Rhein-Pfalz Kreis Groko lobt sich selbst

Zur letzten Sitzung des Jahres kam der Kreistag am Montag ausnahmsweise in Limburgerhof zusammen.
Zur letzten Sitzung des Jahres kam der Kreistag am Montag ausnahmsweise in Limburgerhof zusammen.

Jürgen Creutzmann (FDP) hat eine Vorahnung. „Die Kommunalwahl kann ausfallen“, sagt er am Montagnachmittag im Limburgerhofer Kultursaal zu Beginn seiner Haushaltsrede. „Denn CDU und SPD lieben sich so sehr, es wird weitergehen wie bisher.“ Tatsächlich wird die letzte Sitzung des Kreistags im Jahr, in der es traditionell um die Finanzen des Folgejahres im Rhein-Pfalz-Kreis geht, zum Schaulaufen der großen Koalition. „Es ist uns gelungen, eine Groko zusammenzuführen, die Vorbild sein könnte für andere Grokos in diesem Land“, sagt CDU-Fraktionschef Peter Christ (CDU) – und sein SPD-Kollege Hans-Dieter Schneider stimmt in die Lobeshymne mit ein. Es sei festzustellen, dass „die Koalition aus CDU und SPD im Kreis auf Basis dauerhaft vertrauensvoller Zusammenarbeit auf Augenhöhe hervorragend zum Wohle der Kreisbevölkerung funktioniert hat“, sagt er. Da wird der Kreishaushalt beinahe zur Nebensache, zumal auch die Opposition fast nur positive Worte für das Zahlenwerk findet. „Dem Rhein-Pfalz-Kreis geht es augenscheinlich wirtschaftlich gut“, sagt Heinz-Peter Schneider (Grüne), und Creutzmann findet sogar, er „strotzt“ vor Geld. Auch Rosemarie Patzelt, die FWG-Fraktionschef Jürgen Jacob vertritt, ringt sich zu einem Lob durch: Die angepeilte schwarze Null werde überstiegen, „wenn auch minimal“. Die Eckdaten des Zahlenwerks sind wie berichtet: ein Miniüberschuss von knapp 57.000 Euro, ein Investitionsvolumen von 24 Millionen, allein 5,2 Millionen Euro sollen in den Breitband-Ausbau fließen. Dem gegenüber stehen geplante Kredite von 13 Millionen Euro, und zum Jahresende 2019 plant die Kreisverwaltung mit einer Verschuldung von rund 85,5 Millionen Euro. Die wichtigste Nachricht für die Gemeinden ist: Die Umlage, die sie zahlen müssen, liegt weiterhin bei 42 Prozent. „An dieser Schraube brauchen wir nicht zu drehen“, sagt Landrat Clemens Körner (CDU), „aber wir brauchen die Kreisumlage, um gesetzliche Vorgaben zu erfüllen – Schulen, Kitas, Straßenbau.“ Ansonsten steuert der Landrat nur noch wenig zur Haushaltsdebatte bei und verweist auf eine für ihn bemerkenswerte Entwicklung: Eine Recherche beim Statistischen Landesamt habe ergeben, dass die Bevölkerung im Rhein-Pfalz-Kreis in den vergangenen Jahren so stark gewachsen sei wie in keinem anderen Landkreis in Rheinland-Pfalz. 2018 etwa sind laut Körner 1000 Kreisbürger dazugekommen. „Wir sind weiter attraktiv“, sagt er. Dem können die Fraktionen nur beipflichten, wenngleich sie im Wachstum auch Probleme sehen. Beispiel Kitas: „Steigende Geburtenrate und Zuzüge freuen uns“, sagt Patzelt. Gemeinden bauen und erweitern Einrichtungen, sind auf der Suche nach Personal – „und fühlen sich wie im Märchen vom Hasen und Igel. Was auch immer wir tun, das Platzangebot reicht nicht aus“. Fast 21 Millionen Euro bringt der Kreis für den Personalzuschuss der Kitas auf, im gesamten Jugend- und Sozialbereich liegt der Zuschussbedarf bei 68,5 Millionen Euro. Da seien die Einnahmen aus der Kreisumlage von 74 Millionen fast aufgebraucht, sagt Patzelt. Dennoch findet sie, dass es sicherlich vertretbar gewesen wäre, den Umlagesatz „um 0,25 oder gar 0,5 Prozentpunkte zu senken“. Schließlich werde der Kreis bei gleichbleibender Umlage rund vier Millionen Euro mehr einnehmen als in diesem Jahr. Auch Creutzmann fordert, den Umlagesatz im Auge zu behalten, wenngleich er 2018 an viertletzter Stelle aller 24 Landkreise liege. „Aber es gibt im Rhein-Pfalz-Kreis auch noch Kommunen mit einem defizitären Haushalt, die die Kreisumlage mit neuen Schulden finanzieren müssen“, sagt er. Diese kleinen Kritikpunkte sollen das große Ganze aber nicht schmälern. Mit dem Haushalt, den der Kreistag bei zwei Neinstimmen der AfD absegnet, halte der Kreis ein weiteres Mal die Zusagen ein, die die Koalition zu Beginn der Legislaturperiode gegeben habe, sagt Sozialdemokrat Schneider: Dazu zählen ausgeglichene Haushalte, maßvolle Neuverschuldung, Investitionen, Förderung der Schulsozialarbeit, Klimaschutz und eine Bewältigung der Zuwanderung. Dazu tragen laut Koalitionspartner Christ alle Fraktionen im Kreistag bei – mit Ausnahme der AfD: Von 91 Sitzungen hätten deren Vertreter gerade mal die Hälfte besucht. Im Kreisausschuss, einem der wichtigsten Gremien, sei nur in jeder dritten Sitzung ein Vertreter der AfD anwesend gewesen. Und den Sozialausschuss, in dem zentrale Themen der Partei behandelt würden, habe nie ein Fraktionsmitglied besucht. „Wer sich so verhält, sollte sich überlegen, ob er noch mal antritt“, sagt Christ. Christiane Christen, Fraktionschefin der AfD, nutzt ihre Redezeit, um zwölf Minuten lang an den Mord an einem 15-jährigen Mädchen in Kandel durch ihren afghanischen Ex-Freund zu erinnern. Sie spricht über fehlende Ausweiskontrollen, über „Bio-Deutsche“ und den UN-Migrationspakt. Zwischenzeitlich verlassen Mitglieder der SPD-Fraktion unter Protest den Saal. Zur Rede Christens, die so gar nichts mit dem Rhein-Pfalz-Kreis und dessen Haushalt zu tun hat, fällt Jürgen Creutzmann nur eines ein: „Sie waren ja nicht da, als der Haushaltsentwurf verteilt wurde“, sagt er zu Christen. „In der Schule hieße es nun: Thema verfehlt, setzen, sechs.“

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