Pirmasens Trotz Behördenärger: OB Zwick darf nicht „Obernazi“ genannt werden

Ein Pirmasenser landete vorm Amtsgericht, weil er die Schuld für seinen Behördenärger dem OB zuschob und Beleidigungen postete.
Ein Pirmasenser landete vorm Amtsgericht, weil er die Schuld für seinen Behördenärger dem OB zuschob und Beleidigungen postete.

Ein 68-jähriger Pirmasenser darf Oberbürgermeister Markus Zwick nicht öffentlich einen „Obernazi“ schimpfen, auch wenn er sich über die Stadtverwaltung geärgert hat. Das stellte Richterin Kathrin Krieger am Mittwoch klar. Bei Gericht wird aber vor allem versucht, dem Mann zu helfen.

Es dauert lange, bis der Pirmasenser den Sitzungssaal 27 erreicht. Mühsam kämpft er sich mit einer Krücke durch die langen, gewundenen Gänge des Amtsgerichts, an einer Hand die „I love Bärmesens“-Tasche, in der er einen Stapel Unterlagen mitbringt. Mit seiner schlechten Gesundheit fing wohl sein Ärger mit den Pirmasenser Behörden an. Vor rund drei Jahren noch lebte er in einem Wohnwagen hinter der französischen Grenze, doch eine Krebserkrankung habe ihn ins Krankenhaus nach Pirmasens gebracht, erzählt der Mann vor Gericht. Während seiner Zeit in der Klinik sei sein Wohnwagen ausgeräumt und zerstört worden. Im Krankenhaus habe deshalb eine Mitarbeiterin für ihn Hilfe beim Sozialamt beantragt.

Immer wieder habe er seitdem im Behördendschungel festgesteckt, neue Anträge schreiben müssen, teilweise beleidigende Antworten erhalten. „Ich hab’ nichts zu essen, ich hab’ gar nichts“, erzählt der Mann. Eine Mitarbeiterin im Sozialamt habe ihm geraten, „ich soll doch meine Finger essen“. Er bekomme eine kleine Rente und ein bisschen Sozialhilfe, doch das sei ein mühsamer Weg gewesen. „Ich will doch nur das, was mir zusteht“, betont er.

Richterin: Denken, nicht posten

Als Verantwortlichen für die Schwierigkeiten mit Behörden und dem Stadtrechtsausschuss – vor dem hatte er Widerspruch eingelegt, als ein weiterer Antrag auf Sachhilfe abgelehnt worden war –, sieht der 68-Jährige OB Markus Zwick. In seiner Wut veröffentlichte er Kommentare bei Facebook, die die Staatsanwaltschaft als beleidigend und strafrechtlich relevant ansah. So nannte er den Oberbürgermeister einen „Obernazi“, den Schriftzug stellte er vor ein Bild von menschlichen Schädeln.

„Das geht so nicht“, macht ihm Richterin Kathrin Krieger klar, die sich viel Mühe mit dem Mann gibt, schnell vom Hochdeutschen in den Dialekt wechselt und versöhnlich mit ihm spricht. Sie rät dem Pirmasenser eindringlich, sich auf anderem Weg zu wehren. Ein Betreuer, der sich mit Sozialhilfe auskennt, könne ihm helfen, zu seinem Recht zu kommen, und wenn die städtischen Behörden im Unrecht waren, solle sich ein Anwalt der Sache annehmen. Nur solle er online keine Beleidigungen posten. „Sie können das denken, Sie können es auch zu Hause an die Wand schreiben, aber nicht auf Facebook.“

Kompromiss gefunden

Die Richterin betont, dass der OB kaum persönlich mit dem Fall des Mannes betraut sei und ihm Steine in den Weg legt. Der 68-Jährige ist nicht überzeugt, lenkt aber am Ende ein. So muss Zwick, der als Zeuge vor Ort ist, gar nicht aussagen. Der eigentliche Grund für den Termin vor Gericht ist der Einspruch des 68-Jährigen gegen einen Strafbefehl. Die Staatsanwaltschaft hat im Vorfeld einen Kompromiss vorgeschlagen: Der Pirmasenser soll den Einspruch zurückziehen, dafür lasse man Ermittlungen in einem weiteren Fall gegen ihn fallen. Dem stimmt der Mann zähneknirschend zu. Wohl auch, weil die Richterin ihm zurät. „Ich will Ihnen helfen. Auf diese Art kommen Sie nicht weiter.“

Ein Anwalt, der sich im Gerichtssaal aufhält, verspricht ebenfalls zu helfen. Er wolle mit dem Mann seinen Fall durchgehen, kann wohl auch Kontakt zu einem Betreuer herstellen. Der 68-Jährige sagt, er habe zuvor nicht gewusst, dass es Leute gibt, die ihm helfen, sich im Wirrwarr der Bürokratie zurechtzufinden. Bisher habe er sich allein gefühlt mit seitenweise komplizierten Antwortschreiben von Behörden. „Versprechen Sie mir, dass Sie nichts mehr posten. Sonst sehen wir uns hier alle paar Monate“, sagt die Richterin. Der Mann scheint das einzusehen, eine klare Antwort bleibt er aber schuldig.

Oberbürgermeister Markus Zwick
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