Pirmasens Interessante Geschichten vor den Toren der Stadt

Stadtführung durch die Außenbezirke: hier hält der Bus gegenüber der „Ruhebank“.
Stadtführung durch die Außenbezirke: hier hält der Bus gegenüber der »Ruhebank«.

Vor die Tore der Stadt, vom Busbahnhof in der Schäferstraße auf die Ruhbank, nach Erlenbrunn und Niedersimten, führte am Samstag die Bustour mit sieben Gästeführern. Dabei war auch Napoleon Thema.

Der Stadtteil „die Ruhbank“ wurde bereits 1956 eingemeindet, gehört zur Kernstadt und hat deshalb keinen Ortsbeirat und kein eigenes Wappen im Gegensatz zu den Ortsbezirken Erlenbrunn und Niedersimten, die 1969 im Zuge einer Gebietsreform eingemeindet wurden. Die Gründung der Ruhbank geht zurück auf eine Landschenkung über 160 Morgen – das entspricht etwa 40 Hektar – des Pirmasenser Landgrafen Ludwig IX. im Jahr 1746 an seinen Beamten Mizenius, der bei Straßburg wohnte. Um das Land zu bebauen, gewann dieser den Bauer Jakob Weber aus Höheischweiler, der sich dort niederließ. Bereits 1755 wurde der Hof verkauft – nicht zum letzten Mal – und ein zweites Haus errichtet.

Ihren Namen erhielt die Siedlung von einer steinernen Bank, einer so genannten Napoleonsbank, die auf dem höchsten Punkt errichtet wurde. Sie wurde 1922 abgetragen und 1948 wieder errichtet, wie der Gästeführer Klaus Brenner erzählte. Die Bank ist so gebaut, dass man Lasten, die in Körben auf dem Kopf oder dem Rücken getragen wurden, absetzen und ausruhen konnte. Zur Geburt des Stiefsohns von Napoleon Bonaparte wurden solche Bänke gestiftet, daher deren Name.

1922 entstand eine zweite Schule. 1957 war die protestantische Friedenskirche erbaut, zuvor mussten die Gläubigen nach Lemberg laufen. 2011 wurde ein neuer Glockenturm eingeweiht. Mitte der 1950er Jahre wurde der Adolf-Ludwig-Ring bebaut, der nach dem Pirmasenser Gewerkschaftsführer Adolf Ludwig benannt wurde. In der Nazizeit emigrierte er nach Frankreich und England und saß von 1949 bis 1961 im Bundestag. 1972 wurde das Hochhaus mit 15 Stockwerken und einem Schwimmbad fertig. Bereits 1907 wurde ein Fußball- und Sportverein gegründet. Aus dem früheren Café Pfalzblick wurde ein Altersheim.

Höchster Berg von Pirmasens

Weiter ging die Tour nach Erlenbrunn, das mit seiner exponierten Lage auf einem Hügel einen guten Ausblick auf Pirmasens bietet. Besiedelt wurde es bereits 1155 und wechselte mehrfach seinen Namen. Die einen sagten „Erlenhof“, die anderen „Erlenbrunn“, was bei manchen zur Verwirrung führte, wie Gästeführer Wolfgang Brendel wusste. Auf den ebenen Hochflächen befanden sich Felder, in den Tälern Viehwirtschaft. Später zog es die Bewohner in die Schuhindustrie nach Pirmasens und die Landwirtschaft wurde im Nebenerwerb betrieben. Im 30-jährigen Krieg wurde der Ort zerstört, die Bewohner waren vertrieben oder tot. Danach siedelten sich sieben Familien aus der Schweiz an.

Das heutige Unterdorf mit seiner Erlen bewachsenen Brunnenstube war die Keimzelle der Siedlung. Es entstanden die Höfe der Familien Weber und Schäfer. Das älteste Haus ist das des Karl Linn, wusste Brendel. Den Mittelpunkt bildete ein turmartiges Schulhaus (heute Friseurgeschäft) mit Feuerglocke im Dachreiter. 1936/38 befand sich auf der Höhe ein Lager des paramilitärischen Reichsarbeitsdienstes mit sieben Baracken. Das ehemalige Rathaus in der Erlenstraße war die zweite Schule. Sie wurde 1864 aufgestockt. 1938 erfolgte der Umzug ins dritte Schulhaus. Sehenswert ist die Rathaustür mit Ansichten von Arbeiten in der Landwirtschaft und im Innern ein Pfosten mit Reichsadler. Ein zweites Ortszentrum entstand im Hof des Jakob Eitel. Dreh- und Angelpunkt von Erlenbrunn war das Gasthaus Gampfer mit Bäckerei, das später als Kino und für große Veranstaltungen genutzt wurde, seit 30 Jahren aber auf eine neue Nutzung wartet. Die katholische St. Josefskirche wurde 1930 erbaut, drei Jahre später die evangelische Kirche und eine Schule, die heute Kindergarten ist. In Erlenbrunn erhebt sich der höchste Berg von Pirmasens, die Stoppelkuppe mit 450 Metern. Auf ihm der 1965 erbaute Wasserturm der Felsalbgruppe. Gegenüber der St. Josefskirche steht die Mehrzweckhalle. Außerdem gibt es Tennisplätze, Sportplatz mit Vereinsheim. In den 1950er Jahren entstanden neue Wohnviertel.

Sympeton und Simpter Mühle

Weiter ging’s nach Niedersimten, das in einem engen Tal mit vielen Wasserläufen liegt. Bereits im elften Jahrhundert gab es hier die Bezeichnung „Sympeton“, die keltische Bezeichnung für Schöpfstelle. In der Finsterbach, durch die die Felsalbe fließt, fand man beim Bau eines Tanzsaales Geschirr keltischen Ursprungs und Silbermünzen mit der Jahreszahl 1314 aus der Regierungszeit Philips des Schönen, erzählte die Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner. In den Protokollen des Amtes Lemberg der Grafschaft Hanau-Lichtenberg ist im Jahr 1563 eine „Simpter Mühle“ mit einem „geringen Mahlwerk“, also als baufällig, verzeichnet. Außerdem gab es die Rehmühle und die Katzmühle in der Littersbach, letztere wurde bekannt als Disco Hacienda in den 70er- und 80er-Jahren. Im Gersbachtal gab es früher zwei gefasste Weiher mit Waldschwimmbad, Gaststätte und Bootsfahrten. Heute führt ein Premiumwanderweg Teufelspfad durchs Gersbachtal.

Am Ortseingang ist links ein Regenrückhaltebecken als Vorsorge für widrige Wetterlagen, dahinter die Ponywelt der Familie Bossert. Die Lothringer Straße ist die Hauptverkehrsader zwischen Pirmasens und der Hackmesserseite. Auf dem neugestalteten Dorfplatz, dem „Schäferplätzel“, findet jeden vierten Sonntag im August die „Spenglerkerwe“ statt. Der Name geht zurück auf den Beruf des Blechners, der Blechgefäße fertigt, repariert und eicht. Der Beruf wurde im Ort häufig ausgeübt und war beim Pirmasenser Landgrafen wichtig. Am Dorfplatz existiert noch der Waschbrunnen, an dem früher Wäsche gewaschen und geschwatzt wurde, und das Kriegerdenkmal.

Bayrische Kirche in der Pfalz

Auf dem Altkellerfelsen steht die 1933 erbaute evangelische Felsenkirche, darunter der Felsenkeller. Nach der Überlieferung sollen Gefolgsleute des Königs Stanislaw den Keller auf der Flucht in den Felsen gehauen haben; oder Blechner dort Reparaturarbeiten durchgeführt haben. Das ehemalige Schulhaus beherbergt heute die Kita Pusteblume, daneben den in den 70er-Jahren erbauten Rehtalsaal. Tägliche Gülletranporte zur 1993 eingeweihten Kläranlage Felsalbe sollen bald durch eine Rohrleitung ersetzt werden, auch die Ortsumgehung ist in Planung.

Die katholische Kirche Herz Jesu mit ihrem Zwiebelturm wurde während des Ersten Weltkriegs zwischen 1915 und 1918 im neubarocken bayerischen Baustil erbaut, worauf die damals bayerische Verwaltung bestand. Neben der Kirche steht ein Sesterstein, der zum Eichen der Blechgefäße benutzt wurde. Sester ist ein altes Hohlmaß. Eine Sehenswürdigkeit ist das 1998 eröffnete Westwall-Museum. Gästeführer Michael Gaubatz informierte über das unterirdische Bunkersystem, das Teil des Westwalls war, der von Basel 680 Kilometer bis nördlich von Kleve geplant war. Er wurde 1938 bis 1940 teilweise gebaut. Zum Ende des 2. Weltkrieges suchte die Bevölkerung im Bunker Schutz vor den Bomben.

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