Pirmasens „Entspanntsein auf der Bühne gibt es nicht“

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„Mir hat es Spaß gemacht“, sagt der Pirmasenser Cellist Julian Steckel nach seinen beiden Konzerten in der, wenige Wochen zuvor eröffneten Hamburger Elbphilharmonie, einem der modernsten und architektonisch auffälligsten Konzerthäuser weltweit. Steckel hat dort als Solist mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Lorenzo Viotti Antonin Dvoráks Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll op. 104 gespielt. Mit Steckel, der auch gerade wieder das Euroclassic Festival-Orchester zusammenstellt, sprach Christian Hanelt.

Die Hamburger Elbphilharmonie gilt als eines der außergewöhnlichsten Konzerthäuser. War Ihr Konzert dort für Sie auch etwas Herausragendes?

Alles was jetzt in der Elbphilharmonie passiert, passiert dort zum ersten Mal. Das Dvorák-Konzert wurde dort noch nie gespielt. Und das dann zu spielen, war schon etwas Besonderes für mich. Das Haus hat schon eine tolle Architektur und es sieht nicht nur gut aus, sondern fühlt sich auch gut an. Und es herrscht dort eine sehr angenehme Atmosphäre. Auf der einen Seite dieses Hochhauses sieht man auf den Hafen, auf der anderen auf die ganze Stadt. Und wir hatten auch noch Glück mit dem Wetter. War es Ihr Vorschlag, das Dvorák-Konzert zu spielen? Dass es Dvorák war, ergab sich durch eine Programmänderung. Es hätte eigentlich ein Schumann-Konzert gespielt werden sollen mit Sir Neville Mariner als Dirigenten. Weil der aber im Herbst gestorben ist, wurde ein Dirigenten-Einspringer gesucht und mit Lorenzo Viotti auch gefunden. Der ist noch ganz jung, gerade mal 27, und hatte einen Teil des Mariner-Programms noch nie dirigiert. Er hat sich daher gewünscht, wenn er schon als Ersatz einspringt, dass er auch etwas von seinem eigenen Programm mitbringen darf. Aber zu diesem Programm hätte das Schumann-Konzert nicht gepasst. Da hat man mich dann gefragt, was ich vorschlagen würde. Und die Gelegenheit habe ich natürlich genutzt und das Dvorák-Konzert vorgeschlagen. Wann wurden Sie für die Konzerte in der Elbphilharmonie engagiert? Das war vor ungefähr eineinhalb oder zwei Jahren. Mit der Elbphilharmonie war es ja auch etwas tricky, weil man nicht so genau wusste, wann sie denn eigentlich eröffnet wird und ab wann man Konzerte planen kann. Wie haben Sie die viel gelobte Akustik der Elbphilharmonie empfunden? Zur Akustik gab es ja durchaus gemischte Reaktionen. Es ist keine Akustik, die den Klang besonders gut mischt – man hört also alles sehr klar, sehr transparent. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile, denn es muss ja nicht immer alles transparent sein, was ein bisschen auf die Stücke ankommt. Für die Bühne, also jedenfalls da wo ich saß, war die Akustik ganz gut, weil ich sehr gut hören konnte, wie das Orchester spielt. Wie das allerdings für das Publikum ist und vor allem wie unterschiedlich es ist, ob man im Publikum direkt vor mir oder 30 Meter hinter mir ganz oben sitzt, kann ich nicht beurteilen. Insoweit hat jeder Saal seine Vor- und Nachteile. Ich jedenfalls habe mich sehr gut gefühlt und es war eine sehr positive Erfahrung für mich. Gibt es noch Säle, in denen Sie unbedingt einmal spielen möchten? Ein paar Säle würden mich schon noch reizen. Als ich als 15-Jähriger mit dem Bundesjugendorchester das erste Mal in New York war, habe ich ein Konzert in der Carnegie Hall gehört. Um die Carnegie Hall rankt sich schon ein Mythos – da will jeder mal gespielt haben. Also: Carnegie Hall großer Saal – das muss schon sein. Darüber würde ich mich freuen. Aber es gibt ja auch immer wieder neue Säle, was sehr spannend ist. Ich habe zum Beispiel neulich in Bochum im neuen Konzertsaal gespielt. Das erwartet man nicht, aber die haben da einen Saal hingebaut, der wirklich der Hammer ist. Oder auch in Metz das Arsenal – da würde ich auch gerne mal spielen. Davon habe ich Fotos gesehen und war total fasziniert. Die Stadthalle in Wuppertal ist einer der besten Konzertsäle der Welt und so schön wie der Wiener Musikverein – steht aber halt in Wuppertal, das ist der einzige Nachteil. Wie weit sind Sie eigentlich mit der Planung des Konzerts mit dem Euroclassic Festival-Orchester am 3. September in Pirmasens? Da steht schon mehr als das Skelett. Manche Instrumentengruppen sind schon vollzählig, andere noch nicht ganz, was unter anderem daran liegt, dass manche Musiker ihre Dienstpläne noch nicht haben oder noch nicht sagen können, wann sie wo sein müssen. Insoweit stehen noch ein paar Zusagen aus. Beim Festival-Orchester es ist es ja eher so, dass wir jedes Jahr viele Musiker enttäuschen müssen, die gerne mitspielen würden. Das ist dann schon schade. Aber so ist das halt, wenn man veranstaltet – da bleiben Enttäuschungen nicht aus. Was steht dieses Jahr auf dem Programm des Festival-Orchesters? Das Dvorák-Cellokonzert wird auf dem Programm stehen und die 7. Sinfonie von Dvorák. Es wird also ein rein tschechischer Abend. Das Publikum in Pirmasens wird also das Konzert hören, das Sie auch in der Elbphilharmonie gespielt haben? Ja. Gehen Sie ein Konzert in Pirmasens entspannter an, als zum Beispiel in der Elbphilharmonie? Vielleicht sogar im Gegenteil. Aber das kann man schwer beschreiben. Man spricht auch unter Musikerkollegen immer mal wieder darüber, warum man sich wo an welchem Abend in welchem Saal mit welchen Stücken schlecht fühlt. Das ist manchmal wie eine Lotterie. Pirmasens ist natürlich wie jedes Heimspiel ein besonderes Konzert – es ist sehr persönlich, es ist wie ein Hauskonzert, bei dem man für den großen erweiterten Freundeskreis spielt. Aber relaxt gehe ich da bestimmt nicht ran, denn ich will natürlich gut spielen – auch für mich selbst. Entspanntsein auf der Bühne gibt es nicht. Dass heißt aber nicht, dass man sich da nicht wohlfühlen kann. Bei dem Festival-Orchester ist es ja auch so, dass es nur aus Freunden und bekannten Kollegen besteht. Und das ist ja auch noch einmal etwas ganz anderes, als wenn man zu einem Orchester kommt, bei dem man noch niemanden kennt, „Hallo“ sagt und dann professionell miteinander musiziert. In Pirmasens gibt es da ja noch verschiedene andere Ebenen. Da verbringt man vier Tage miteinander und feiert auch zusammen. Das ist etwas ganz Besonderes. Infos Karten für das Konzert des Euroclassic Festival-Orchesters gibt es bereits zu Preisen zwischen zwölf und 25 Euro (ermäßigt je die Hälfte) im Pirmasenser Kulturamt, Telefon 06331/842352.

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