Land und Leute Die Wochenendkolumne für den Landkreis: vom Impfen und Lüften

Was den Rhein-Pfalz-Kreis in dieser Woche bewegt hat: Abseitiges, Kurioses – und nicht ganz ernst Gemeintes aus den Dörfern.

Durchseucht

Haben Sie sich schon einen Punkt ausgesucht? Na den Punkt, an dem Sie am liebsten das gute Zeug in ihren Körper gespritzt haben wollen. Was für ein Zeug? Sie stellen vielleicht Fragen ...! Den Impfstoff natürlich! Von nichts anderem ist doch mehr die Rede. Das Heil, die Rettung in Form irgendwelcher Lipid-Nanopartikel voller Ribonukleinsäure. Aus irgendsoetwas zumindest, was nur Experten verstehen, soll das Serum bestehen, das die Firma Biontec mit Sitz in Mainz entwickelt hat. Quasi zwischen Riesling, Scheurebe und Grauburgunder hat sie den Durchbruch beim Keltern vermeldet, resümierte kürzlich der Kabarettist Sebastian Pufpaff. „Man nennt das jetzt auch den Brut de Sars vom Rhein.“ Der 2021er solle ein besonders guter Jahrgang werden, natürlich nur für diejenigen, die ihn genießen dürften. Damit auch die Kreisbürger von dem guten Zeug etwas abbekommen, soll jetzt auf Kreisgebiet ein Impfzentrum errichtet werden. Allerdings soll zuvor in einer klinischen Studie getestet werden, inwieweit bereits eine Herdenimmunität bei den Pfälzern vorliegt. Denn möglicherweise hilft ja schon kontinuierliches Schorletrinken gegen die Seuche. Diese Überlegung hat dieser Tage der Landrat angestellt. Von wegen Brut de Sars und so. Vielleicht reicht Riesling? Dagegen sprechen allerdings 1268 Kreisbürger, die sich mit dem Virus infiziert haben. Doch das werden möglicherweise Biertrinker sein. Oder Kinder. Warten wir das Ergebnis der Studie ab und trinken präventiv jeden Abend ein Schlückchen Riesling. Prost.

Durchzogen

Lüften soll helfen, die mit Coronaviren verseuchten Aerosole, die durch die Luft schwirren können, zu vertreiben. Was Lüften ist und wie man es richtig macht, darüber lässt sich ausgiebig streiten, wie diese Woche Mitglieder des Gemeinderats Fußgönheim bewiesen haben. Die SPD hatte zum Lüften sogar eigens einen Antrag gestellt. Der Gemeinderat solle nicht in der Mehrzweckhalle, sondern im Bürgerhaus tagen, denn das lasse sich besser lüften, forderte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und ehemalige Ortsbürgermeisterin Marie-Luise Klein und erklärte detailreich, warum sie dieser Meinung ist. Wenn der Bürgermeister die Ratssitzung nicht verlege, dann müsse der Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung, forderte Klein. Ganze drei Seiten lang ist wiederum die Stellungnahme des Bürgermeisters, warum das mit dem Lüften in der Mehrzweckhalle viel besser gehe als im Bürgerhaus. Immerhin eine halbe Seite Text steuerte die CDU zu diesem wichtigen Thema bei. Doch damit nicht genug: In der Sitzung selbst wurde abgesehen von schriftlichen Stellungnahmen noch einmal mündlich von vorne wortreich debattiert, wo denn nun das Lüften besser funktioniere. Lüften ist im Übrigen das zeitweise Öffnen von Fenstern und Türen, um so einen Austausch der Innenluft mit der Außenluft zu ermöglichen. So etwas nennt man Allgemeinwissen. Klein legte das äußerst großzügig aus, aufgrund ihrer Forderung mussten während der etwa zweieinhalbstündigen Sitzung alle Fenster und Türen offen stehen und auf Forderung der CDU war die Heizung abgeschaltet, weil deren Gebläse böse Aerosole im Raum verbreiten könnte. Eiseskälte herrschte somit in der gesamten Halle. Unterkühlung kann allerdings auch zu ziemlich schlimmen Krankheiten führen – Lungenentzündung beispielsweise. Ach so: Und Aerosole verbreiten sich vor allem beim Sprechen. Klein war anscheinend so mit dem Thema Lüften beschäftigt, dass diese Erkenntnis nicht zu ihr durchgedrungen ist. Nicht nur, dass 20 Minuten über den SPD-Antrag zum Lüften gesprochen wurde, auch im weiteren Verlauf der Sitzung entfiel mindestens die Hälfte der Redezeit auf die Ex-Bürgermeisterin. Auch die FFP2-Maske, die Klein im Gesicht hatte, kann so viel Aerosole, die bei so viel Reden ausgestoßen werden, nicht aufhalten.

Ein ansteckungsfreies Wochenende

wünschen Enzenauer und Ries

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