Pirmasens „Eine tolle Sache und eine große Ehre“

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„Luther, Luther, wer ist Luther?“ Bezirkskantor Maurice Antoine Croissant wird als Co-Dirigent mit von der Partie sein, wenn am Samstag, 11. Februar, mehr als 2000 Sänger aus der Pfalz und Baden-Württemberg gemeinsam mit Orchester und professionellen Musicalsängern die Frage beantworten werden. Das „Luther Pop Oratorium“ aus der Feder von Michael Kunze und Dieter Falk ist im Luther-Jahr 2017 deutschlandweit auf Tour, jedesmal mit Sängern aus den jeweiligen Regionen der Auftrittsorte. Unser Mitarbeiter Fred G. Schütz unterhielt sich mit Croissant über die Herausforderung, so viele Musiker zu leiten, sich als Dirigent gar einem Hauptdirigenten unterordnen zu müssen und warum es für Croissant trotzdem eine tolle Aufgabe ist.

Was lässt sich zu dem Werk sagen - es heißt, es sei ein Pop-Oratorium, da fällt einem ja zunächst auch „Jesus Christ Superstar“ ein…?

Das Stück ist Oratorium, Musical und ist – ähnlich wie beim letzten Mal beim „Zehn Gebote Oratorium“, bei dem ich auch mitgewirkt habe – halb szenisch. Vor den Ensembles gibt es eine Bühne, auf der die zwölf Akteure die Szenen choreografisch und schauspielerisch umsetzen. Es ist also ein Mittelding zwischen Musical und Oratorium. Die Solo-Sänger sind Musicalprofis. Ansonsten ist das musikalisch ein Mix aus Pop, Rock, ein bisschen Jazz und Funk, Gospel ist natürlich auch drin – also ein guter Stilmix, von Dieter Falk komponiert, der schon viele namhafte Leute produziert hat und auch aus der Kirche kommt. Dieter Falk ist einer der ersten Popmusiker, fast schon Urgestein der Popmusik-Szene der Kirche. Er ist heute natürlich ein vielseitiger Produzent, seine Wurzeln sind aber in der Kirche und er hat auch Kirchenmusik wie Bach selbst im Chor gesungen. Das merkt man. Dieses Projekt, wie auch schon 2012 „Die Zehn Gebote“, lässt wieder ein professionelles Ensemble aus dem Musicalbereich mit einem professionellen Orchester und einem Hauptdirigenten durch Deutschland touren und vor Ort finden sich immer Laien-Sänger zusammen, die aus Chören der jeweiligen Region stammen, in unserem Falle der Pfalz und Baden-Württemberg. Hauptorganisator ist die Stiftung Creative Kirche zusammen mit den beiden Landeskirchen Baden und Pfalz. Was muss man sich unter der Stiftung Creative Kirche vorstellen? Das ist eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Witten, die stemmen seit Jahren Großprojekte mit sehr professioneller Public Relation, sie organisieren zum Beispiel den „Gospel Day“ und sind auch Mitinitiator des ersten hauptamtlichen popularmusikalischen Kirchenmusik-Studiengangs in Herford. Wie muss man sich die Organisation konkret vorstellen? Die Laiensänger stammen aus Kirchen- und Gospelchören. Es gibt aber auch Einzelsänger, die sich anmelden konnten; in unserem Falle sind es 2200 Sänger. Dazu gibt es zwei Co-Dirigenten, von denen ich als Popularmusikbeauftragter der Pfälzischen Landeskirche einer bin. In Baden ist es der Bezirkskantor Achim Plagge. Wir teilen uns die Aufgaben. Es gab zuvor drei Regionalproben und eine Einzelsängerprobe. Bei der Hauptprobe in der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen haben wir gemeinsam geprobt. Bei der Aufführung selbst und auch bei der Generalprobe steht in der Mitte vor dem ganzen Ensemble und dem großen Orchester der Hauptdirigent Heribert Freckler, der bei allen Aufführungen dabei ist. Rechts und links von ihm stehen wir Co-Dirigenten. Ist das nicht schwierig für einen Dirigenten, selbst noch einmal auf einen anderen Dirigenten achten zu müssen? In diesem Falle ist das nicht so – das ist das Schöne an einer professionellen Pop-Produktion. Wir kriegen einen Klick, das ist vergleichbar mit einem Metronom, nur eben über Ohrhörer. Der Klick wird vom Hauptdirigenten gestartet. Damit ist dann alles narrensicher im Tempo. Der Klick ist auch deshalb wichtig, weil es zu den live gespielten und gesungenen Sachen auch einige Einspieler aus dem Off gibt; da muss alles exakt im Takt sein. Woher stammen die Chöre, die Sie vorbereitet haben und dirigieren werden? Das sind zunächst meine beiden Chöre, nämlich die Bezirkskantorei und der Jugendchor Unisono. Und dann gibt es noch einige Chöre aus dem Dekanat und sehr viele aus der restlichen Pfalz, die sich angeschlossen haben. Bei einer Regionalprobe in der Christuskirche in Mannheim waren das dann 1200 Sänger in einem Raum. …von denen Sie die wenigsten je gesehen haben… Genau. Die haben natürlich in ihren eigenen Chören vorher geprobt, dann gab es in Mannheim von 13 bis 19 Uhr eine Durchgangsprobe. Es war erstaunlich, wie gut vorbereitet die waren und wie konzentriert die diese lange Probe durchgehalten haben. Das liegt vielleicht auch daran, dass alle wissen, das ist die einzige Probe bevor es ernst wird. Die Motivation war mega hoch. Als Dirigent haben Sie bei dieser Konstellation aber doch ziemlich wenig Gestaltungsspielraum, oder? Das stimmt schon. Es gab vorher eine Chorleiter-Schulung unter Dieter Falk, danach habe ich mich mit dem Co-Dirigenten getroffen, um alle Akzente, dynamischen Sachen und auch die choreografischen Dinge abzusprechen. Da war der Abstimmungsbedarf natürlich da, damit das einheitlich ist. Jeder muss das Gleiche wollen und das Gleiche haben. Das empfinde ich aber nicht als Manko. Ihre Rolle gleicht also eher der eines Löwenbändigers als der des gestaltenden Dirigenten? Einerseits ja, auf der anderen Seite kommt es aber sehr stark auf die beiden Co-Dirigenten an, sonst wären sie ja nicht da. Wir sind diejenigen, die die Einsätze geben, wir sorgen dafür, dass das prägnant kommt. Insofern fühle ich mich nicht als Dirigent zweiter Klasse. Das Werk heißt „Luther, Luther, wer ist dieser Luther?“. Gibt das Stück eine Antwort auf die Frage? Ja, natürlich. Allein schon bei den Hauptthemen wie dem Ablasshandel, den Luther abgelehnt hat, seine Fragestellung, wie kann der Mensch vor Gott gerechtfertigt werden, also eben nicht durch Werke, sondern allein durch Glaube und Gnade. Dann kommt natürlich seine Wirkung auf freiheitliches Denken vor. Die zentrale Szene des Stückes ist seine Befragung beim Reichstag von Worms, wo er vor den Kaiser gebeten wird und sich wegen Ketzerei verantworten muss. Haben Sie schon jemals so viele Sänger dirigiert? Nun ja, auf den Dekanatsmusiktagen und ähnlichen habe ich ja schon durchaus mal mit 100, 200 Sängern gearbeitet, aber so eine große Zahl ist einmalig. Man muss auch sagen, dass so eine große Produktion auch für mich eine tolle Sache ist, eine große Ehre auch, gar keine Frage. Infos —Die Aufführung des „Luther Pop Oratoriums“ am 11. Februar in der Mannheimer SAP-Arena ist schon seit Tagen ausverkauft. —Weitere Infos auch zu den anderen Spielorten gibt es im Internet unter www.luther-oratorium.de.

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