Pirmasens „Ich folge meiner Inspiration und meinem Vergnügen“
Auf eine mittlerweile 42-jährige Karriere, auf über 50 Alben, von denen über 80 Millionen Exemplare weltweit verkauft wurden, kann Angelo Branduardi zurückblicken und verfügt somit über einen schier unermesslichen Fundus, aus dem er auf seiner „Greatest Hits Tour 2017“, die ihn am Dienstag, 11. April, 20 Uhr, in die Saarbrücker Congresshalle und tags drauf, 20 Uhr, ins Karlsruher Konzerthaus führt, schöpfen kann. Über seine Musik sprach der italienische Barde mit unserem Redakteur Christian Hanelt.
Nein, ein Tagebuch führe ich nicht, aber ich erinnere mich schon an die meisten meiner Konzerte. Das mag vielleicht verrückt klingen, da ich ja schon seit über 40 Jahren Konzerte gebe, aber die Eindrücke sitzen tief und in Zweibrücken war es schön – da war ich ja sogar zwei Mal. In Saarbrücken war es auch schön, das liegt aber noch länger zurück. Aber ich habe ja insgesamt in den letzten Jahren etwas weniger Konzerte gegeben. Warum haben Sie sich auf den Bühnen so rar gemacht? Nun, ich habe mir einfach mal ein Jahr Auszeit gegönnt, um darüber nachzudenken, was in der letzten Zeit alles geschehen ist. Und da ich auch nichts Neues zu erzählen hatte, habe ich es vorgezogen, still zu sein. Und zu welchen Erkenntnissen sind Sie in diesem Jahr gekommen? ...dass ich inzwischen wieder besser singe. Es ist so, als hätte ich neuen Sauerstoff bekommen. Sie haben einmal gesagt, Deutschland sei Ihre Heimat. Was haben Sie damit gemeint? Natürlich ist Deutschland nach Italien meine zweite Heimat. Deutschland ist ein großartiges Land, um Konzerte zu geben, denn das Publikum schätzt und achtet Kunst und Künstler. Das Publikum ist begeisterungsfähig und temperamentvoll. Das Land und seine Menschen haben so viele unterschiedliche Facetten. Ja, Deutschland ist ein sehr zivilisiertes Land – deshalb schätze ich es und nenne es meine zweite Heimat. Worin unterscheidet sich das deutsche vom italienischen Publikum? Früher, viele viele Jahre zurück, gab es tatsächlich Unterschiede, denn die Italiener waren fürchterlich laut. Mittlerweile ist es aber überall in Europa gleich. Was werden Sie auf der aktuellen Tournee spielen? Das Publikum bekommt meine bekanntesten Lieder zu hören, also Sachen wie „La pulce d’acqua“. Aber es gibt auch einige andere Titel, die zwar keine Hits waren, die ich selbst aber sehr mag. „La pulce d’acqua“ in den Konzerten zu spielen, ist sicherlich ein Muss. Aber haben Sie selbst noch Lust darauf? Natürlich. Ich könnte es noch tausend Mal spielen, ohne mich zu langweilen. Ich liebe das Lied sehr, denn darin stecken wirklich sehr große Gefühle. Sie haben Alben auch in englischer und französischer Sprache aufgenommen, aber nicht in Deutsch. War das für Sie nie eine Option? Darüber habe ich eigentlich nie hachgedacht. Als mein Freund Michael Ende noch gelebt hat, habe ich den Soundtrack zu seinem Buch „Momo“ geschrieben. Die Texte dazu stammen von Michael. Und da ist am Ende eine ganz kurze Passage von 15 oder 20 Sekunden, in denen ich Deutsch gesungen habe. Die einzige Sprache, die wirklich zu meiner Musik passt, ist französisch. Die Musikalität der italienischen Sprache ist sehr stark und passt am ehesten zur französischen. Ist es ein großer Unterschied, ein einzelnes Lied oder einen ganzen Soundtrack zu schreiben? Einen Soundtrack zu schreiben, ist sehr interessant, denn Film kommt der Utopie einer globalen Kunst besonders nahe. Und für mich ist es wesentlich einfacher, für einen Film zu schreiben, denn man hat eine vorgegebene Geschichte, Schauspieler und unterschiedliche Geräusche. Dafür die Musik zu schreiben, fällt mir leichter, als vor einem leeren Blatt Papier zu sitzen und zu hoffen, dass mir eine Idee kommt. Was entsteht zuerst – der Text oder die Musik? Normalerweise die Musik. Wann erscheint ein neues Album mit Ihrer Musik? Das weiß ich noch nicht. Dazu fehlen mir noch die Ideen. Jetzt sind erst einmal die Konzerte angesagt. Als Sie in Deutschland bekannt wurden, gab es einige Musiker wie Gianna Nannini oder Paolo Conte, die hier erfolgreich waren. Warum gibt es heute kaum noch italienische Künstler mit Hits in Deutschland? Die amerikanischen und englischen Musiker verstehen ihr Geschäft einfach besser. In Italien haben wir seit 15, vielleicht sogar seit 20 Jahren eine kreative Krise, weshalb man kaum noch neue italienische Musik hört. Ein Grund dafür ist, dass es viele Plattenfirmen nicht mehr gibt und die, die es noch gibt, lassen den jungen Künstlern keine Zeit mehr, ihre Kreativität zu entwickeln. Sie nehmen eine Single auf, und wenn die nicht erfolgreich ist, heißt es „bye bye“. Wie hat sich der Musiker Angelo Branduardi in den letzten 40 Jahren verändert? Das kann ich gar nicht sagen. Ich folge meiner Inspiration und meinem Vergnügen. Ich fühle mich wie ein Kind, dass von süßer Marmelade nascht und weiß, dass es da noch so viel Marmelade gibt, die es noch gar nicht probiert hat. Haben Sie einen Traum als Musiker? Einen? Ich habe so viele Träume. Ich würde zum Beispiel gerne einmal Wagner in Bayreuth dirigieren. Aber das ist absolut unmöglich. Bitte nennen Sie drei Gründe, in Ihr Konzert zu kommen. Meine letzte Konzerte in der Region waren sehr schön. Zweitens, weil ich schon lange nicht mehr da war und drittens, weil es mir großes Vergnügen bereitet, Konzerte zu geben, denn das ist mein Leben. Infos Karten für die Konzerte mit Angelo Branduardi gibt es im Vorverkauf ab 45,40 Euro unter anderem im Internet unter www.kultopolis.com und bei der Ticket-Hotline 0651/9790770.