Pirmasens/Kaiserslautern Frauen in die Kommunalpolitik: Warum sich das lohnt

Politische Gremien sollen ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Deshalb sollten sie nicht hauptsächlich aus Männern bestehen.
Politische Gremien sollen ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Deshalb sollten sie nicht hauptsächlich aus Männern bestehen.

Für Gudrun Heß-Schmidt ist politische Arbeit selbstverständlicher Teil ihres Lebens, seit sie 15 Jahre alt war. Insgesamt aber gibt es zu wenig Frauen, die sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik einsetzen. Das will die Kaiserslauterer Kreisbeigeordnete ändern. Deshalb kommt sie am Mittwoch nach Pirmasens.

Warum braucht es mehr Frauen in den Gremien?
Die kommunalpolitischen Gremien wie Orts- und Verbandsgemeinderäte entscheiden Dinge, die alle Bürger betreffen. Deshalb sollen sie ein Spiegelbild der Gesellschaft sein, sagt Gudrun Heß-Schmidt, erste Beigeordnete des Landkreises Kaiserslautern. „Wir brauchen daher eine gute geschlechtsgemischte Mannschaft.“ Sie hofft, dass sich für die Kommunalwahlen im nächsten Jahr mehr Frauen aufstellen lassen.

Was sagen die Parteien?
„Alle großen Parteien sind bemüht, Frauen auf die Listen zu setzen“, sagt Heß-Schmidt. Dann schränkt sie ein: „Allerdings gibt es schon immer einen Kampf um die vorderen Plätze.“ Doch generell strengten sich die Parteien an, um Frauen in die politische Arbeit einzubinden.

Warum das Seminar?
„Ich will Frauen die Scheu nehmen, sich für einen Platz auf der Liste zu bewerben.“ Sie wolle von ihren Erfahrungen berichten und so den Teilnehmerinnen Berührungsängste in Bezug auf lokalpolitische Arbeit nehmen.

Worüber wird geredet?
Die Kreisbeigeordnete will einen Einblick in politische Gremienarbeit geben. Zu detailliert soll es nichtwerden. Erfahrungsgemäß hätten viele Interessierte kaum Erfahrung, deshalb findet es Heß-Schmidt unsinnig, mit den Feinheiten der Haushaltssatzung anzufangen. Stattdessen will sie klären, wie eine Gremiensitzung abläuft, wie man sich einbringen kann und worauf sich die Frauen bei ihrer lokalpolitischen Arbeit einstellen müssen.

Was wird bei der Arbeit in Gremien erwartet?
In den Ratssitzungen stimmen die Mitglieder über anstehende Themen ab. Wer sich am Anfang nicht traut, muss im Gemeinderat nicht gleich seiner Meinung kundtun. In der Fraktionssitzung zuvor sei es aber wichtig, sich einzubringen und deutlich zu zeigen, wenn man mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist. In den Ausschüssen werden die Entscheidungen der Räte vorbereitet.

Gehen Frauen andere Themen an?
Eigentlich nicht, meint Heß-Schmidt. Sie hat seit 1984 einen Sitz im Verbandsgemeinderat Enkenbach-Alsenborn und nicht beobachtet, dass sich die Themen von Frauen und Männern groß unterscheiden. Ihr sei hingegen aufgefallen, dass Frauen besonders pragmatische Vorschläge machen, um Entscheidungen vorzubereiten.

Diskutieren Frauen anders als Männer?
Im Enkenbacher VG-Rat bringen sich die weiblichen und männlichen Mitglieder gleichermaßen ein, sagt Heß-Schmidt. Allerdings habe sie beobachtet, dass Männer ihr Wissen weniger infrage stellen, während Frauen eher dazu neigten, ihre Kompetenz zu einem Thema gründlich zu prüfen, bevor sie sprechen. Sie wollten sicher sein, dass ihre Aussagen korrekt sind.

Wie viel Zeit nimmt das Ehrenamt in Anspruch?
Ein politisches Ehrenamt kann zeitintensiv sein. Man opfere dafür Freizeit, sagt die Kreisbeigeordnete. Das will beispielsweise bei jungen Familien gut organisiert sein. Die Sitzungen auf lokaler Ebene finden oft in den Abendstunden statt. Andererseits muss nicht jeder gleich alles machen und in diversen Ausschüssen sitzen. Im Heimatort sind die Ratsmitglieder Ansprechpartner für die Einwohner. Auch das ist Freizeit, die Kommunalpolitiker verwenden, um Dinge in der Nachbarschaft zu regeln.

Und wenn nicht jeder mit der Entscheidung zufrieden ist?
Davon könne man ausgehen, sagt Heß-Schmidt. Selten könne der Rat bei einer heiklen Entscheidung alle Parteien glücklich machen. „Das muss man aushalten.“ Wichtig sei, dass sich die Ratsmitglieder im Vorfeld gut informieren und danach zu ihrer Position bei der Abstimmung stehen können. In den Fraktionssitzungen werden die Themen diskutiert und Argumente vorbereitet. Oft gebe es für beide Seiten gute Gründe. Dann müsse man abwägen, was für die Gemeinschaft überwiegt.

Gibt es dafür ein Beispiel?
Die kurvige Waldstrecke über Johanniskreuz Richtung Annweiler ist schon lange ein Streitpunkt. Anwohner fordern, die Straße für Motorradfahrer zu sperren, weil manche Raser lautstark über den Asphalt brettern. Das würde aber bedeuten, den landschaftlich reizvollen Weg wegen ein paar schwarzer Schafe auch den vielen Freizeitbikern wegzunehmen, die sich ordentlich verhalten, argumentiert Heß-Schmidt. Ein Ratsmitglied müsse in einem solchen Fall seine Entscheidung treffen und sie auch im Heimatort den Gegnern gegenüber verteidigen. „Da muss man seine Harmoniebedürftigkeit ein Stück weit ablegen“, meint die Kreisbeigeordnete.

Müssen alle Ratsmitglieder Fachkenntnisse über Kläranlagen, Tiefbau oder Personalfragen haben?
Nein. Die Entscheidungen werden vorbereitet und die Ratsmitglieder vor der Sitzung informiert. Gibt es offene Fragen, kann sich der Rat zum Beispiel einen Experten zur Klärung einladen oder die Verwaltung um zusätzliche Erklärungen bitten.

Warum sollte man sich engagieren?
„Politik ist sehr schön“, findet Gudrun Heß-Schmidt. Sie habe zwar auch hässliche Seiten, aber wer daran Spaß hat, schiebe diese meist beiseite. Es sei befriedigend, nach einigen Jahren zurückzublicken und festzustellen, was durch die eigene Arbeit erreicht wurde.

Das Seminar

Die Gleichstellungsstellen von Stadt und Landkreis laden für Mittwoch, 10. Mai, zum Seminar „Grundlagen der Gremienarbeit“ ein, das Gudrun Heß-Schmidt als Referentin leitet: 18 bis 21 Uhr in der Messe Pirmasens, Zeppelinstraße 11. Anmeldung per E-Mail an gleichstellungsbeauftragte@pirmasens.de oder unter Telefon 06331 842422 und 06331 809278.

Zur Person: Gudrun Heß-Schmidt

Gudrun Heß-Schmidt fand mit 15 Jahren über die Schülerzeitung des Kaiserslauterer Burg-Gymnasiums zur Lokalpolitik und blieb dabei. Seit 1984 hat sie einen Sitz im Verbandsgemeinderat Enkenbach-Alsenborn. 1994 kam sie in den Kreistag Kaiserslautern. Das Mandat gab Heß-Schmidt ab, als sie 2002 hauptamtliche Beigeordnete wurde. Dies ist ihre dritte Amtszeit.

Gudrun Heß-Schmidt ist erste Beigeordnete im Landkreis Kaiserslautern. Die Politik begleitet sie schon ihr Leben lang.
Gudrun Heß-Schmidt ist erste Beigeordnete im Landkreis Kaiserslautern. Die Politik begleitet sie schon ihr Leben lang.
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