Pirmasens „Immer frisch und dynamisch“
Stephanie Neigel ist in unserer Region spätestens seit ihrem Auftritt mit dem A-cappella-Quartett „Les Brünettes“ im April 2014 bei den Dahner Jazzfreunden eine Qualitätsmarke. Am Sonntag ab 11 Uhr kommt sie mit ihrer Band zurück ins Alte E-Werk nach Dahn, um ihre neue CD „Capture Time“ mit neuen, eigenen Songs zwischen Pop, Jazz und Country vorzustellen. Unser Mitarbeiter Fred G. Schütz sprach mit Stephanie Neigel über ihr Selbstverständnis als Musikerin, die Vorteile eines Musikstudiums und ihre Offenheit für viele Musikstile.
Auf der einen Seite ist es ja ganz natürlich, dass die Leute, wenn sie meinen Namen hören, wenn sie meine Tante kennen, versuchen, einen Bezug herzustellen. Wenn dieses Vergleichen aber zu sehr im Vordergrund steht, dann fragt man sich schon: Muss das sein? Man kann ja meine Musik beschreiben, ohne dass man sie ins Verhältnis zu meiner Tante stellt. Ich seh’ das aber nicht als Angriff, denn die meisten Kritiken sind ja doch ziemlich positiv. Die heutigen Musikerinnen streben in der Regel ein Studium an. Ist so eine formelle Ausbildung, wie auch Sie sie genossen haben, etwas, das Sie empfehlen würden? Das kann man nicht für jeden allgemeingültig sagen. Ein Xavier Naidoo hat auch nicht studiert, er hat immer Musik gemacht und den Moment getroffen. Wenn der gesagt hätte, ich studiere jetzt, wäre das Quatsch gewesen. Für mich persönlich und meine Kolleginnen gab es immer den Punkt, wo wir gesagt haben: wir wollen Musikerinnen werden, und das längerfristig; wir wollten alle unser ganzes Leben lang Musik machen. Das Angebot war ja da, vielleicht mehr als vor 20, 30 Jahren, da hat man einfach eine gute Grundlage. Man kann flexibel auf Dinge eingehen, die man vielleicht jetzt noch nicht abschätzen kann. Wenn man zum Beispiel mit der HR-Bigband spielt, oder man eigene Sachen für Bigband schreiben möchte, oder selbst arrangiert wie für unser A-cappella-Quartett „Les Brünettes“ – da war ich ja schon mal in Dahn, ein sehr schönes Konzert war das damals –, solche Sachen ergeben sich einfach, das kann man mit 18, 19 gar nicht wissen. Dann ist es gar nicht so schlecht, wenn man weiß, wie man Noten aufschreibt, dass man ein bisschen was von Harmonielehre versteht. Das ist für mich persönlich, fürs Stückeschreiben, für die Arbeit mit meiner Band schon ein sehr wichtiger Punkt. Ich habe zum Beispiel im Februar ein Stück von mir für Bigband arrangiert. Wenn ich nicht an der Hochschule gewesen wäre, dann hätte ich mich das nie getraut. Wie ist Ihr Selbstverständnis als Musikerin? Sehen Sie sich ausschließlich als Sängerin? Ich sehe mich als Sängerin und Musikerin. Einerseits ist man auf sein „Instrument“ sehr konzentriert, bildet sich da weiter. Mit anderen Sängerinnen konzentriert zusammenzuarbeiten ist natürlich ein sehr fragiles, sängerisches Ding, zumal nicht jeder Sänger so ein Wissen von seinem „Instrument“ hat. Auf der anderen Seite sehe ich mich als Musikerin, die ja nicht nur auf die Stimme konzentriert ist. Ich spiele Gitarre, ich spiele Klavier, ich komponiere die Sachen, und das hat ja nicht nur mit Gesang zu tun. Musiker sein heißt, eine Aussage in Musik umzumünzen. Für Dahn hat es ja eine kleine Umbesetzung in der Band gegeben, so dass Sie dort ja auch mit der Gitarre ran müssen, oder? Jetzt haben wir halt unseren Gitarristen nicht dabei, der ist noch im „Palazzo“ in Stuttgart engagiert. Aber dafür spiele ich Gitarre und wir haben den Volker Engelberth am Klavier. Das ist für uns immer total schön, wenn wir mal eine andere Besetzung haben, das ist immer frisch und dynamisch, weil sich jeder wieder neu auf die Stücke einlässt. Das sind oft die spannendsten Konzerte für uns. Bei all ihren Arbeiten fällt auf, dass Sie stilistisch sehr offen sind… Ich kann nicht mein ganzes Leben lang nur Pop-Musik hören oder nur Jazz oder nur Blues. Pop kann herrliche Melodien haben, Jazz wahnsinnige Harmonien und insofern frage ich mich, warum ich mich auf eine Sache beschränken müsste, wenn ich doch Spaß an den verschiedenen Dingen und auch das Gefühl habe, dass man die durchaus ziemlich gut kombinieren kann. Man kann einen super Groove nehmen, ein paar Akkorde, die vielleicht nicht ganz pop-typisch sind, aber sobald man eine Melodie hat, die trägt und sich natürlich anfühlt, kommt etwas Interessantes dabei heraus. Ich schreibe total intuitiv und bekomme dann das Feedback vom Publikum: das ist doch mal was Neues, was Anderes. Sie haben eine neue CD mit dem Titel „Capture Time“ am Start. Ist eine CD-Produktion heutzutage wirklich noch notwendig, um als Künstlerin Erfolg zu haben? Eine CD zu haben ist schon der Mittelpunkt eines Programms. Mit einer CD kann man festhalten, worum es jetzt gerade geht, was sind das für Songs. Da kann jemand reinhören und hat schon mal einen Eindruck. Eine CD zu machen ist für einen Künstler schon wichtig, da bringt man die Dinge auf den Punkt, man stellt zusammen und sieht dann, wie die Songs hintereinander funktionieren. Das ist der Ursprung des Programms, das sich live wieder neu entwickeln kann. Ich würde selbst dann Alben machen, wenn sie gar nicht im Radio gespielt würden. Meine Musik wird ja auch kaum im Mainstream-Radio gespielt, sondern eher in den zweiten Programmen. Aber das finde ich ganz schön, das passt auch zu den Hörern. (tz)