Limburgerhof Bitte auflegen: Polizei-Tipps gegen Betrüger

Beraterrunde in Limburgerhof auf dem Markt mit Polizei, Seniorensicherheitsberater und Seniorenbeirat.
Beraterrunde in Limburgerhof auf dem Markt mit Polizei, Seniorensicherheitsberater und Seniorenbeirat.

Frisches Gemüse, bunte Blumen – und Tipps aus erster Hand: Polizei und Sicherheitsberater haben sich mit auf den Markt gestellt, um Betrügern die Tour zu vermasseln.

„Es nervt“, sagt Brigitte du Bois, als sie kurz vor Schluss noch an den gemeinsamen Marktstand der Polizei, des Sicherheitsberaters für Senioren und des Seniorenbeirats auf dem Limburgerhofer Wochenmarkt kommt. Grund der Verärgerung der 72-Jährigen sind betrügerische Anrufe, vorwiegend in der Mittagszeit, wenn sie sich gerade mal kurz ausruhen möchte. Sie zählt auf: „Da sind die Anrufe vom Amtsgericht Stuttgart, in denen ich aufgefordert werde, eine Taste zu drücken, oder Anrufer, die mir einen Lottogewinn verkaufen möchten. Die neuste Masche ist, dass man mir erzählt hat, meine Tochter hätte einen schweren Unfall verursacht“, berichtete du Bois und fügt lachend hinzu: „Ich wünsche der Tochter dann immer gute Besserung, denn ich habe nur Schwiegertöchter.“

Brigitte du Bois ist kein Einzelfall. Ihr sei das auch schon passiert, sagt Bärbel Fritsch, Vorsitzende des Seniorenbeirats, und vielen ihrer Bekannten ebenso. Betrügerische Anrufe waren auch eines der Hauptanliegen, mit denen die Marktstandbesucher an die Polizeibeamten herantraten, wie Polizeikommissar Michel Rüger erklärt. Er ist mit seiner Kollegin Sandra Braun-Zimmermann von der Polizeiinspektion Schifferstadt nach Limburgerhof gekommen, um vor allem ältere Menschen über Betrugs- und Einbruchsmaschen zu informieren. Der Infostand ist eine Kooperation von Polizei, Seniorensicherheitsberater der Gemeinde und Seniorenbeirat. Rüger erzählt gerade vom Telefonbuch, in dem Täter oft nach älter klingenden Vornamen suchten, meist stünde auch noch die vollständige Adresse dort. So hätten die Täter schon viele Informationen für ihre Anrufe zusammen.

Call-Center in der Türkei

„Diese Anrufe sind sehr gut vorbereitet“, weiß Polizeihauptkommissar Rayk Schomburg, der mit seiner Kollegin Beate Koschubs von der Zentralen Präventionsstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz ebenfalls am Stand steht. Man spricht hier von Call-Center-Betrug, weil die Anrufe meist aus Call-Centern kommen, die oft in der Türkei angesiedelt sind. Nach wie vor gebe es den „Enkel-Trick“, bei denen ein vermeintlicher Enkel anruft, erzählt, er sei in großer Not und bräuchte dringend Geld, das ein Bekannter abholen wird. Auch die Masche mit dem falschen Polizisten sei nicht neu, aber leider ebenfalls immer wieder erfolgreich. Der Anrufer gibt sich als Polizist aus, erzählt, dass man eine Einbrecherbande festgenommen habe, einer aber entkommen sei. Man habe jedoch eine Liste bei den Tätern sicherstellen können, auf der die Adresse des Angerufenen stehe. Deswegen solle dieser Bargeld und Wertgegenstände vor der Haustüre deponieren, ein Polizist würde die Sachen dann sicher verwahren.

„Besonders perfide sind aber die Schockanrufe“, erzählt Schomburg. Der Anrufer gibt sich als Polizist aus, erzählt, dass der Sohn oder die Tochter einen schweren Unfall verursacht habe, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen sei oder bald sterben werde. Dem Sohn oder der Tochter drohe nun Gefängnis, wenn nicht eine Kaution in großer Höhe bezahlt werde. „Das ist sehr professionell gemacht“, erklärt Schomburg. Der falsche Polizist ruft zum Beispiel den „Staatsanwalt“ ans Telefon. Im Hintergrund hört man Polizeisirene oder Polizeifunk, vielleicht sogar eine schluchzende Frau.

Rund 4000 bis 5000 betrügerische Anrufe pro Jahr seien in den Jahren 2018 bis 2020 in Rheinland-Pfalz bekannt geworden, erklärt Schomburg. Etwa 1,3 Prozent der Anrufe seien erfolgreich für die Verbrecher. „Und dabei geht es gerade bei Schockanrufen um hohe Summen, fünf- bis sechsstellige Beträge“, sagt Schomburg und erzählt von einem Betrugsfall in Kirchheim, bei dem ein Anrufer tatsächlich Goldbarren im Wert von 105.000 Euro erbeutet hat. Er schätzt, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist. Denn längst nicht alle Menschen, die einen solchen Anruf bekommen haben, melden sich bei der Polizei. Selbst diejenigen, die darauf hereingefallen sind, würden manchmal aus Scham nichts unternehmen.

Es soll sich niemand schämen

Dabei müsse sich niemand schämen, wenn er auf betrügerische Anrufe hereinfällt. „Die Anrufer sind bestens vorbereitet, der Angerufene ist oft in Gedanken ganz wo anders und völlig überfahren von der Situation“, sagt Beate Koschubs. Die Anrufer seien sehr durchsetzungsstark, Gespräche würden sich oft über längere Zeit hinziehen. Wenn dann im Display des Telefons auch noch die 110 als anrufende Nummer angezeigt wird, glaubten die Opfer leicht, dass es sich wirklich um einen Polizeianruf handele. „Dabei ruft die Polizei nie mit 110 an“, betont Schomburg. Die Nummern, die der Angerufene im Display sieht, seien in der Regel falsch.

Bekommt jemand einen solchen Anruf, dann soll der Angerufene am besten sofort auflegen, sich nicht auf ein Gespräch einlassen, keine Tasten drücken. Gerne kann er sich die angezeigte Nummer notieren. Die Polizisten bitten darum, dass solche Anrufe der Polizei gemeldet werden, entweder an die nächste Polizeiinspektion oder über die 110. „Dann können wir eine Warnung über die Medien herausgeben, denn solche betrügerischen Anrufe finden oft in Wellen statt“, erklärt Schomburg.

Auch Peter Binnefeld, ehrenamtlicher Sicherheitsberater für Senioren in Limburgerhof, hat schon viel von solchen Anrufen erzählt bekommen. Er sieht sich als Bindeglied zu den Behörden. Senioren würden sich oft mit Anliegen zur Sicherheit an ihn wenden, er stellt dann den Kontakt mit der richtigen Stelle her.

In zwei Wochen gibt es wieder eine Marktsprechstunde mit dem Seniorenbeirat und danach immer im Zweiwochen-Rhythmus. Dann allerdings ohne Polizei. Hier können Senioren Fragen zu Altersvorsorge, Pflege, Mobilität oder ähnlichen Themen stellen oder einfach zum Plaudern vorbeikommen. „Und wir machen beim nächsten Termin einen Frühschoppen“, verrät Rainer Blum, der stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats.

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