Pirmasens „Wir wollen keine Musik nach Schema F machen“

Über zwei Millionen verkaufter Tonträger, ein Stammplatz in den Top-Ten der internationalen Albumcharts, ausverkaufte Tourneen in 39 Ländern auf vier Kontinenten, Konzerte mit „Aerosmith“, „Deep Purple“, „Iron Maiden“, Alice Cooper oder den „Scorpions“ – und nun stellt die erfolgreiche deutsche Metalband „Edguy“ am Donnerstag, 9. Oktober, 19 Uhr, in der Saarbrücker Garage ihre neue CD „Space Police – Defenders Of The Crown“ vor. Darüber sprach unser Redakteur Christian Hanelt mit dem „Edguy“-Gitarristen Jens Ludwig.

Sind Sie zufrieden mit dem neuen Album, oder würden Sie inzwischen etwas anders machen?

Sehr zufrieden. Aber klar, man wird immer Sachen finden, die man nachher anders gemacht hätte. Andererseits ist so eine CD auch ein Zeitdokument. Das sage ich auch immer über unsere älteren Platten – die sind alle genau so richtig, wie sie zu dem Zeitpunkt sein mussten. Und die Alben mussten alle genau so sein, damit wir heute so klingen wie wir klingen. Und wir klingen ganz gut. Hatten Sie im Vorfeld ein Konzept für das Album erarbeitet? Das Konzept hinter dem Album ist ganz einfach. Wir wollten eine Handvoll guter Heavy-Metal- oder Rock-Song schreiben und einfach die Platte machen, die Edguy im Jahr 2014 repräsentiert. Wie würden Sie das Album beschreiben – vielleicht auch im Vergleich zum Vorgängeralbum? Im Vergleich zum Vorgänger ist es etwas direkter geworden, die Songs kommen etwas mehr auf den Punkt. Und für mich klingt es etwas mehr nach einem Roten Faden. Bei der letzten Platte war Vielseitigkeit absolut Trumpf. Die neue Platte klingt dagegen mehr aus einem Guss. Aber dennoch ist auch das neue Album sehr abwechslungsreich geworden und mit vielen neuen Facetten ausgestattet. Das finden wir auch spannend. Wir wollen ja nicht Musik nach Schema F machen. Deshalb suchen wir immer nach neuen Herausforderungen. Außerdem ist es ja auch wichtig, nicht in Routine abzurutschen. Und so versuchen wir uns auch immer wieder an neuen Sachen. Auf dem neuen Album sich auch einige spielerisch grenzwertige Sachen, zu denen wir uns erst einmal hinarbeiten mussten. Aber das muss auch sein, um die Sache interessant zu halten. Kam so auch die Falco-Nummer „Rock Me Amadeus“ auf das Album? Richtig. Das war eine der größten Herausforderungen überhaupt auf dieser Platte. Es ist wirklich harte Arbeit gewesen, das so hinzubiegen, dass es einen eigenen Stempel bekommt, ohne das Original zu verunglimpfen. Unser Sänger Tobias Sammel hat sich wochenlang mit diesem Song beschäftigt und ihn dann auch richtig gut hingekriegt. Wie sind Sie überhaupt auf den Song gekommen? Wir finden Falco alle cool und mögen ihn als Künstler. Er war eigentlich ein schräger genialer Typ, sehr extrovertiert. Wir hören sehr viel Falco, wenn wir auf Tour sind. Die Idee, etwas von Falco zu machen, stand lange im Raum und jetzt sind wir es endlich mal angegangen. Deutsche Texte sind heute ja sehr beliebt. Warum nehmen Sie nicht auch einmal ein ganzes Album mit deutschen Texten auf? Das war für uns noch nie ein Thema. Wir sind aufgewachsen mit englisch singenden Bands und wollten auch immer eine internationale Band sein. Deswegen kam es für uns bisher auch nie in Frage, ein komplettes Album auf Deutsch zu machen. Und ich glaube, unser Sänger fühlt sich auch in der englischen Sprache viel viel wohler. Wird das Falco-Lied bei Ihren Konzerten im Ausland auch auf dem Programm stehen? So weit sind wir in der Planung noch nicht. Aber Falco hatte Welthits, weshalb man ihn eigentlich überall bringen kann. Warum hat das Album zwei Titel: „Space Police“ und „Defender Of The Crown“? Wir konnten uns einfach nicht entscheiden. Zuerst stand „Defenders Of The Crown“ als Albumtitel im Raum. Das fanden wir alle gut und das fand auch die Plattenfirma super. Die hatten dann auch gleich Vermarktungsideen – man könnte damit in Richtung Mittelalter mit Rittern uns so was gehen. Das fanden wir dann wieder nicht so gut. Deshalb hatten wir die Titel-Entscheidung erst einmal hinten angestellt. Und irgendwann brachte Tobias den Song „Space Police“, einen geilen Albumtitel, weil er nicht so typisch Metal-mäßig ist und ein bisschen extravagant daherkommt. Und da hatte unser Produzent die Idee, beide Titel zu nehmen. Wir hielten das zuerst für einen Witz, fanden es dann aber alle klasse. Es klingt groß, klingt wie der Anfang einer Film-Trilogie. Und rückblickend finde ich den Titel auch deswegen gut, weil er die Band total wunderbar repräsentiert – er zeigt die seriöse Seite der Band, zeigt, dass wir unsere Musik ernst nehmen und hinter dem stehen, was wir machen. Es klingt sehr typisch, sehr martialisch, sehr Heavy Metal. Und „Space Police“ ist dann so ein bisschen die friedliche, die abgefahrene Seite – und das alles passt wie die Faust aufs Auge. „Edguy“ besteht schon seit 1992 in fast unveränderter Besetzung. Was hält diese Band so lange zusammen? Wir haben einfach tierisch Bock auf das, was wir machen. Und wir können auch gut miteinander, wir können alle zuhören und können alle sprechen. Natürlich sind wir nicht immer einer Meinung, aber wichtig ist, dass man immer wieder Wege findet, wie man zum besten Ergebnis kommt. Und wir haben alle Spaß daran und sind dankbar für das, was wir machen dürfen. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man sein Hobby zum Beruf machen kann und damit um die ganze Welt reisen kann. Deswegen steht bei uns die Band an erster Stelle und nicht irgendwelche Egos. Sie sind ja schon mit vielen großen Stars auf Tour gewesen. Was haben Sie dabei gelernt? Wir sind als Band noch nicht angekommen. Für uns eine Offenbarung war zum Beispiel die Deutschland-Tour mit „Aerosmith“. Man spielt da zwar mit, muss aber einfach neidlos anerkennen, dass die fünf Stufen besser sind als wir, dass sie alles noch viel viel besser und professioneller machen. da haben wir uns schon gefragt, wie wir uns noch verbessern können. Also wir sind noch nicht satt. Was machen diese Bands besser? Die hatten damals schon viel mehr den Blues, viel mehr Feeling. Was wir gemacht haben, war schon recht dumpf. Da war noch kein Blues oder Soul – also nix, was wirklich lebendig ist. Und da versucht man dann schon, mit der Zeit auch dahin hinzukommen. Doch das ist eine Sache, die kann man nur bedingt erlernen, man muss da auch ein bisschen reinwachsen.

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