat habe die Auskunft bekommen, dass das Vorhaben vom geologischen Standpunkt her keine Beeinträchtigung mit sich bringe. „Dann schaut man eben, ob man Zugeständnisse herausholen kann. Diesen Entscheidungsprozess muss man einem Gemeinderat zugestehen“, sagte Reiland. Außerdem sei noch nichts entschieden. Die Räte beschließen erst in ihren Dezember-Sitzungen, ob geklagt werden soll oder nicht. Hintergrund: Es gibt mehrere Stellen im Genehmigungsverfahren, an denen die Gemeinde klagen könnte. Vor zwei Jahren hat sie sich gegen die Änderung des Betriebsplans ausgesprochen. Über dieses Verfahren entscheidet das Bergamt. Es ruht allerdings momentan. Und zwar deshalb, weil die Struktur- und Genehmigungsdirektion erst über das Zielabweichungsverfahren entscheiden musste – also die Umwandlung von Ackerland in Industriegebiet. „Das Vorhaben kann ohne Einvernehmen der Gemeinde genehmigt werden“, erklärte Dreher. So wurde es auch gemacht. Anders wäre es nur gewesen, wenn die Gemeinde eine andere Verwendung für dieses Gelände vorgesehen hätte. Das sei nicht der Fall. Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Gemeinde also nur dagegen klagen, dass sie keine Stellungnahme im Zielabweichungsprozess abgeben durfte und somit nicht eingebunden wurde. Sowohl Verbandsbürgermeister Reiland als auch Ortsbürgermeister Zimmermann äußerten sich wenig zuversichtlich, dass eine solche Klage Erfolg hätte. Man könne nur eine aufschiebende Wirkung erwarten, keine Verhinderung der Probebohrung. Reiland wies die Ansicht der Interessengemeinschaft, eine Klage der Gemeinde hätte mehr Gewicht, zurück: „Vor Gericht ist jeder gleich.“

x