Pirmasens Sebastian Tilly ist verliebt in seine Bienen

Stolz zeigt Sebastian Tilly seine Bienenstöcke.
Stolz zeigt Sebastian Tilly seine Bienenstöcke.

Imkern entspannt, das findet zumindest der Pirmasenser SPD-Politiker Sebastian Tilly, der es liebt, am Imkerstand von tausenden Bienen umschwärmt zu sein. Seit drei Jahren imkert er mit seiner Lebensgefährtin Christina Münch bei Winzeln.

„Mich hat es schon immer fasziniert, wenn jemand gelassen zwischen Tausenden von Bienen steht“, erzählt Sebastian Tilly, Jurist und Lokalpolitiker aus Winzeln, der seit 2019 endlich imkert. Endlich deswegen, weil der 36-Jährige schon ewig mit der Idee geliebäugelt hatte – seit er zu Studienzeiten in Heidelberg in der Nachbarschaft seiner Lebensgefährtin die Badische Imkerschule entdeckte. Wie kann man einem so großen Volk Herr werden, hat er sich gefragt und wollte selbst Bienen halten. Tilly begann, sich in Literatur zu vertiefen, sich viel anzulesen und startete 2019 mit zwei eigenen Völkern in die Imkerei.

„Jedes Jahr schmeckt der Honig anders“, erzählt Tilly begeistert – und das sei genau das Spannende daran. Klima, Wetterlage und Bienenlaunen, all das sei ausschlaggebend für den Ertrag. Außerdem sei absolute Konzentration gefragt, betont der Jurist, der Mitglied im Zweibrücker Imkerverein ist, um einen Jungimkerkurs zu absolvieren. „Am Bienenstand kann ich wunderbar abschalten“, erklärt er: „Weil ich aufpassen muss, damit ich keine Biene quetsche.“ Wichtig sei eben, komplett bei der Sache zu sein und sich auf die Bienenwelt einzulassen. Im Imkerverein hofft er, sich Kniffe von erfahrenen Kollegen abschauen zu können. Er habe schon so viel gelesen über Bienen. Jetzt sei die Praxis angesagt – auch wenn seine Literaturliste weiter stetig wächst.

Durch die Bienen enger mit der Natur verbunden

„Wenn ich spazieren gehe, schaue ich neuerdings bei den Fichten, ob Läuse auf den Zweigen sitzen“, erzählt Tilly. Seit er sich mit Bienen beschäftigt, sei er viel enger mit der Natur verbunden. Sein Blick auf die Welt habe sich komplett verändert.

„Frau Polle und Herr Drohn“ nennt der Sozialdemokrat seine Imkerei, denn seine Lebensgefährtin Christina Münch ist genauso mit an Bord. „Wir machen die Arbeit am Bienenstand und die Honigverarbeitung zusammen“, erzählt der passionierte Jungimker. Nur einmal hat das Paar die Aufgaben geteilt: Christina Münch ist für das Design der Etiketten zuständig, er für das schwere Heben der Bienenkisten. Ihr Sortiment dagegen entscheiden sie wieder gemeinsam: cremigen Frühlings- und flüssigen, goldenen Sommerhonig gibt es natürlich. Und sogar Honig mit Marzipan haben die beiden schon versucht. Sein ganzer Stolz: ein paar Flaschen Met. Aber nicht mit Reinzuchthefen, sondern nach althergebrachter Methode aus gegorenem Honig. Dadurch habe das eigene Produkt noch eine Säurekomponente, weil durch die milde Eigenhefe noch etwas Milchsäuregärung mit drin ist.

Blut geleckt am Honig

Der Honig ging bisher an Nachbarn, Freunde und Bekannte, weil es einfach bisher noch nicht viel Ernte gab, doch denkt das Imkerpaar durchaus daran, nächstes Jahr mit dem Verkauf zu starten. Sogar an die Königinnenzucht will Tilly sich in der kommenden Bienensaison wagen, denn „wenn man einmal Blut oder in dem Fall Honig geleckt hat, kann man nicht mehr aufhören mit der Imkerei“.

„Zugegeben, viele finden es merkwürdig, wenn sie hören, ich könne gut entspannen, während eine Traube Bienen mich umschwirrt“, erzählt Tilly. Nach einer Woche Schreibtischjob sei das aber genau das Richtige, findet er. Während er als Referent beim Mainzer Innenministerium täglich viel Papier produziere, seien die Ergebnisse, zu denen ihn die Bienen führen, viel sinniger, kostbarer und unbeschreiblich lecker. Auch wenn sie schlechte Laune haben und mich stechen, fügt Tilly mit einem Lächeln an. Er freut sich auf sein Wochenende am Bienenstand, wo meist alles ganz anders ist, als es im Lehrbuch steht.

Das System des Bienenstocks lässt sich nicht übertragen

Auch das Zusammenspiel im Bienenvolk findet er genial. „Das die wegen dem schwingenden Tanzboden genau wissen, welches Programm sie wann ablaufen lassen müssen und dann auch noch alles funktioniert“, wundert ihn. Und das alles wegen der Funktionalität des Schwänzeltanzes. Ein Bienenvolk sei ein hochkomplexes System, betont er. Was ihn besonders fasziniere, sei das Wesen Bien, das im Prinzip unsterblich sei, weil sich der Kreislauf des Bienenvolks ständig erneuere. Als Bien bezeichnen die Imker die Gesamtheit des Bienenvolkes als eigenen Organismus.

Ob er durch die Beobachtung des Bienenvolks Erkenntnisse gewonnen hat in Bezug auf die Gesellschaft? „Das Zusammenspiel und das blinde Vertrauen ineinander und dass ein Rädchen in das andere greift, finde ich großartig“, sagt Tilly. Doch ob man das System Biene auf die Menschen übertragen kann, da hat er seine Zweifel. Gerade, weil er eine einzelne Biene nicht als Individuum sieht. Das gesamte Bienenvolk sei das Organ, um das es geht.

x