SCHWETZINGEN „Welttoilettentag“: Die Geschäfte von Fürst und Fürstin

Leibstuhl von Kurfürst Carl Theodor in Schwetzingen.
Leibstuhl von Kurfürst Carl Theodor in Schwetzingen.

Hätten Sie’s gewusst? Am Samstag, 19. November, ist „Welttoilettentag“. Zu diesem Thema gibt es im Schwetzinger Schloss manches zu entdecken. 19

Das mag zunächst absurd klingen, hat aber einen durchaus seriösen Hintergrund. Der Aktionstag soll nämlich auf eine ernste Problematik aufmerksam machen: Zwei Drittel der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zu einer gesicherten Sanitärversorgung.

Dabei haben Hygiene und Reinlichkeit eine lange Geschichte – auch und gerade in der Kurpfalz. Darauf weist die Verwaltung der baden-württembergischen Schlösser und Gärten in einer Pressemitteilung hin – gewohnt kreativ und um kein Thema verlegen, wenn es darum geht, das Interesse am Schwetzinger Schloss aufrecht zu erhalten oder gar noch zu steigern.

„Das stille Örtchen“

Nicht von ungefähr trug schon vor zehn Jahren eine kunst- und alltagshistorische Ausstellung dort den vielsagenden Titel „Das stille Örtchen“. Damals wie heute vermittelt im Badhaus ein sogenannter Leibstuhl einen Eindruck davon, wie kein Geringerer als Kurfürst Carl Theodor höchstselbst anderen Geschäften nachzugehen geruhte als jenen, die sein Amt mit sich brachte.

Das Möbelstück besteht aus einem Holzgestell mit Sitzbrille, für empfindsame adlige Körperteile eigens mit Stoff bezogen und mit Rosshaar gepolstert. Auf einem darunter angebrachten Brett stand zu Carl Theodors Zeiten ein Nachttopf aus Keramik. Ob der prachtliebende Kurfürst dieses einfache Möbel tatsächlich verwendet hat, daran räumen selbst die Verfasser der Pressemitteilung ehrlicherweise Zweifel ein.

„Geheimes Gemach“

Was dem Kurfürst recht war, konnte der Kurfürstin offenbar nur billig sein. Denn auch Carl Theodors Ehefrau Elisabeth Augusta besaß ein eigenes „geheimes Gemach“ – eine „Retirade“, wie der aus dem Französischen abgeleitete zeitgenössische Begriff lautete. Vom Schlafzimmer ihres Appartements im Schwetzinger Schloss führt eine Tapetentür zur Toilette, die mit grüner Holzvertäfelung ausgekleidet ist – und in der sich ebenfalls ein Leibstuhl befindet.

Dessen Inhalt ließ sich den Angaben zufolge nach Verrichtung über eine Durchreiche am Boden diskret entsorgen. Über ein angrenzendes Treppenhaus entfernten die Bediensteten so die kurfürstlichen Hinterlassenschaften. Seit Ende des 19. Jahrhunderts erleichterte sogar ein mobiler Leibstuhl mit eingebauter Wasserspülung „das Geschäft“.

„Retirade“ von Kurfürstin Elisabeth Augusta.
»Retirade« von Kurfürstin Elisabeth Augusta.
Leibstuhl mit eingebauter Wasserspülung.
Leibstuhl mit eingebauter Wasserspülung.
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