Pirmasens „Theater für alle Sinne“

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Mit „Jesus Christ Superstar“ ist am Freitag und Samstag, 20. und 21. Januar, eines der populärsten Musicals in der Pirmasenser Festhalle zu erleben. Auf die Bühne gebracht wird es vom Intensiv-Theater des Pirmasensers Tim Ganter, der zuletzt an gleicher Stelle das Broadway-Musical „Sweeney Todd“ gezeigt hat. Über sein Theater und das Stück sprach Ganter mit unserem Redakteur Christian Hanelt.

Aufgeführt wird das Musical vom Intensiv-Theater. Wer ist das Intensiv-Theater und welches Konzept steht dahinter?

Das Intensiv-Theater ist das Produkt meiner Selbstständigkeit und mehrerer Theater-Projekte in der Vergangenheit. Gemeinsam mit der Theaterpädagogin Jenny Theobald und dem Schulmusikstudenten Timo Maul habe ich 2016 das Intensiv-Theater als Non-Profit-Unternehmen gegründet. Momentan setzt sich das Intensiv-Theater darüber hinaus aus rund 60 jungen Künstlern und Kreativen der Region zusammen – und das ist der besondere personelle beziehungsweise strukturelle Charakter vom Intensiv-Theater: Es gibt ein beständiges Leitungsteam einerseits und ein wechselndes Ensemble andererseits, das produktionsbezogen durch ein Casting zusammengestellt wird. Innerhalb des Ensembles herrscht eine gesunde Mischung aus Profis, Semiprofis, Amateuren und Laien. Das besondere Konzept für die Gäste dreht sich um das Hören, Sehen, Fühlen, Tasten, Riechen und Schmecken: Wir versprechen Theater für alle Sinne – das ist für uns intensiv. Wie sind Sie zum Theater gekommen? Mit meiner Familie war ich schon als Kind und Jugendlicher oft und gerne im Theater – einen Bezug zur Musik hatte ich durch Klavier- und Gitarrenunterricht ebenfalls schon sehr früh. Das wurde ergänzt durch den Musik-Leistungskurs am Pirmasenser Kant-Gymnasium und später vertieft als Musikmanagement-Student an der Universität Saarbrücken und der Hochschule für Musik Saar. Das Studium war mir anfangs etwas Musiktheorie-lastig, sodass ich im Sommer 2010 kurzerhand mein erstes Musical-Projekt „A Kind Of Magic“ mit Schülern und Studenten in Pirmasens auf die Beine stellte. Im Anschluss an das Folgeprojekt „Sweeney Todd“ 2014 nahm ich die Stelle als Referent der Geschäftsführung und Projektleiter eines EU-Projekts am Saarländischen Staatstheater an. Damit war meine berufliche Ausrichtung wohl besiegelt. Die Arbeit dort hat mich enorm geprägt und meine beruflichen Pläne eines eigenen Theaters manifestierten sich. Warum fiel die Wahl jetzt auf Musical „Jesus Christ Superstar“? Was reizt sie an dem Stoff? Es gibt viele wunderbare Musicals und andere Bühnenwerke, die wir gerne produzieren wollen – am liebsten alle auf einmal. Daneben spielen Zeitpunkt der Aufführung, Anforderungen an Ensemble und Orchester und vieles andere eine Rolle. Die einzige und gleichzeitig größte Beschränkung unserer Fantasie sind die finanziellen Anlaufschwierigkeiten und Unsicherheiten, mit denen junge Unternehmen oft zu kämpfen haben. „Jesus Christ Superstar“ ist für mich zeitlose Musik, die unter die Haut geht – dazu die wahrscheinlich bekannteste Story der Welt aus einer erfrischend anderen Sicht. Auch ein ausschlaggebender Punkt bei unserer Wahl war: Das Werk ist absolut Intensiv-Konzept-tauglich; das heißt, mit Gastgeschenk, Atmosphäre und der Sinnesreise kommen unsere Gäste voll auf ihre Kosten. War es schwer und kostspielig, die Rechte dafür zu bekommen? Natürlich tut es ein wenig weh, einen fixen Anteil der aus eigener Kraft generierten Ticketeinnahmen gleich abtreten zu müssen. Andererseits gibt es da keine Diskussion – die Urheber sind für ihr geniales Schaffen mit absolutem Recht und angemessen zu beteiligen. Was zeichnet ihre Inszenierung aus? Die Inszenierung unserer Regisseurin Jenny Theobald lebt nicht nur durch die Erweiterung der Szenerie bis in die Theaterfoyers hinein, es blüht insbesondere durch die Heterogenität des Ensembles auf: Bei uns stehen Profis neben Amateuren auf der Bühne, und diese tolle Ergänzung zu spüren, das Herzblut und schier unfassbar große Engagement zu erleben, ist das Fundament meiner eigenen Motivation für das Intensiv-Theater und dafür, überhaupt einen derartigen Aufwand zu betreiben und nicht zuletzt auch ein solches finanzielles Risiko einzugehen. Ist man bei einer Neuinszenierung nicht immer versucht, auf frühere Inszenierungen zu schielen und eventuell unbewusst zu kopieren? Wir haben uns mehrere Inszenierungen unter anderem in Basel, Trier und Frankfurt angesehen. Ich behaupte ganz selbstbewusst, dass wir keine Bühnenversion mit unserer Produktion kopieren – aber wo liegt in der Kunst die Grenze zwischen echter Inspiration und der Übernahme einer guten Idee? Wir werden dem Stück gerecht, indem wir einerseits versuchen, die konzipierte Intention der Urheber zu transportieren und andererseits dadurch, dass wir an einigen Stellen eigene Interpretationen und Gedanken platzieren. Das ist ein schmaler Grat, denn viele Gäste haben das Musical vielleicht noch nie zuvor gesehen und können mit einer beispielsweise vollkommen verstellten Inszenierung überhaupt nichts anfangen. Wie lange haben die Vorbereitungen gedauert bis zur Bühnenreife? Die ersten Gespräche mit dem Verlag fanden im Februar statt, das Casting im Mai und die Proben begannen im September. Die Premiere war Ende Dezember. Gleichzeitig haben wir im Frühjahr das Unternehmen und den Förderverein gegründet. Sie haben eine Kooperation mit dem Saarländischen Staatstheater. Wie sieht diese Kooperation konkret aus? Wir spielen im März und April in der Alten Feuerwache in Saarbrücken. Darüber hinaus erhalten wir Unterstützung in den Bereichen Bühnenbild, Kostümbild, Dekorationen und Transport. Für die Zusammenarbeit mit dem Staatstheater sind wir überaus dankbar. Sie stammen aus Pirmasens. Hat da eine Aufführung in ihrer Heimatstadt eine besondere Bedeutung? Absolut. In Pirmasens hat alles begonnen, und das nicht nur im übertragenen Sinne: Das angesprochene erste Musical-Projekt fand hier statt und ganz abgesehen von der beruflichen Komponente: Ich habe mich in meiner Heimatstadt schon immer wohl und sicher gefühlt. Trotzdem sehe ich es nicht als Heimspiel: Es gibt so viele Aspekte beim Theater, die einfach nicht berechenbar sind. Und das ist schön! Das lässt uns bis zu dem Zeitpunkt, wo wir mit unseren Gästen ins Gespräch kommen, was verbessert oder verschönert werden kann, angespannt und motiviert bleiben. Ist es nicht manchmal schwierig, vor den „eigenen Leuten“ zu spielen, denn die sind ja oft kritischer als andere? Gar nicht. Zielführende und ehrliche Kritik sind das beste Lob und die größte Motivation für uns und darum geht es doch beim Theater: um das Erreichen der Gäste. Diesen Prozess zu optimieren erfordert den Dialog. Sie waren am Saarländischen Staatstheater angestellt. Sind sie dem Theaterbetrieb weiter verbunden? Absolut! Ich schätze die Generalintendantin und den Kaufmännischen Direktor sowie die Kollegen sehr. Das Staatstheater ist ein derart inspirierender und prägender Ort wie kaum ein anderer für mich. Das mag an der generell „verrückten“ Atmosphäre eines Theaters liegen, aber auch an den überaus liebenswerten Kollegen – es gibt meines Wissens keine Branche, in der so viele unterschiedliche Berufe zusammenarbeiten wie am Theater. Auch abgesehen von der Kooperation mit dem Intensiv-Theater und zeitweiliger projektbezogener Engagements bin ich einer weiteren Beschäftigung am Staatstheater jederzeit offen gegenüber eingestellt. Bitte nennen sie drei Gründe, die Vorstellung nach Pirmasens zu besuchen. Wir spielen „Jesus Christ Superstar“ in vier Spielstätten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Neue Gebläsehalle in Neunkirchen, Theater am Ring in Saarlouis, Festhalle in Pirmasens und Alte Feuerwache in Saarbrücken. Alleine durch den aufwendigen Aufbau unseres Marktplatzes in den Foyers ist es an jedem Ort eine neue Inszenierung. Ich mag mich täuschen, aber Musicals sind in Pirmasens Mangelware und als wahrer Fan modernen Musiktheaters darf man das Broadway-Musical „Jesus Christ Superstar“ als eines der erfolgreichsten Bühnenwerke weltweit nicht verpassen. Und drittens ist das Intensiv-Theater ein Produkt Pirmasenser Ursprungs. Die Leistung unseres jungen Ensembles ist für mich unbeschreiblich und atemberaubend. Darüber hinaus verspricht es eine Atmosphäre und ein Konzept, das Sie vermutlich in der Form noch nicht erlebt haben – Theater für alle Sinne. Infos Karten für die beiden Vorstellungen in der Pirmasenser Festhalle am 20. und 21. Januar jeweils ab 20 Uhr gibt es zu Preisen zwischen 29 und 49 Euro im Internet unter www.intensivtheater.de und www.ticket-regional.de. |han

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