Pirmasens „Dieses Programm ist ein Geschenk für mich“

Eine „Daily Soap“ aus dem Barock, aber auch ein „Nachschlagewerk der menschlichen Seele“, als „literarisches Wunder“ und „einzigartiges Monument der Weltgeschichte“ wurden die Tagebücher des englischen Politikers und Lebemanns Samuel Pepys bezeichnet. Diese Aufzeichnungen des englischen Barockschriftstellers Samuel Pepys gibt es nicht nur in deutscher Übersetzung als Buch, sondern nun auch als kurzweiligen, amüsanten Theaterabend unter dem Titel „Peeping at Pepys“ mit dem lesenden und singenden Gustav Peter Wöhler, begleitet von der Berliner „Lautten Compagney“ – die auch einige instrumentale Schmankerl beizusteuern weiß. Zu erleben ist dieses „musikalische Tagebuch“ im Rahmen des Festivals Euroclassic am Dienstag, 30. September, ab 20 Uhr in der Pirmasenser Festhalle. Über das Stück sprach Christian Hanelt mit Gustav Peter Wöhler, der seit Jahren zu den bekannten Gesichtern der deutschen Film- und Fernsehszene gehört und dem Tagebuchschreiber Pepys seine Stimme leiht.

Inwieweit waren Sie in die Entstehung dieses „musikalischen Tagebuchs“ eingebunden?

Ich wurde von der „Lautten Compagney Berlin“ angefragt, als das Projekt schon fest stand. Wer hat die Auswahl der Texte und Musik getroffen? Auswahl von Text und Musik wurden von der „Lautten Compagney“ zusammengestellt. Ich habe dann mit den Musikern gemeinsam eine Form ausgearbeitet und geprobt. Haben Sie früher schon einmal mit der „Lautten Compagney“ zusammengearbeitet? Wir haben uns bei einem Konzert während der Thüringer Bachwochen in Erfurt kennengelernt , bei dem ich Psalmen aus der Bibel gelesen habe. Ist dieses Programm für Sie nicht eine wunderbare Verbindung aus Schauspielerei und Musik? Dieses Programm ist ein Geschenk für mich, weil es meine Leidenschaft für „Alte Musik“ mit meinem Beruf des Schauspielers wunderbar verbindet. Sehen Sie sich als musizierender Schauspieler oder eher als schauspielernder Musiker? Beides! Es kommt immer darauf an, was gerade im Vordergrund steht. Wie würden Sie Ihre Rolle in dem Programm beschreiben? Ich bin der Vorleser der Tagebücher von Samuel Pepys und stelle meine Stimme und mein Spiel zur Verfügung. Pepys schildert das Leben im 17. Jahrhundert. Was hat Sie daran verblüfft? Verblüfft hat mich die Haltung, diese Beobachtung und Reflexion, immer persönlich und emotional , dabei humorvoll und berührend. Ich empfinde es als eine sehr moderne Haltung, selbst wenn er über die Pest oder die große Londoner Feuersbrunst schreibt. Ist nicht vieles, was Pepys schildert und worüber man vielleicht verwundert den Kopf schüttelt, in unsere Zeit übertragbar, und hat sich letztlich doch gar nicht so viel im menschlichen Verhalten verändert? Unser menschliches Verhalten hat sich kaum verändert, wir sind auch heutzutage an materiellen Dingen und an Klatsch und Tratsch interessiert, auch die politischen Verhältnisse, Umstürze und Abdankungen, Kriege und Krisen haben sich gehalten. Und wenn Pepys über die Pest schreibt, denke ich beim Lesen an unsere aktuelle Ebola-Epidemie. Wäre angesichts unserer medialen Welt mit Internet und Facebook ein heute erstelltes Tagebuch in dieser Art in 200 oder 300 Jahren auch so interessant wie Pepys Tagebuch heute für uns? Schauen Sie sich den Buchmarkt an. Ganz oben auf den Bestsellerlisten stehen Autobiografien und Tagebücher. Wir Menschen sind empfänglich für die intimen Seiten unserer Zeitgenossen – Fritz J. Raddatz, Martin Walser , Max Fritsch und so weiter. Pepys Tagebuch bietet doch genügend Stoff für ein weiteres Programm. Würde sich da eine Fortsetzung nicht anbieten? Man kann wirklich aus dem Vollen schöpfen bei Pepys und sicher das ein oder andere Kapitel dieser unendlichen Tagebuch-Geschichten neu erarbeiten. Auch die Musik der Zeit bietet reichlich Material. Der Berliner Tagesspiegel hat in seiner Kritik geschrieben, das Programm sei „in Idealbesetzung unter Wert abgeschmiert“. Lesen Sie Kritiken und wie gehen Sie damit um? Ja, ich lese Kritiken, sogar gern und viel. Und wenn es mich betrifft, dann tut das schon mal weh. Aber ich setze mich mit meiner Arbeit nun mal der öffentlichen Kritik aus und muss damit rechnen, dass es nicht immer positiv ausfällt. Und manchmal sind diese Kritiken sogar hilfreich und fördernd. Wird es „Peeping at Pepys“ eigentlich irgendwann als CD oder DVD geben? Es ist geplant. Und das finde ich ganz wunderbar. Aber frühestens im nächsten Jahr. Bitte geben Sie unseren Lesern drei Gründe, zur Vorstellung zu kommen. Es ist ein hoch musikalischer Abend. Für Freunde der „Alten Musik“ ist es ein Muss! Man erhält auf leichte und unterhaltsame Weise einen Einblick in das Leben im 17. Jahrhundert. Und der Abend ist sexy!

x