Rhein-Pfalz Kreis Rätselraten seit vier Monaten

«Hessheim.» Am frühen Morgen des 21. August brechen zwei Süd-Müll-Mitarbeiter in Heßheim zusammen, nachdem sie mit einem Kanister hantiert haben, der relativ unproblematische Säureabfälle aus einem Labor des Evonik-Werks Worms enthalten sollte. Ein Mann erstickt innerlich am Unfallort, der andere wenige Tage später im Krankenhaus. Was genau die beiden vergiftet hat, ist der Öffentlichkeit bis heute nicht bekannt. Die in Windeseile erschienene Feuerwehr des Rhein-Pfalz-Kreises misst Blausäure und Schwefelwasserstoff in der unmittelbaren Umgebung. Das Ergebnis der Analyse von Proben aus allen infrage kommenden Behältern hat die ermittelnde Staatsanwaltschaft Frankenthal aber bis heute nicht mitgeteilt – falls es überhaupt ein Ergebnis gibt. An der Frage nach dem Giftstoff scheint fast alles zu hängen. Woher kamen diese Substanzen? Das Unternehmen Evonik sagt, Schwefelwasserstoff überhaupt nicht und Blausäure nur in einem geschlossenen Kreislauf einer ganz anderen Abteilung zu benutzen. Die Firma Süd-Müll sagt: Die besagten Stoffe würden in ihrem Umschlaglager für Sondermüll gar nicht angenommen, und der Transportweg zwischen Worms und Heßheim sei lückenlos nachzuprüfen. Je länger das Rätsel ungelöst bleibt, desto ärgerlicher werden die Menschen, die in der Nähe der aktiven Heßheimer und der stillgelegten Gerolsheimer Deponie leben. Ihr Misstrauen richtet sich nicht nur gegen die Betreiber des Sondermülllagers, auf dem in den vergangenen Jahren immer mal wieder Feuerwehreinsätze nötig waren. Die Bürger sind auch wütend auf die Behörden. Dass der leitende Oberstaatsanwalt keine Zwischenergebnisse der Ermittler preisgibt, mögen sie ja noch verstehen. Aber dass die Gewerbeaufsicht, die Genehmigungsdirektion und das Landesumweltamt ihnen nicht Rede und Antwort stehen und das Zwischenlager schon kurz nach dem Störfall wieder in Betrieb ist, können viele nicht nachvollziehen. Das Unglück ruft die Schutzgemeinschaft gegen Mülldeponie (SGM) auf den Plan, die vor Jahrzehnten erfolgreich heftigen Widerstand gegen Giftmüll in Gerolsheim geleistet hat und seitdem immer mindestens ein wachsames Auge auf die Süd-Müll-Aktivitäten gehabt hat. SGM-Mitglieder treten mit ihrer Forderung, das Sonderabfalllager sofort zu schließen, mehrmals im Fernsehen und in zwei Infoveranstaltungen auf. Zur zweiten Anfang Dezember kommen nun auch Vertreter der Landesbehörden. Ermittlungsergebnisse können sie wie erwartet nicht präsentieren. Stattdessen versuchen sie, ihre Arbeit und die Anlagen auf der Deponie zu erläutern sowie darzulegen, warum der Sonderabfallbetrieb aus rechtlicher Sicht nicht einfach stillgelegt werden kann. Das gefällt vielen Zuhörern im Bürgerhaus gar nicht, und so wird erhitzt gefragt, kommentiert und protestiert – ohne, dass sich danach irgendetwas geändert hätte.