Pirmasens „Es gibt mehr denn je zu tun“

Mit einem Festakt im Carolinensaal feierte die Verbraucherberatungsstelle Pirmasens am Donnerstag ihr 40-jähriges Bestehen als „feste Institution in Pirmasens“, wie Angelika Stegmann, Vorsitzende des Verwaltungsrats der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, die Beratungsstelle bezeichnete.

Es sei eine spannende und erlebnisreiche Zeit gewesen. Heute seien die Themen komplexer, stellt Stegmann fest. „Es gibt mehr denn je zu tun“, war sie sich sicher. In der Anfangszeit der 1974 gegründeten Beratungsstelle, der sechsten in Rheinland-Pfalz, standen nur Telefon, mechanische Schreibmaschine und die Hefte der Stiftung Warentest zur Verfügung, erinnerte sich Brigitte Fromme, Leiterin der Beratungsstelle, die seit 1976 dabei ist. Begonnen hatte alles im Gewerkschaftshaus in der Alleestraße mit Themen über Aussteuer, Vorratshaltung, Einkochen und wöchentlichen Einkaufstipps mit Preisspiegel in der Presse. Die Einrichtung sei schnell angenommen worden und es habe Außenstellen in Zweibrücken und Landau gegeben. Bereits 1976 erfolgte der Umzug in den „Erdgas-Pavillon“ am Exerzierplatz, wo die Energieberatung dazugekommen sei. In den 1980er Jahren durfte die Beratungsstelle infolge einer Gesetzesänderung auch außergerichtliche Rechtsberatung durch einen Anwalt anbieten, so Fromme. Nach Einführung des Haustürwiderrufsgesetzes habe die Beratungsstelle durch Pressemitteilungen über das Widerrufsrecht aufgeklärt, ergänzte Jutta Kettenring, Juristin in der Beratungsstelle. Inzwischen habe sich das Kaufverhalten durch Telefon- und Internetverträge geändert. Während es früher sittenwidrige Ratenverträge gegeben habe, seien es heute teure Restschuldversicherungen, vor allem durch Umschuldungen. Nach Tschernobyl sei jeden Morgen eine Strahlenliste per Fax gekommen, erinnert sich Fromme. In den 1990er Jahren habe die Bedeutung von Reklamationen zugenommen und die Rechtsberatung als Hilfe zur Selbsthilfe. Kai Prowald, Mitarbeiter der Beratungsstelle, verwies darauf, dass heute noch „viele schwarze Schafe“ unterwegs seien und Datensicherheit und -sparsamkeit ein großes Thema sei. Es sei eine Spezialisierung in der Beratung entstanden. Kettenring ergänzte, dass heute – trotz Internet – das persönliche Beratungsgespräch notwendig sei und von den Verbrauchern gesucht werde. Internet und untergeschobene Verträge werden auch in zehn bis 20 Jahren große Themen sein, erwartet Prowald. Nach einem Umzug in die Ringstraße Ende der 1980er Jahre befindet sich die Beratungsstelle seit 2012 in der Exerzierplatzstraße 1, womit die Beratungsstelle in 40 Jahren einmal um den Exerzierplatz gezogen ist. Gerhard Robbers, Justiz- und Verbraucherschutzminister, versicherte, dass der Verbraucherschutz ihm sehr, sehr am Herzen liege und personell verstärkt worden sei. Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, sieht die Verbraucherberatungsstellen als Sensor, der sehe, was nicht gut läuft, und sich darüber mit dem Ministerium, der Politik und den Behörden vor Ort austausche. Der Aufbau eines Netzwerkes sei dabei wichtig. Oberbürgermeister Bernhard Matheis betonte, wie wichtig es sei, frühzeitig Befähigungen zu stärken, besonders bei Kindern und Jugendlichen aus schwierigen finanziellen Verhältnissen. „Die Herausforderungen werden nicht kleiner“, sagte er mit Blick auf die Zahl der Privatinsolvenzen. Der „Pakt für Pirmasens“ helfe dabei, sagte Matheis. Viele Konsumenten seien überfordert und hätten nicht die passenden Versorgungsverträge, berichtete von der Lühe aus ihrer Erfahrung. Diese Verbraucher bräuchten das persönliche Gespräch. Die Verbraucherzentralen müssten als „Marktwächter“ auftreten, der schaut, was auf den Märkten geschieht, und diese Informationen weitergeben und auch mit den Bundesaufsichtsbehörden ins Gespräch kommen, damit diese schnell reagieren können. Die Digitalisierung des Alltags und damit einhergehende Datenschutzprobleme sowie das Verhalten bei Jugendlichen nennt sie als Probleme der Zukunft. Das Ziel müsse sein, dass „die Verbraucher ein Stück mehr in Richtung Augenhöhe mit den Anbietern kommen“. (arck)

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