Speyerer Umland Jugendliche pflegen Feuerwehr-Ritual auch in der Corona-Krise

Kreisfeuerwehrtag im vergangenen Jahr in Dudenhofen: Bei solchen Aktionstagen können sich die Feuerwehren präsentieren und neue
Kreisfeuerwehrtag im vergangenen Jahr in Dudenhofen: Bei solchen Aktionstagen können sich die Feuerwehren präsentieren und neue Mitglieder gewinnen. Der diesjährige Kreisfeuerwehrtag war für das erste Mai-Wochenende geplant, er musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Jugendliche sind als Nachwuchs für die Freiwillige Feuerwehr von großer Bedeutung. Deshalb gibt es in vielen Gemeinden eigene Jugendfeuerwehren. Diese dürfen sich derzeit aber nicht treffen. In einem Ort im Speyerer Umland finden die Übungsabende deshalb im Internet statt. Das ist zwar eine Herausforderung, aber gleichzeitig auch eine Möglichkeit, einer Gefahr entgegenzuwirken.

„Die Einstellung des Übungs- und Ausbildungsbetriebs birgt insbesondere bei neuen Mitgliedern, die noch nicht mit Herzblut dabei sind beziehungsweise in der Feuerwehrfamilie Fuß gefasst haben, die Gefahr der Entwöhnung und damit den Verlust von Mitgliedern“, sagt Michael Jaspers, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Rheinauen. Diese Befürchtung betreffe nicht nur die Aktiven, sondern auch den für die Feuerwehr wichtigen Nachwuchs. In der Verbandsgemeinde Rheinauen gibt es drei Jugendwehren mit insgesamt rund 25 Mitgliedern.

Hoher Zeitaufwand

In Neuhofen trifft sich der Jugendwart Matthias Kottwitz seit fünf Wochen mit den sechs Jugendlichen zwischen elf und 15 Jahren einmal in der Woche über die Videokonferenzplattform „Zoom“ zum digitalen Übungsabend. Vor der Corona-Pandemie lernten sie immer donnerstags für etwa zwei Stunden im Gerätehaus in theoretischen und praktischen Phasen alles rund ums Retten, Löschen, Bergen und Schützen. Außer dem fachlichen Wissen, das den Kindern vermittelt wird, kommen bei solchen Übungsabenden auch der Spaß und die Gemeinschaft nicht zu kurz. Der Jugendwart erzählt von Übungen mit Schaum, der mithilfe von Spülmittel erzeugt wurde, und vom abschließenden Zusammensitzen mit „Braumeisters Limonade“.

Während der Übungseinheiten im Internet vermittelt Kottwitz den Jugendlichen das Feuerwehr-Wissen etwa mithilfe eines Memory-Spiels, das er in 16 Stunden Arbeit mit dem Computer-Programm „Powerpoint“ entworfen habe. Auf einer Karte werde zum Beispiel ein Spreizer erklärt. Die Jugendlichen müssten die passende Karte finden, auf der erläutert ist, dass ein solches Gerät eingesetzt wird, um Türen und Fahrzeuge zu öffnen, sagt der Jugendwart. Zuletzt hat der Feuerwehrnachwuchs einen Flaschenzug gebaut – unter anderem aus Klopapierrollen, weil Klopapier in der Krise ein großes Thema ist, sagt Kottwitz und lacht. Bei der Vorbereitung der Online-Übungen bekommt er Unterstützung von seinem Kameraden Matthias van Thiel. Das Ritual bei der Feuerwehr, am Ende einer Einheit noch zusammenzusitzen und zu erzählen, wird auch während der Corona-Pandemie von den Jugendlichen gepflegt – nur eben vor dem Computerbildschirm und über das Internet.

Nicht immer alle dabei

Die Herausforderungen bei dieser Form des Übungsbetriebs seien, die Themen zu finden, sie interessant zu vermitteln und die Kinder bei Laune zu halten, sagt Kottwitz. Der 52-Jährige hat die Jugendfeuerwehr in Neuhofen vor 20 Jahren mit gegründet und ist nach einer zwischenzeitlichen Pause nun seit zwei Jahren wieder als Jugendwart aktiv. Informationen und Anregungen für Themen und deren Umsetzung findet er im Internet.

Der Jugendwart gibt zu, dass der Online-Übungsbetrieb ein Wunsch eines Jugendfeuerwehrmitglieds gewesen sei. Er hofft, dass er den Nachwuchs bei der Stange halten kann. Von den sechs Jugendlichen hätten ab und an auch mal ein paar gefehlt, sagt Kottwitz und nennt Krankheit und technische Probleme als Gründe. „Im Moment habe ich keine Angst, dass wir Kinder verlieren“, sagt der Jugendwart. Gleichzeitig macht er aber deutlich, dass zurzeit nicht abzusehen sei, wie lange die Pandemie noch dauern werde und wann sich die Jugendfeuerwehr wieder treffen darf.

Keine Werbung vor Ort

Schwerer wiegt für den Jugendwart, dass Veranstaltungen wie der „Tag der Feuerwehr“ in Neuhofen abgesagt wurden und er nicht, wie geplant, beim Schulfest in der örtlichen Grundschule um neue Mitglieder werben kann. Der Termin in der Schule sei wichtig gewesen, weil es dort am ehesten möglich sei, mehrere Kinder für die Jugendfeuerwehr zu begeistern, sagt Kottwitz. Selbst wenn der Unterricht nun langsam wieder aufgenommen wird, ist es dem Jugendwart auch nicht mit Abstand möglich, in der Schule vorbeizuschauen. Feuerwehrleuten wird zurzeit empfohlen, so wenige Kontakt mit anderen Menschen wie möglich zu haben, um die Einsatzbereitschaft der Wehr nicht zu gefährden.

Damit ein Corona-Infizierter die Feuerwehr nicht außer Gefecht setzt, gilt, dass im Fall eines Einsatzes nur so viele Wehrleute ausrücken wie notwendig. Nach Angaben von Wehrleiter Michael Jaspers wiegt es für die erfahrenen Kameraden nicht so schwer, dass auch deren regelmäßiger Übungsbetrieb ausgesetzt ist, weil vieles antrainiert sei und die Handgriffe säßen. Es sei schwer einzuschätzen, wie viele Jugendliche und zuletzt in den aktiven Dienst übergetretene Kameraden den Anschluss an die Wehr verlieren. „Das sehen wir erst, wenn es wieder losgeht“, sagt Jaspers.

Land: „Mitgliederverlust wäre bedauerlich“

Die Jugendfeuerwehr in Neuhofen ist im Speyerer Umland die einzige der sieben Jugendwehren, die den Übungsbetrieb über das Videokonferenzportal „Zoom“ aufrechterhält. Das ergab eine Umfrage unter den Wehrleitern der Verbandsgemeinden Rheinauen, Römerberg-Dudenhofen und Lingenfeld. Die Jugendwarte hielten mit den Jugendlichen aber Kontakt über den Nachrichtendienst „Whatsapp“. Für die aktiven Wehrleute aus Westheim, Schwegenheim und Lustadt gibt es laut Wehrleiter Steffen Andres virtuelle Übungsabende über das genannte Videokonferenzportal. Thema sei zuletzt – aufgrund der Trockenheit – das Vorgehen bei einem Waldbrand gewesen.

Das rheinland-pfälzische Innenministerium und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) teilten mit, dass die allgemeinen Lockerungen auch Anlass seien, um die Orientierungshilfen für die Kommunen bezüglich der Feuerwehr immer wieder auf Aktualität zu prüfen. Im Vordergrund stehe aber die Prämisse, dass die Einsatzfähigkeit der Wehr nicht gefährdet werden dürfe. Seit Kurzem seien zwingend erforderliche Übungen unter strengsten Voraussetzungen wieder möglich. „Ein Verlust von Mitgliedern wäre sehr bedauerlich“, so die Behörden. Ihnen gibt das bisherige Verhalten der Bevölkerung in der Krise Hoffnung, dass sich Austritte auf Einzelfälle beschränken.

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