Pirmasens „German Pop Art“ oder der deutsche Andy Warhol
New York und immer wieder New York. Die Ausstellung „German Pop Art“ in der früheren Pirmasenser Hauptpost ist getränkt von der US-amerikanischen Popkultur. Alle die Ikonen aus Zeiten, die vergangen geglaubt, erleben hier eine Wiederauferstehung in den großformatigen Werken des Kaiserslauterer Michel Friess und seines Kollegen Claus Schenk. Die Ausstellung in den früheren Pakethallen der Post bieten aber auch Raum für ganz andere Kunst, wie die Halle des Rodalbers Stephan Müller zeigt.
Friess, dessen Werke die Ausstellung dominieren, ist in Pirmasens schon gut bekannt und beliebt, nicht zuletzt durch seine Ausstellung in der VR-Bank am Schlossplatz. Der Kaiserslauterer pflegt einen Stil, der sich klar an Andy Warhols Schaffen aus den 60er Jahren orientiert. Nicht allein die Technik auch die Motive hat Friess gleich mit übernommen. Und so finden sich auf den Aluminiumplatten Audrey Hepburn, Marilyn Monroe oder James Dean ebenso wie die durch Warhol berühmt gewordene Suppendose von Campbells. Friess hat Warhols Bildsprache jedoch in seinem Sinne weiterentwickelt. Während auf den großformatigen Siebdrucken des US-Künstlers nur die reine Marilyn zu sehen war und die Konzentration auf klar umrissene Formen genötigt wurde, kann sich der Betrachter eines Friess-Bildes lange auf der Aluplatte verweilen. Friess begnügt sich nicht mit Che Guevara oder Elvis, weitere beliebte Motive der Ausstellung, sondern kombiniert diese mit Zeitungsseiten, Stadtansichten oder Fotos von Häuserecken. Die Motive werden wieder und wieder übereinander gedruckt, mit aufgesprühten und geklecksten Farben ergänzt und manchmal auch die für Graffitisprayer üblichen Tags dazugesprüht. Manche Aluplatte aus Friesscher Hand sieht am Ende aus, wie eine besprühte Häuserwand in Leipzig oder Berlin. Im ähnlichen Stil arbeitet Claus Schenk, der seine New Yorker Stadtansichten mit Modellautos kombiniert, die in die Leinwand eingearbeitet wurden. Schenk collagiert mehr als Friess, bei dem nur vereinzelt beispielsweise Aktien auf die Platte geklebt wurden. Zeitungsausschnitte von hübschen Frauen finden sich ebenso auf Schenks Gemälden wie zerdrückte Dosen oder Champagneretiketten, die der Münchner beispielsweise auf Gemälden zu Paris verwendete. Die Klischees werden auf seinen Bildern voll bedient. Von ganz anderem Kaliber sind da die Leinwände des Rodalbers Stephan Müller, der eine große Halle für Dutzende seiner Holzskulpturen bekam, die an den Wänden mit seinem teils sehr großformatigen Gemälden kombiniert wurden. Für Müller war es an der Zeit, dass er seine Kunst auch einmal im ganz großen Rahmen präsentieren kann. In der früheren Hauptpost können die Holzskulpturen und Gemälde ihre volle Wirkung entfalten. Der Raum mit seinen Arbeiten pulsiert regelrecht durch die Energie, die der Rodalber in seine Leinwände gelegt hat. Vor allem die Großformate beeindrucken mit ihren kräftigen Farben und ausdrucksstarkem Pinselduktus. Müller braucht offenbar das große Format, um auch seinen Körper richtig zum Einsatz bringen zu können. Die Masse der Holzskulpturen tut der Ausstellung ebenfalls gut. Der Mensch in einer Müllerschen Skulptur hat auf den ersten Blick immer etwas Leidendes. Gerade in dieser Ausstellung kann der Betrachter gut erkennen, dass es dem Rodalber um mehr als oberflächlich leidende Körper geht. Der Mensch in existenziellen Momenten ist das Anliegen von Müller. Die Figuren machen nicht umsonst Kopfstände, Handstände und andere extreme Körperhaltungen. Eine weitere Kaiserslauterer Künstlerin hat Initiator Ralph Barlog nach Pirmasens geholt: Caro Parson, die ebenfalls von Ausstellungen in der VR-Bank bekannt ist. In diesem Saal glitzert fast jede Leinwand durch die Effektfarbe, die von der Kaiserslauterin gerne verwendet wird für ihre „Chipies“. So nennt Parson eine Bilderserie mit Köpfen von Fantasiewesen in sehr bunter Farbgebung. Ein „Chipie“ habe Schabernack im Sinn und sei ein richtiger Lausbub, aber immer offen und ehrlich, so schildert Parson selbst ihre Kreation und entwickelt mit ihrer Malerei auch gleich eine Vision von einer besseren Welt, wenn ihre „Chipies“ sich über die ganze Welt verteilen und eine friedliche Revolution starteten. „Wären wir alle ein bisschen ,Chipie’, könnten wir in Frieden und Freiheit miteinander leben“, gibt Parson den Besuchern mit auf den Weg. Dazu passt in einem gewissen Sinne auch die Malerei von Ralf Peifer. Der Gersbacher entwickelt auf seinen Leinwänden und Drucken eine Vision von einer anderen Welt, in der sich alles um die Rosenquarzkugel dreht. Peifers Kunst ist jedoch deutlich vielschichtiger und letztlich auch tiefer ausgearbeitet, als die Parsonsche Idee des „Chipies“. Ausstellungsmacher Barlog liebt die Kontraste und hat sich nicht gescheut, die Pop-Art-Version von Friess und Schenk sowie die extreme Expressivität von Müller mit den verspielten Universen Parsons und Peifer zu kombinieren. Um den Kontrast noch auf die Spitze zu treiben, findet sich in den Hallen der früheren Hauptpost auch noch ein Raum, in dem die so gar nicht dazu passende Malerei von Klaus Heinrich Keller auf eine bisher nicht gewohnte Art präsentiert wird. Vier Originalgemälde hängen zwischen Umkleidespinden. Garniert wurde der Raum mit einigen Drucken aus dem aktuellen Keller-Kalender. Barlog zeigt mit den vier Gemälden Keller in vier unterschiedlichen Schaffensphasen. Eine eher als Landschaft zu sehende kleine Arbeit hängt neben einem Gemälde, in dem der Rodalber noch fleißig dem Surrealen frönt. Und gegenüber ist der neue, rein abstrakte Keller zu finden. Für Keller hätte es mehr Platz bedurft, aber vielleicht wollte auch der Künstler selbst nicht breiter hier auftreten. Öffnungszeiten Bis 20. Dezember mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt im Vorverkauf sechs, an der Tageskasse acht Euro. Der Eingang ist der frühere Publikumseingang in der Schützenstraße.