VG Rheinauen Abwassergebühren-Diskussion: Fronten weiter verhärtet

Kläranlage Speyer: Dorthin wird das Abwasser aus Otterstadt und Waldsee gepumpt. Neuhofen entsorgt sein Abwasser in die Kläranla
Kläranlage Speyer: Dorthin wird das Abwasser aus Otterstadt und Waldsee gepumpt. Neuhofen entsorgt sein Abwasser in die Kläranlage nach Limburgerhof und Altrip in die BASF-Kläranlage.

Die Entscheidung über die Zukunft der Abwassergebühren in den vier Ortschaften der Verbandsgemeinde Rheinauen ist nicht leichter geworden. Doch immerhin gibt es jetzt als Diskussionsgrundlage detailliertere Berechnungen, wie die Konsequenzen für die Bürger bei einer Vereinheitlichung aussehen würden. Auch Kompromisse sind denkbar.

Sollen die Abwassergebühren für die vier Ortsgemeinden bis 2025 angeglichen werden, wie es im Fusionsgesetz von 2013 vorgeschrieben ist? Üblicherweise wird das so gemacht, weil es in den meisten Verbandsgemeinden zwischen den einzelnen Ortschaften ohnehin wenig Unterschied bei den Abwassergebühren gibt. Doch die Situation in der Verbandsgemeinde Rheinauen ist eine andere: Altriper Bürger zahlen im Moment mit 2,87 Euro fast das Doppelte für den Kubikmeter Schmutzwasser wie Bürger aus Waldsee und Otterstadt (1,47 Euro). Neuhofener zahlen 2,42 Euro. Deswegen hat sich der damalige Bürgermeister Otto Reiland (CDU, Waldsee) vehement von Anfang an gegen die Vereinheitlichung der Gebühren gewehrt – er hatte aber keine Handlungsgrundlage. Seit Ende vergangenen Jahres ist aber klar: Die Gebühren dürften auch weiterhin getrennt berechnet werden, weil das Abwasser in verschiedene Kläranlagen gepumpt wird. Ob das gemacht wird, liegt im Ermessen des Verbandsgemeinderates.

Geteilte Meinung im Gremium

Bei einer Werksausschusssitzung im April wurde klar: Die Kommunalpolitiker sind sich nicht einig. Wenig verwunderlich: Ausschussmitglieder aus Altrip und Neuhofen sprechen sich für die Vereinheitlichung aus, die aus Otterstadt und Waldsee meist dagegen. In einer erneuten Sitzung des Werksausschusses hat Harald Breitenbach von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Burret am Mittwochabend mehrere Konstellationen durchgerechnet und vorgestellt. Alle haben gemeinsam: Altriper Bürger und in geringerem Maß auch Neuhofener profitieren, Waldseer und Otterstadter müssen kräftig draufzahlen.

Doch die Bürger wären zusätzlich noch auf eine andere Weise von einer Vereinheitlichung betroffen. Harald Breitenbach bestätigte das Argument von Rainer Claus (CDU, Waldsee). Die Gemeinden zahlen Gebühren für die Straßenentwässerung. Im Moment seien das 350.000 Euro für Altrip, 250.000 Euro für Neuhofen und 190.000 Euro für Waldsee und Otterstadt. Auch diese würden angeglichen, und die Ortsgemeinden Waldsee und Otterstadt – und damit indirekt auch die Bürger – müssten mehr für die Straßenentwässerung zahlen.

Dass das den Ausschussmitgliedern aus Waldsee und Otterstadt nicht gefällt, denen aus Altrip und Neuhofen dagegen schon, ist klar. „Jede arme Rentnerin in Otterstadt zahlt mehr, um den reichen Apotheker in Altrip zu finanzieren“, kritisierte Lothar Ritthaler (CDU, Otterstadt). Markus Hofacker (SPD, Altrip) pochte dagegen vehement auf eine Gebührenvereinheitlichung laut Fusionsgesetz. Nur so könne die Verbandsgemeinde auch zusammenwachsen. Sein Fraktionskollege Wolfgang Kühn (SPD, Waldsee) bezweifelte, dass Bürger aus Waldsee und Otterstadt sich integriert fühlen, wenn sie mehr zahlen müssen. Er argumentierte auch aus juristischer Sicht gegen die Vereinheitlichung der Gebühren und fragte sich, ob der Ermessensspielraum, den die Gemeinde hat, nicht vielleicht gegen Null gehe. Er ließ anklingen, dass mit einer Eskalation durch eine Klage der Waldseer und Otterstadter niemandem geholfen wäre und schlug einen Kompromiss vor, den Bürgermeister Patrick Fassott (SPD) schon ins Gespräch gebracht hatte.

Thema aufschieben

Laut einer aktuellen Auskunft des Gemeinde- und Städtebundes könnte die Gebührenvereinheitlichung noch einige Jahre aufgeschoben werden, müsste dann aber zu einem jetzt festgelegten Zeitpunkt definitiv umgesetzt werden. In diesem Zeitraum könnten die Bürger von Waldsee und Otterstadt sogar noch zusätzlich profitieren. Denn wie Harald Breitenbach erklärte, besteht die Möglichkeit, die aktuellen Gebühren in diesen beiden Ortschaften um einige Cent weiter abzusenken und dadurch einen kleinen Teil der Rücklage, die die Waldseer und Otterstadter Abwasserwerke mit in den Topf der Verbandsgemeinde gebracht haben, abzuschmelzen. Das Vermögen der „Werkefamilie“ der Verbandsgemeinde setzt sich zusammen aus 2,36 Millionen Euro aus Waldsee/Otterstadt, 1,96 Millionen Euro aus Neuhofen und gut 388.000 Euro Schulden aus Altrip.

Möglich wäre aber auch ein harter Schnitt: eine Gebührenvereinheitlichung ab 2025 oder eine dauerhaft getrennte Berechnung, sollte sich dafür eine Mehrheit im Verbandsgemeinderat finden. Nun wird in den Fraktionen weiter beraten.

Zur Sache: Die Modellrechnungen

Altriper Bürger zahlen im Moment 2,87 Euro für den Kubikmeter Schmutzwasser, Bürger aus Waldsee und Otterstadt zahlen 1,47 Euro und Neuhofener zahlen 2,42 Euro. Würden die Gebühren vereinheitlicht, würde jeder Bürger künftig 2,20 Euro für den Kubikmeter Schmutzwasser zahlen. Beim Oberflächenwasser ist es etwas komplizierter, da zahlen Waldseer und Otterstadter Gebühren (64 Cent pro Quadratmeter) und Neuhofener (90 Cent) und Altriper (86 Cent) Beiträge. Bei einer Vereinheitlichung würden künftig 77 Cent anfallen.

Ein Zweipersonenhaushalt (80 Kubikmeter Verbrauch und 300 Quadratmeter Grundstück) würde pro Jahr 268,40 Euro zahlen. Damit müssten Waldseer und Otterstadter 66,80 Euro mehr zahlen, Altriper würden 80,40 Euro pro Jahr sparen. Neuhofener würden 29,60 Euro sparen. Rechnet man das für einen Vier-Personen-Haushalt (160 Kubikmeter/500 Quadratmeter) durch, fallen bei Vereinheitlichung für jede Familie 506 Euro pro Jahr an. Waldseer und Otterstadter müssten 130,80 Euro mehr zahlen, Altriper würden 151,60 Euro sparen, Neuhofener 55,20 Euro.

Bliebe alles, wie es jetzt ist, würden die Schmutzwassergebühren in Altrip bis 2025 auch so um 21 Cent sinken, in Neuhofen würden sie um fünf und in Waldsee um drei Cent steigen. Beim Oberflächenwasser würden die Beiträge in Altrip um acht Cent und in Neuhofen um zwei Cent und die Gebühren in Waldsee/Otterstadt um einen Cent steigen.

Am Rande: Alle aus der Sitzung geschmissen

Videokonferenzen haben ihre Tücken. Das hatten wir an dieser Stelle schon mehrfach beschrieben. In der jüngsten Videokonferenz des Werksausschusses der Verbandsgemeinde Rheinauen zeigte sich, dass „beenden“ und „verlassen“ etwas Grundverschiedenes ist. Nach einem kurzen Scharmützel um Frischwassergebühren (man beachte: In der Sitzung ging es um Schmutzwassergebühren) zwischen Rainer Claus aus Waldsee und dem ehemaligen Altriper Bürgermeister Jürgen Jacob, kündigte Jacob an, dass er das Schlachtfeld nun verlassen werde. Darf er jederzeit, denn er hat nur als Zuhörer, nicht als Ausschussmitglied teilgenommen. Und wahrscheinlich lag es auch gar nicht an dem kleinen Schlagabtausch. Was er aber besser nicht hätte machen sollen, ist, auf den Button „Konferenz beenden“ anstelle von „Konferenz verlassen“ zu klicken. Mit dieser Aktion sind alle Teilnehmer aus der Konferenz geflogen.

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