Rhein-Pfalz Kreis Der Reiz der Mollakkorde

Ruben Sturm kennt den Klang der Schifferstadter Vleugels-Orgel ganz genau. beim Konzert begeisterte er mit Virtuosität.
Ruben Sturm kennt den Klang der Schifferstadter Vleugels-Orgel ganz genau. beim Konzert begeisterte er mit Virtuosität.

«Schifferstadt.»„In Psalmis Organon – Psalmen auf der Orgel“ sind am Sonntag in der Reihe Pfälzische Chortage für Geistliche Musik in der Pfarrkirche St. Jakobus zu hören gewesen. Organist Ruben Johannes Sturm stammt aus Schifferstadt und hat dort auch seine Berufung entdeckt. Heute ist er Domorganist und Professor in Rottenburg. Sein Spezialgebiet ist die Improvisation, wie er beim Konzert eindrucksvoll bewies.

Für Ruben Sturm war das Konzert in St. Jakobus in mehrfacher Hinsicht ein Heimspiel: Nicht nur hat der Gründer der Chortage, Diözesankirchenmusikdirektor Dietmar Mettlach, gerne mit ihm zusammengearbeitet und ihn gefördert. Sturm konnte auch bei der Planung der neuen Vleugels-Orgel Ideen einbringen und bei Ausstattung und Klang des Instruments mitreden. Dass Sturm sich am Schifferstadter Instrument auskennt, war auch deutlich zu hören. Das Kirchenkonzert begann mit einem gewaltigen Werk, der Sonate c-Moll für Orgel von Julius Reubke, in welcher der Komponist den 94. Psalm in Form einer sinfonischen Dichtung vertont. Reubke, ein Schüler von Franz Liszt, war ein außergewöhnliches Talent. Auf der Orgel gilt er sogar als „der bessere Liszt“. Die Sonate schrieb er im Alter von 23 Jahren, er starb ein Jahr später an Tuberkulose und wurde in Pillnitz bei Dresden beerdigt. Die Sonate verlangt einiges an Technik vom Interpreten ab, sie ist auch nicht einfach zu hören. Es beginnt mit schwerer Düsternis und dunklen Klangfarben in tiefen Lagen. Viel Chromatik lässt keine klare Tonart erkennen, man fühlt sich als Hörer orientierungslos und irritiert – und das ist Absicht. Der Psalm klagt erst über die Untaten der Gottlosen und bittet dann um ihre Vernichtung. Das lässt sich nicht mit einer netten Dur-Tonleiter abhandeln. Ruben Sturm schöpfte aus dem Vollen, wählte Register für starke Farben und enorme Dynamik. Seine Kenntnis der Orgel wurde noch einmal im letzten Teil des Konzerts besonders deutlich: bei seinen Improvisationen. Die Schola Cantorum unter der Leitung von Dekanatskantor Georg Treuheit sang gregorianische Choräle zur Fastenzeit, die dann Sturm aufgriff und auf der Orgel ausgestaltete und interpretierte. Hier zeigte Sturm seine beeindruckende musikalische Fantasie, gepaart mit großer Virtuosität – und auch mit Humor. Die strahlenden Klänge und Akkordfiguren in Sturms Improvisation über „Ave Regina coelorum“ erinnerte etwas an Charles Widor. In der Zugabe klang es dagegen etwas barock und nach Vivaldi und Frühling. Da ließ der Organist Vögel zwitschern und ein Glockenspiel erklingen – beides Spezialeffekte, die in der Orgel eingebaut sind und mechanisch erzeugt werden. Stilistische Vielfalt ließ Sturm auch in einer Suite zu Ehren von Karg Elert hören. In Anlehung an Elert verwendete Sturm in der Komposition, die eine Studienaufgabe war, Akkorde und Melodien, die einen Einfluss von Jazz und Broadway-Musical zeigen. Weitere Werke des Konzerts waren Bachs Choralbearbeitung des 130. Psalms (Aus tiefer Not), Psalmvorspiele von Herbert Howell und Psalmvertonungen des frühbarocken Komponisten Samuel Scheidt.

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