Dudenhofen 150 Jahre Spargelanbau: Selbst beim Papst auf dem Teller

Spargelstechen Anfang der 1930er-Jahre: an der Speyerer Straße in Dudenhofen (später Gelände der Firma Kappner).
Spargelstechen Anfang der 1930er-Jahre: an der Speyerer Straße in Dudenhofen (später Gelände der Firma Kappner).

Dudenhofen gilt als das „Spargeldorf“ schlechthin. Mit dem Anbau des heute nicht mehr wegzudenkenden Stangengemüsesging es im Ort vor 150 Jahren los.

Der Spargel hat in unserer Region eine lange Geschichte: Dass die Gemüsegattung als zarter, delikater und pikanter Gaumenschmaus auch bei den hier lebenden Römern einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, bezeugen neben dem Kochbuch- und Spargelrezeptautor Marcus Gavius Apicius auch archäologische Artefakte wie eine 1989 in Rheinzabern gefundene in Bronze gegossene Spargelstange. Nachdem der Spargel im Umbruch der Spätantike in Vergessenheit geraten ist, gelangte er im 16. Jahrhundert wieder zurück in unsere Region. Zunächst ins Schwäbische, wo 1565 der Spargelanbau in Deutschland dann auch erstmals urkundlich verzeichnet ist. Mit zunehmendem Wohlstand begann die Massenproduktion und der Weiß- (oder Bleich-)Spargel setzte sich gegenüber dem Grünspargel zunehmend durch.

Ein Blick in die Dudenhofener Ortsgeschichte zeigt auf, dass man in Dudenhofen im Jahr 1873 den ersten Spargelsamen ausgelegt hat. Die erste größere Anlage hat etwas später der Landwirt Johann Adam Ofer in der Gemarkung „Eichgarten“ angelegt. In den Anfangsjahren wurde der Dudenhofener Gemüsespargel (Asparagus officinalis) schon als Delikatesse in die Speyerer Hotels geliefert oder auf dem dortigen Wochenmarkt als „begehrtes Gemüse besserer Kreise“ abgesetzt. Als im Jahr 1895 anlässlich einer Gartenbauausstellung in Schwetzingen die Spargelerzeugnisse aus Dudenhofen mit besonderen Prämien ausgestattet wurden, setzte sich sodann im Ort nach dem Wein (um 1530), dem Tabak (um 1713) und dem Hopfen (um 1850) das Interesse für die Spargelkultur im Allgemeinen durch. Der Anbau wurde im größeren Umfang feldbaumäßig betrieben und gelangte so im Laufe der Jahrzehnte zu der besonderen Bedeutung, die er heute hat.

Nachdem 1930 Mitglieder des Obstbau-Vereins Dudenhofen dem Reichspräsidenten von Hindenburg und Kronprinz Rupprecht von Bayern je eine Auslese ihres besten Spargels verehrt hatten, fand der Dudenhofener Spargel schließlich spätestens in den 1960er-Jahren auch überregional Beachtung: Alfons Holdermann, Landprodukt-Großhändler, erreichte 1961 auf der Bundesgartenausstellung in Stuttgart eine Silbermedaille; 1963 holte er sogar die Goldmedaille auf der Internationalen Gartenausstellung (IGA) in Hamburg.

Von April bis Juni

In Dudenhofen begann die Spargelernte früher gewöhnlich im April und endete offiziell dann, wenn die Kirschen reif zum Pflücken sind. Und das ist in der Regel um den 24. Juni (Johannistag) der Fall. Als krönender Abschluss der Saison gilt traditionell ein zünftiges Spargelfest, welches erstmals am 28. Juni 1925 und in den Folgejahren teils auch mit recht üppigen Festumzügen durch das ganze Dorf veranstaltet wurde. Gefeiert wurde entweder im Innenraum der Radrennbahn, in der Turnhalle, im Zelt am Festplatz oder in gemütlichen Hofschänken im Ortskern. Seit 2011 dann etwas außerhalb in Kombination mit „kulinarischen Spargelwanderungen“ zwischen Wingartsmühle, Falkenhof, Wasserwerk, Festplatz und Sportplatz. Bis weit in die 1990er-Jahre wurde der Spargelanbau in Dudenhofen im Familienbetrieb durchgeführt. Mittlerweile finden sich fast ausschließlich Erntehelfer aus Osteuropa auf den Äckern, die in Großgruppen frühmorgens, am späten Nachmittag oder am Abend mit dem Spargelstechen beschäftigt sind.

Früher haben die heimischen Spargelbauern durch jahrelange Übung ein besonders trainiertes Auge entwickelt und erkannten sofort, wenn sich die Erde auf dem Spargelhügel ein klein wenig wölbte, leichte Risse an der Erdoberfläche anzeigten, dass hier bald der weiße Spargel das Sonnenlicht erspähen will und sich ein solcher „Durchbruch“ anbahnt. Nachdem der Spargel zwischenzeitlich großteils „unter Folie“ kultiviert wird, sind jedoch auch diese ausgeprägten „Spargelstecher-Gene“ nicht mehr unbedingt erforderlich, denn die Folien erwärmen den Boden besser, der Spargel wächst früher, schneller und die vor dem Spargelstechen hinweggerollte Folie verhindert, dass das edle Gemüse überhaupt Rot-, Violett- oder Blauköpfe entwickeln kann.

Maschinelle Verarbeitung

Insofern haben sich die örtlichen Spargelanbaubetriebe mittlerweile auch auf die Gegebenheiten des globalen Marktes eingestellt: Bedingt durch die klimatischen Veränderungen und die erweiterten technischen Anbaumöglichkeiten hat sich im Laufe der Jahre die Erntezeit des Spargels verlängert und jeder Spargelbauer baut oftmals mehrere Sorten an. Mitunter führt das auch dazu, dass Traditions- und Heimatsorten, wie zum Beispiel der „Schwetzinger Meisterschuss“, seltener geworden sind und vermehrt durch hybride Spargelsorten verdrängt werden oder die Angebotspalette zumindest durch widerstandsfähigere Sorten erweitert wird.

Der gestochene Spargel wird heutzutage meist maschinell mit speziellen fließbandähnlichen Spargelsäuberungs-/Schnittanlagen in einer bestimmten Länge und in vorgeschriebenen Güteklassen sortiert und – sofern der Verkauf nicht vor Ort an der Straße oder im Hofladen erfolgt – zentral zum regionalen Pfalzmarkt in Mutterstadt gebracht. In früherer Zeit lieferten die Spargelbauern ihre Erzeugnisse noch körbeweise auf dem Fahrrad, im Handkarren oder per Hako-Motorpflug gezogenem Anhänger an einzelnen Sammelstellen in der Ortsmitte ab, wo die Ernte kontrolliert, nach Güteklasse abgewogen und die individuelle Menge auf kleine Zettelchen notiert wurde. Später am Abend warteten vor den Anlieferungsstellen die Lastwagen der Händler, um den Weitertransport des frischen Spargels – Mitte der 1960er-Jahre waren das in der Hochsaison tagtäglich weit über 100 Zentner – zu gewährleisten.

Es verwundert insoweit auch nicht, dass sich Dudenhofen im Laufe der Jahrzehnte zu einem Dorf der „Feierabendbauern“ entwickelte: Bereits 1926 bewirtschafteten immerhin rund 320 Spargelpflanzer im Ort eine Gesamtanbaufläche von 15 Hektar. 1938 hat sich die Fläche bereits auf 38,37 Hektar erweitert und 1962 betrug die Spargelanbaufläche dann schon 51,39 Hektar. Heute, 60 Jahre später, prägen nicht mehr kleinparzellige Felder und Stückländereien in Form von kreisrund und in Kuchen- oder Tellerform angelegten kleine Hügel das Landschaftsbild, sondern zumeist schnurgerade Dämme in fußballfeldgroße Spargelplantagen. Verblieben sind noch knapp eine Handvoll landwirtschaftlicher Großbetriebe mit ihren Hofläden, die nun aber insgesamt um die 100 Hektar bewirtschaften, was der Gesamtfläche der diesjährigen Bundesgartenschau in Mannheim beziehungsweise der Größe von zirka 140 Fußballfeldern entspricht. Rund 600.000 Kilogramm Spargel pro Saison werden auf Dudenhofener Feldern geerntet.

2023 können die Spargeldörfler, die im Umland scherzhaft auch oft mit ihrem Spitznamen „die Sandhasen“ geneckt werden, nun auf 150 Jahre Spargelanbau in ihrer Gemeinde zurückblicken. Dass Dudenhofener Spargel gar „himmlische Qualitäten“ besitzt, ist spätestens seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II am 4. Mai 1987 in Speyer bekannt: Zum Mittagessen wurde ihm unter anderem eine Spargelcremesuppe und Dudenhofener Stangenspargel kredenzt. Welch höhere Auszeichnung und Ehre wünscht man sich da noch mehr?

Der Autor

Clemens Keller, 56 Jahre, Vorstandsmitglied im Verein für Heimatgeschichte und -kultur Dudenhofen e.V., hat auf Grundlage eines im Jahr 1962 vom ehemaligen Bürgermeister Karl Bettag verfassten Berichtes die Erfolgsgeschichte des Dudenhofener Spargels fortgeschrieben. Eine etwas ausführlichere Fassung nebst eines Sonderbeitrags zum „Spargellied“ gibt’s unter www.vhgd.de in der Rubrik „Chronik/Zeittafel/Beiträge“.

Spargeltransport: aus dem Heimatbrief 1994.
Spargeltransport: aus dem Heimatbrief 1994.
Gewogen und verpackt: Spargelannahmestelle.
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Hügel statt lange Dämme: Spargelstechen auf einem Dudenhofener Feld vor dem Zweiten Weltkrieg.
Hügel statt lange Dämme: Spargelstechen auf einem Dudenhofener Feld vor dem Zweiten Weltkrieg.
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