Pirmasens Tafel: Weg von Tüten, hin zum Kaufladen

Generalprobe für den Neustart: Erhard Steiger, Esther Ochtrop und Rainer Greif (von links) aus dem Vorstand gehen dabei Schritt
Generalprobe für den Neustart: Erhard Steiger, Esther Ochtrop und Rainer Greif (von links) aus dem Vorstand gehen dabei Schritt für Schritt vor, damit sich ein neues System etablieren kann.

Ab Januar geht die Pirmasenser Tafel wieder auf die individuellen Wünsche ihrer Kunden ein – weg von dem Plastiktütensystem. Ein großer Ladenraum macht’s möglich, den die Matthäuskirchengemeinde nicht mehr braucht.

Bei der Pirmasenser Tafel hat es einen Probelauf gegeben, um festzulegen, wie demnächst die Lebensmittel ausgegeben werden sollen – eine Art Generalprobe ohne Kunden. Das ehrenamtliche Team will weg von der Plastiktüten-Praxis, zu der es seit der Coronaviruspandemie gezwungen war – hin zum Kaufladen-Prinzip von früher. „Ab Mitte Januar nehmen wir unseren neuen Laden in Betrieb“, erklärt Rainer Greif aus dem Vorstand. Der Verein habe weitere Räumlichkeiten des Gemeindezentrums der Matthäuskirchengemeinde dazubekommen und die seien inzwischen gestrichen und hergerichtet. Vom Dorfladen in Rumbach stammt die Theke für die Tafel-Bäckerei, erzählt Esther Ochtrop, stellvertretende Vorsitzende. Die Regale habe der Verein schon bekommen, als die Wasgau AG den Markt auf der Husterhöhe umgebaut hat.

Demnächst wird die Ausgabe komfortabler sein, denn die Räumlichkeiten sind viel großzügiger geschnitten und die Kunden können wieder Wünsche äußern, was sie in ihrer Ration haben wollen. Die Warenausgabe bleibe aufgrund der vielen Tafel-Kunden vierzehntägig, informiert Greif. Waren es Ende 2021 463 angemeldete Kunden, habe sich die Zahl aktuell fast verdoppelt. 935 Kunden habe die Pirmasenser Tafel jetzt, an denen jeweils die Familienangehörigen hängen, berichtet Greif. Das ergebe 1312 Erwachsene plus 874 Kinder. Vor einem Jahr seien es 664 Erwachsene und 398 Kinder gewesen. Die meisten Kunden seien Deutsche, weiß Greif, 449 an der Zahl. 327 Personen hingegen kämen aus der Ukraine. Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan würden keine Rolle mehr spielen.

Einbahnstraßensystem hat sich bewährt

Der geplante Ablauf: Die Leute betreten durch eine Tür den Ausgaberaum und bekommen an der ersten Station Obst und Gemüse in Tüten. Dann geht es zur Theke mit den Konserven und weiter zur Ausgabe der frischen Lebensmittel wie Wurst, Käse und Joghurt. Als letzte Station ist die Bäckerei geplant, erzählt Ochtrop. Geplant sei weiterhin, einen Korb mit Grundnahrungsmitteln vorzupacken, erklärt die stellvertretende Vorsitzende. Die Ausweiskontrolle bleibe im Eingangsbereich, informiert Erhard Steiger, Neuzugang im Vorstand der Pirmasenser Tafel. Mit einer Absperrung, einer rot-weiße Kette an Pfosten, würden dort zwei Wege geschaffen. Das Einbahnstraßensystem seien die Menschen durch die Pandemie inzwischen gewöhnt.

Das bisher theoretische System müsse sich aber erst in der Praxis bewähren, weiß Greif. Denn die Kunden müssten sich erst einmal daran gewöhnen, eigene Taschen mitzubringen und in kleinen Gruppen von vier bis fünf Personen den Laden zu betreten. Trotzdem: Das Team ist sich einig, dass wieder auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingegangen werden müsse. Vor der Tür sei inzwischen ein „Tauschmarkt“ entstanden, den die Nachbarn in der Straße nicht schätzen, so der Vorstand. Einige Lebensmittel seien sogar weggeworfen worden. „Wenn wir jemanden sehen würden, der das macht, würde er von der Tafel ausgeschlossen“, betont Greif, denn das Tafel-Prinzip sei es natürlich, Bedürftigen zu helfen, aber eben auch, Lebensmittel vor der Mülltonne zu retten.

Kein Mangel an Waren

„Waren sind momentan viele vorhanden“, erklärt Erhard Steiger. Glücklicherweise bekomme die Tafel die Waren aus dem Winzler Wasgau-Markt, der aufgelöst wird. Außerdem seien mehr Lebensmittel im Lager in der Werner-Egk-Straße, weil zu Weihnachten viele hochpreisige Waren wegen der wirtschaftlichen Situation nicht über den Ladentisch gegangen seinen und es zur Inventurzeit immer Produkte gebe, die aus dem Sortiment der Geschäfte genommen würden. „Im Gegensatz zu den Tafeln in anderen Städten können wir uns über die Spendenbereitschaft wirklich nicht beklagen“, sagt Greif. Die Pirmasenser hätten eben das Glück, dass nicht nur viele Firmen Lebensmittel spenden, sondern auch Privatleute helfen. „Wir sind viel in Schulen unterwegs, um die Spendenbereitschaft zu fördern. So erfahren schon Kinder und Jugendliche, dass es viele Bedürftige gibt und es wichtig ist, zu teilen.“

Die früheren Ausgaberäume werden künftig umgenutzt. In einem Raum sollen dann Lebensmittel vorsortiert und aufbewahrt werden, der sogenannte „Grüne Salon“, in dem es bisher Obst und Gemüse gab, wird zum Aufenthaltsraum der Ehrenamtlichen. Immerhin seien 20 bis 30 Personen pro Ausgabetag im Einsatz, die bisher im Büro des Vorstand Pause machten. Zu neun Fahrern kommen drei Gruppen: eine, die Lebensmittel sichtet und aussortiert, eine zur Vorbereitung der Tüten und eine, die Waren ausgibt. Die Ehrenamtlichen sind gespannt, ob die geplante Umstellung funktionieren wird. Wie es genau laufen wird, wisse man frühestens Mitte Februar: Ob die Kunden Einkaufswagen bekommen oder mit gestapelten Kisten auf Wägelchen mit Rollen durch den Ausgaberaum fahren, ob die Idee einer Packzone funktioniere und andere Dinge. Doch das Team freut sich, dass Schritt für Schritt wieder in Richtung Normalität gehen wird.

Helfende Hände gesucht

Die Pirmasenser Tafel zählt momentan circa 80 aktive Mitarbeiter. Trotzdem freut sich das Team über Zuwachs. Wer Lust hat, mitanzupacken, kann sich während der Bürozeiten dienstags und donnerstags unter der Festnetznummer 06331 148697 oder werktags mobil unter 0162 3557663 melden.

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