Pirmasens „Es geht um Kunst, Musik und um uns Menschen“

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Zum zweiten Mal nach 2014 gastiert am Sonntag, 5. März, ab 11 Uhr das „Armida Quartett“ auf Einladung der Mozartgesellschaft in Kooperation mit der Stadt in der Pirmasenser Festhalle. Seit dem spektakulären Erfolg beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2012, bei dem das „Armida Quartett“ mit dem ersten Preis, dem Publikumspreis sowie sechs weiteren Sonderpreisen ausgezeichnet wurde, hat sich die Karriere des jungen Berliner Streichquartetts rasant weiter entwickelt. Unser Redakteur Christian Hanelt sprach mit Johanna Staemmler, die im Quartett eine der beiden Geigen spielt.

Am 5. März sind Sie zum wiederholten Mal in Pirmasens zu Gast. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit früheren Konzerten in Pirmasens?

Wir waren im Sommer 2014 in Pirmasens, wir haben damals Smetana „Aus meinem Leben“ und Beethovens Streichquartett op. 132 gespielt. Beides sind Werke, in denen die Komponisten mehr oder weniger direkt schwere krankheitsbedingte Krisen verarbeiten – es war also ein sehr emotionales Programm. Das sind musikalische Erlebnisse, die kann man nicht mehr vergessen. Wir erinnern uns aber auch, das wir sehr nett untergebracht waren und uns alle mit sehr viel Herzlichkeit begegnet sind. Aus Pirmasens stammt der Cellist Julian Steckel, wie Sie Preisträger des Musikwettbewerbs der ARD. Kennen Sie ihn und haben Sie schon mit ihm gemeinsam musiziert ? Ja, ich kenne Julian, seitdem wir in Berlin studiert haben. Erstmals zusammen musiziert haben wir aber erst vor etwa zwei Jahren – das war mit dem wunderbaren Schubert-Quintett. Seitdem haben wir viel Kammermusik zusammen gespielt – und jedes Mal ist es eine große Freude. Ein Streichquartett, das einen Cellisten kennt, der so kongenial mit dem Ensemble harmoniert, kann sich sehr glücklich schätzen. Was werden Sie diesmal in Pirmasens spielen? Wir haben das Streichquartett KV 458, das ist das sogenannte Jagdquartett von Mozart, das erste Streichquartett von Leos Janacek, genannt die „Kreutzersonate“ und das große G-Dur Streichquartett von Schubert im Programm. Nach welchen Kriterien stellen Sie ein Programm zusammen? Das ist unterschiedlich. Manchmal gibt es vom Veranstalter Wünsche, zum Beispiel bei einem bestimmten dramaturgischen Hintergrund. Oft versuchen wir, weniger bekannte Stücke mit den „Klassikern“ zu verbinden. Dieses Programm hat keinen Noname dabei. Es ist einer von vielen möglichen Querschnitten durch das unendliche, wunderbare Streichquartett-Repertoire, aber auch eine sehr tiefgehende und vielschichtige Reise in die menschliche Gefühlswelt, die sich in Musik ausdrücken kann. Schon Mozarts „Jagdquartett“ ist bei näherem Hinhören viel mehr als unterhaltsam geistreiches Plaudern über das Jagdvergnügen. Janaceks „Kreutzersonate“ thematisiert Liebe und Eifersucht und könnte als regelrechter Musik-Krimi beschrieben werden. Und schließlich Schuberts G-Dur Quartett – das ist so groß und traurig schön wie Musik nur sein kann. Wer trifft bei Ihnen Entscheidungen? Wer hat bei Differenzen das letzte Wort? Wir legen viel Wert auf die demokratische Ordnung unseres Quartetts. Ein „letztes Wort“ im Sinne davon, dass ein Einzelner Entscheidungen für die ganze Gruppe trifft, gibt es bei uns nicht. Es wird im Prinzip ganz einfach abgestimmt – wenn es 2:2 steht, suchen wir nach Lösungen im Wechselprinzip. Aber das kommt eher selten vor. Meistens wird schon im Gespräch klar, was für uns als Gruppe das Beste ist. Wir haben da vielleicht über die Jahre einen siebten Sinn entwickelt, eine Art „Armida-Sinn“, der uns befähigt, die eigenen Interessen und die der Gruppe empathisch abzuwägen. Sie sind mit Ihrer Musik international unterwegs. Gibt es da von Land zu Land Unterschiede in der Reaktion oder in den Vorlieben des Publikums ? Ja, das ist tatsächlich sehr interessant. Wobei die Reaktionen sehr unterschiedlich sind. Das ist aber kein Indikator dafür, ob und wie wir die Menschen mit der Musik erreichen und begeistern konnten. In Taipeh war das Publikum völlig aus dem Häuschen, fast hysterisch und in Norddeutschland ist das Publikum eher höflich und ruhig. Aber egal ob tosend oder herzlich-warm, man spürt eigentlich schon während die Musik erklingt, ob das Publikum aufmerksam zuhört und unseren Geschichten lauscht. Man muss hinterher nicht immer auf den Stühlen stehen. Manche Musik erreicht das Publikum ja auch so tief, dass es aus dieser Versenkung gar nicht so schnell wieder in den „lauten“ Modus wechseln kann, das geht uns Musikern auch manchmal so. Die intensivste Art so etwas zu spüren habe ich erlebt, als nach einer Aufführung des „War Requiems“ von Britten niemand klatschte. Gar nichts. Es war eine unglaubliche Stille. Und das was sicher kein Ausdruck eines Missfallens sondern echter Betroffenheit und Berührtheit. Das kann nur Musik. Sie haben mit vielen renommierten Kollegen gearbeitet. Wer hat Sie da besonders beeindruckt? Unvergesslich bleibt die Arbeit mit Alfred Brendel, der uns mit unendlicher Wärme und sehr viel Fantasie die Poesie in Schumanns Streichquartetten näherbrachte. Stört Sie der Klatscher an der „falschen“ Stelle? Nein, überhaupt nicht. Was heißt denn auch „falsche Stelle“? Früher war es üblich, Wohlgefallen zwischen den Sätzen zu äußern. Wenn der Applaus besonders heftig war, wurden dann einzelne Sätze wiederholt. Warum eigentlich nicht? Meiner Meinung nach ist ein Grund, weshalb „klassische“ Musik so vielen, vor allem jungen Menschen erstmal fremd ist, dass es so viele Verhaltensregeln gibt. Klatschen, leise sein, sich ordentlich anziehen… Das wirkt oft alles sehr statisch und reglementiert. Es geht um Kunst, um Musik, um uns Menschen, da sollten diese Äußerlichkeiten nicht so eine Rolle spielen. Welche musikalischen Bezüge gibt es, dass Sie für sich den Namen „Armida Quartett“ gewählt haben? Der Name „Armida“ kommt von der gleichnamigen Oper von Joseph Haydn. Dieses Werk soll ihm selbst sehr lieb gewesen sein und es war die zu seinen Lebzeiten erfolgreichste Haydn-Oper. Und da Haydn quasi der Vater des Streichquartetts ist, der aus einer Besetzung unter Vielen eine eigene Gattung mit dem Maximum an kompositorischer und musikalischer Ambition geschaffen hat, wollten wir diesen Namen. Es ist eine Verneigung vor Papa Haydn. Der Stoff erzählt von Liebe und Magie und hat auch viele andere Komponisten zu Opern inspiriert; Gluck und Dvorak zum Beispiel. Also ist der Name auch so vielseitig, wie wir es sein möchten. Wie definieren Sie Erfolg? Der ist sehr schwer zu definieren. Und auch ziemlich subjektiv. Einerseits kann man natürlich von Erfolg sprechen, wenn der Terminkalender voll ist und man eine Bühne und ein Publikum hat. Das ist das Offensichtliche am Erfolg. Und obwohl wir seit dem ARD-Wettbewerb gewissermaßen beruflich auf der Bühne stehen, sehen wir das mit Dankbarkeit und sind uns bewusst, welche Verantwortung wir damit tragen. Denn Erfolg als Künstler bedeutet eben auch Entwicklung, bedeutet Rückschläge bewältigen und authentisch bleiben. Mit Zweifeln leben und lernen und an das glauben, was wir kommunizieren wollen. Diese weniger offensichtliche Seite des Erfolges immer im Blick zu behalten, ist enorm wichtig. Sie gastieren im März in der Pirmasenser Festhalle. Gibt es einen Konzertsaal, in dem Sie unbedingt einmal spielen möchten? Oh Ja, das ist die Carnegie Hall in New York. Da möchten wir sehr gern hin! Bitte nennen Sie drei Gründe, in das Konzert zu kommen. Erstens Mozart, zweitens Janacek und drittens Schubert. Die Gründe treffen zwar für sich allein schon zu, gehen aber noch nicht weit genug. Deshalb: Erstens: Wenn Sie ins Konzert kommen, tun Sie etwas Gutes für Ihre Seele. Lange über den Tag des Konzerts hinaus können musikalische Erlebnisse in uns wirken. Zweitens: Wenn Sie ins Konzert kommen, haben Sie die Möglichkeit, die universelle, menschenverbindende Kraft von Musik zu spüren und mit anderen Menschen zu teilen. Drittens: Wenn Sie ins Konzert kommen, haben Sie die einzigartige Gelegenheit, unsere neueste CD handsigniert mit nach Hause zu nehmen! Infos —Eintrittskarten zu diesem Konzert gibt es im Pirmasenser Kulturamt, Telefon 06331/ 842352, sowie an der Tageskasse für 14 (ermäßigt sieben) Euro. —Weitere Infos stehen im Internet unter armidaquartett.com. |han

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