Rhein-Pfalz Kreis Nachts aus den Häusern verschleppt

Im Oktober 1940 wurden die vierköpfige Familie Lang und Erwin Salmon nachts von den Nazis aus ihren Häusern in Lambsheim in das Internierungslager Gurs verschleppt. Mit fünf Stolpersteinen vor den Nummern 48 und 74 der Hauptstraße wird nun seit Mittwoch an das Schicksal der Juden erinnert.

Der Künstler Gunter Demnig nutzt das Verlegen der Stolpersteine stets, um mit Unterstützung von Menschen aus dem Ort Informationen über die einstigen jüdischen Mitbürger zusammenzutragen. Die fünf durch Spenden finanzierten, mit Messing beschlagenen Quader, auf denen Namen und Schicksale eingraviert sind, sollen ein Mahnmal gegen die Gräueltaten der Nazis sein (wir berichteten). Schweigend, fast schon meditativ, verlegte Demnig am Mittwoch die Steine am letzten freiwillig gewählten Wohnsitz der Lambsheimer NS-Opfer. Etwa 60 Bürger waren zu der von Zehntklässlern der Justus-von-Liebig-Realschule gestalteten Zeremonie gekommen und legten Rosen für die getöteten Juden nieder. „Die Steine sollen daran erinnern, wachsam zu bleiben“, sagte Bürgermeister Herbert Knoll (CDU) in seiner Eröffnungsrede. Einige der älteren Bewohner Lambsheims hätten vielleicht noch Erinnerungen an die getöteten Juden, den jungen fehle oft der Bezug. Deswegen sei die „Sichtbarmachung“ durch die eingravierten Schicksale so wichtig, ergänzte Landrat Clemens Körner (CDU). Acht Schüler trugen im Wechsel geschichtliche Fakten über die Juden in der Pfalz und die Situation in Lambsheim vor. Dort hätten bereits im frühen Mittelalter Juden gelebt. Schon damals seien sie verfolgt und ihrer Rechte beraubt worden. Im Laufe der Geschichte hätten sie mal mehr, mal weniger Freiheiten eingeräumt bekommen, bis sich ihre Situation mit der Weltwirtschaftskrise drastisch verschlechtert habe. Hitler habe die Juden für die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands verantwortlich gemacht, sie ihrer Bürgerrechte beraubt und systematisch ermordet. In der Nacht zum 22. Oktober 1940 wurden die fünf Lambsheimer von den Nazis in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich verschleppt. David, Elisabeth und Gertrud Lang kamen anschließend nach Auschwitz, wo sie mit großer Wahrscheinlichkeit ermordet wurden. Albert Lang starb am 18. April 1941 im Lager Rivesaltes, und Erwin Salmon ist im Lager Gurs „verschollen“. An die Verfolgung der Juden erinnerten auch zwei Lieder, die die Schüler Franziska Straßer, Anais Rother, Nico Schulz und Daniel Barth zum Abschluss in jiddischer Sprache vortrugen. Das eine, „Dona Dona“, ist ein bekanntes und in viele Sprachen übersetztes Stück, in dem ein Kalb, das zur Schlachtbank geführt wird, sinnbildlich für die Juden im Dritten Reich steht. Das andere, „Dem Milners Trern“ (Des Müllers Tränen), entstand im 19. Jahrhundert. Es handelt vom Leiden unter der Heimatlosigkeit. Wer näher am Schicksal der Juden in Lambsheim interessiert ist, kann sich derzeit im Archiv der Gemeinde Lambsheim anhand einer Dokumentation darüber informieren. Dort liegt auch eine bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Chronik der Familie Lang aus. Das Projekt „Stolpersteine“ des Kölners Gunter Demnig gilt als das größte, auf viele verschiedene Orte verteilte Mahnmal der Welt. Lambsheim hatte sich schon 2010 mit dem gefragten Künstler in Verbindung gesetzt. (bvo)

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