Pirmasens Zeitreise durch Welt des Schuhs
Unter dem Motto „Vom Schlabbe zum Penningabsatz“ unternahm Gästeführerin Gabriele Grosslaub am Samstag bei strahlendem Sommerwetter mit zahlreichen Zuhörern eine Zeitreise durch die Welt des Schuhs.
Anfangs umwickelten die Menschen ihre ungeschützten Füße mit Material aus der Umwelt wie Fell, Tierhaut oder Pflanzen, um sie vor Verletzungen zu schützen. „Die Idee des Schuhs war geboren“. Es gibt fünf Grundtypen von Schuhen, erläuterte die Gästeführerin: Die Sandale, bestehend aus Sohle und Befestigungsmittel, schützt nur die Fußsohle. Mokassins schützen auch den Fußrand. Zweiteilige Schuhe bestehen aus Sohle, Oberteil und Schaft. Stiefel, oft aus Pelz gefertigt, reichen bis zum Knöchel. Schließlich Pantoffeln aus Sohle und geschlossenem Oberteil, die man schnell an- und ausziehen kann. Vor dem Bismarck-Denkmal zeigte Grosslaub auf Bildern, was man zur Zeit des Reichskanzlers trug: Knopfstiefel. Bei vornehmen Damen musste die Zofe mit einem Knöpfefädler beim Schließen der Knöpfe helfen. Keine einfache Sache. Zur Zeit Ludwigs XIV. und des XV. von Frankreich waren die Absätze der „Stöckelschuhe“ so hoch, dass die Hofdamen nur auf Zehenspitzen laufen konnten und sich auf zwei dünne Stöcke stützen mussten, um das Gleichgewicht zu halten. Vor dem Relief der Schuhträgerinnen an der Hausfassade Ecke Bahnhofstraße/Fußgängerzone zeigte Grosslaub Bilder von Schuhverkäuferinnen und berichtete, wie die Schuhmetropole Pirmasens „fast zufällig entstanden“ ist. Unter dem Stadtgründer Landgraf Ludwig IX. durften die Grenadiere in ihrer Freizeit einem Gewerbe nachgehen. So entstanden Webereien, Spinnereien, Gerbereien und Schuhgewerbe. Nach seinem Tod 1790 wurde die Garnison aufgelöst, die Aufträge fehlten und es entstand große Not. Aus Tuch- und Lederresten fertigten die Pirmasenser „Schlabbe“, die sie in Körben auf dem Kopf oder dem Rücken in alle Himmelsrichtungen trugen, sogar bis nach Ostpreußen. Der Absatz war so gut, dass es zehn Jahre später bereits 50 registrierte Schuhhersteller gab. 1838 gründete Peter Kaiser die erste und älteste Schuhfabrik in Europa in einem wunderschönen Gebäude in der Schlossstraße (heute C & A), das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Schon in den 1850er Jahren lieferte er in fünf Erdteile. Da sie mit der Produktion der per Hand zusammengenähten Schuhe nicht nachkamen, suchte Peter Kaiser nach einer Lösung. Er fand sie in der Mackay-Durchnähmaschine aus Amerika, mit der man mittels Fußbetrieb automatisch nähen konnte. Er führte auch Stanz- und Gangmaschinen ein. Es war der Anfang der maschinellen Massenherstellung. Bereits 1875 gab es nur noch wenige Arbeitsplätze ohne Maschinen und 1882 fast nur noch Lederschuhe, erzählte Grosslaub. 1863 überreichte Peter Kaiser dem damaligen Oberbürgermeister eine Blechkassette mit Produkten und Beschreibungen, die am zweiten Secularfest der Stadt Pirmasens, am 25. August 1963, geöffnet werden sollte. Doch Diebe hatten die Kassette im zerbombten Rathaus gefunden und aufgebrochen. Heute ist sie im Schuhmuseum im Alten Rathaus ausgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte die Schuhfabrik Peter Kaiser in der Mathildenstraße in einer alten Fabrik und zog 1952 oder 1953 in die Lemberger Straße. Peter Kaiser steht heute für Qualität und modische Schuhe im hochpreisigen Segment. In den 1960er Jahren hielt der Pfennigabsatz Einzug, dessen Absatz den Damen nicht hoch und spitz genug sein konnte und Löcher im Parkett hinterließ, wusste Grosslaub. Heute nennt man sie Highheels. Die Höhen und Tiefen des Wirtschaftslebens schulterten die Pirmasenser tapfer und überbrückten sie mit Kurzarbeit. Heute beschäftigt Peter Kaiser je 400 Mitarbeiter in Pirmasens und Portugal und fertigt 4000 Paar Schuhe pro Tag. Peter Kaiser verfüge über ein reichhaltiges Archiv mit Relikten aus alter Zeit, ergänzte eine Zuhörerin. Zum Abschluss ging es noch ins Schuhmuseum im Alten Rathaus, wo Grosslaub das Gedicht über die Zwicker und ihren blooe Mondaa (blauer Montag) vortrug.