Rhein-Pfalz Kreis Mühlendorf macht sich fit für die Zukunft

Für viele ist es der wichtigste Tag im Leben: jener Tag, an dem man seinem Partner die ewige Treue schwört. „Ja, ich will!“ Dieser Satz fällt in Großkarlbach häufig. Seit 2009 kann man sich dort nämlich in historischem Ambiente trauen lassen: in der Dorfmühle, die in der malerischen Kändelgasse liegt. Über 300 Trauungen gingen dort bereits über die Bühne. Dieses Jahr sollen es mindestens 70 sein. In der über 400 Jahre alten Dorfmühle am Eckbach gibt es jedoch nicht nur eine Außenstelle des Standesamts der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land, sondern auch das Mühlenmuseum Leiningerland. Neben historischen Ausstellungsstücken wie beispielsweise einer Sackausklopfmaschine gibt es ein Mühlrad, das zu Demonstrationszwecken eingebaut wurde. Darüber hinaus existieren in der Dorfmühle Räume für den Bürgermeister, für die Jugend und Senioren. Nicht nur viele der rund 1130 Großkarlbacher halten sich gerne im historischen Ortskern auf, sondern auch viele Touristen. Nach Angaben von Bürgermeister Ralf-Peter Riegel (SPD) übernachten im Jahr durchschnittlich 15.000 Gäste in der Gemeinde. Sie schlafen in Ferienwohnungen, Hotels oder Pensionen. Die gibt es in der Fremdenverkehrsgemeinde an fast jeder Ecke. Zu den großen Projekten der vergangenen fünf Jahre zählt unter anderem der Ausbau der Kindertagesstätte Grashüpfer in Laumersheim, die auch von Kindern aus Großkarlbach besucht wird. Insgesamt 198.000 Euro mussten von Land, Kreis und den beiden Ortsgemeinden geschultert werden. Das war 2010. Mittlerweile gibt es rund 80 kleine Besucher – zu viele. Deswegen muss der Bewegungskindergarten wieder ausgebaut werden. Ein weiterer Gruppenraum mit etwa 70 Quadratmetern wird benötigt. Und die Heizung ist auch nicht mehr so, wie sie sein sollte. Kosten: 400.000 Euro. Großkarlbachs Bürgermeister rechnet damit, dass der Ausbau Ende des Jahres fertig sein wird. Schnelles Internet wurde im vergangenen Herbst eingeführt. Gemeindestraßen wurden saniert, die Marktbergstraße, der Kohlweg sowie der Obere und Untere Wiesenrech. Die Landesstraße 520 nach Gerolsheim wurde von Grund auf saniert und um einen Fuß- sowie Radweg ergänzt. Auch die Wege nach Bissersheim und Laumersheim wurden für Fußgänger und Radfahrer ausgebaut. Darüber hinaus wurden sämtliche Straßenlampen auf Natriumdampf umgerüstet. Es ist viel passiert. Neben dem Ausbau der Kita zählt der Bau des Fußwegs mit Straßenbeleuchtung in der Bissersheimer Straße zu jenen Projekten, die anstehen. Der 1,50 Meter breite Gehweg, der zwischen dem Kohlweg und der Hauptstraße errichtet und noch dieses Jahr fertig werden soll, kostet rund 170.000 Euro. 86.000 Euro gibt’s vom Land. Darüber hinaus soll das Sanierungsgebiet in der Dorfmitte weiterentwickelt werden. Leerstände gibt es nach Angaben von Bürgermeister Riegel kaum. Die Bauplätze in den Weiherwiesen seien alle vergeben. Wer ein Häuschen in Großkarlbach bauen möchte, muss sich noch gedulden. Laut Riegel wird derzeit erst einmal geprüft, welche Flächen geeignet sind. 2,5 Hektar stünden der Gemeinde laut dem Flächennutzungsplan noch zur Verfügung. „Wir wollen damit aber behutsam umgehen.“ In dem Mühlendorf am Eckbach gibt es fünf Restaurants, ein Kaffeehaus, einen Trödelmarkt, eine Lotto-Annahmestelle, eine Metzgerei und einen Bäckerladen. In Letzterem wurde Anfang des Monats ein Paketshop eingerichtet. Die Zeiten, in denen Bürger mit Paketen extra nach Dirmstein oder Kirchheim fahren mussten, sind demnach vorbei. Darüber hinaus gibt es unter anderem eine Schneiderei, einen Friseur, einen Zahnarzt, Fußpflege, zwei Architekturbüros, eine psychotherapeutische Praxis, eine Baufirma, ein Versicherungsbüro und einen Malerbetrieb. Und natürlich darf man den Weinbau nicht vergessen, den wichtigsten Landwirtschaftszweig. „Edelweinort“ – so bezeichnet sich die Gemeinde auf ihrer Internetseite. Jedes Jahr im Juli wird vom Vereinsring das dreitägige Kändelgassenfest ausgerichtet, das auch außerhalb der Pfalz bekannt und beliebt ist. Allerdings beteiligen sich nur noch wenige Vereine an Ausschank und Programm. Im selben Monat gibt es die Lange Nacht des Jazz – womit Großkarlbach vermutlich der weltweit kleinste Ort mit einem eigenen Jazzfestival ist. Ein weiterer Höhepunkt im jährlichen Veranstaltungskalender ist der Weihnachtsmarkt in der und um die Dorfmühle herum. Für ältere Großkarlbacher wird alle zwei Wochen ein Seniorentreffen angeboten. Junge Leute treffen sich entweder jeden Freitag im Jugendraum oder auf dem Bolzplatz. Wer möchte, kann sich beispielsweise auch bei den Pfadfindern, den Landfrauen, im Mühlenförderverein, Ski- oder Motor- und Touristikclub oder im größten Verein, dem Turn- und Sportverein, engagieren. Dass das Vereinsleben und der Zusammenhalt im Ort gut funktionieren, das wurde gerade bei der „Bürger-Weltmeisterschaft“ des Radiosenders RPR 1 unter Beweis gestellt. Großkarlbach musste vom 7. bis 9. Mai in skurrilen Wettkämpfen gegen zwei andere rheinland-pfälzische Orte antreten. Viele Bürger machten mit: Kleine und große Großkarlbacher trällerten barfuß den Song „Mief“ der Nonsens-Musikgruppe Die Doofen, posierten als Models in High Heels im Regen und machten in Fußball-Fan-Outfits so richtig Stimmung. Am Ende wurde der Zusammenhalt jedoch nicht mit einer Public-Viewing-Party belohnt – die Gemeinde machte nur den zweiten Platz.

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