Pirmasens Die Stiefel nach Maß sind fertig

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Heute muss sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer entscheiden: Zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten wird sie Schüler der Deutschen Schuhfachschule treffen, die für sie eine Stiefelkollektion entworfen haben. 15 Paar wird sie zur Auswahl haben.

„Malu Dreyer bekommt nicht 15 Paar Stiefel, sondern sie darf sich ein Paar aussuchen“, klärt Martin Thorenz, Fachlehrer an der Schuhfachschule, auf. Seit September hat er mit seinen Studenten, wie er sie nennt, an dem Projekt gearbeitet. Die Abschlussarbeit war anders als die in den Vorjahren. „Normalerweise arbeiten wir für große Namen wie Camel, Gabor, Geox, weil die jungen Leute das Gefühl erhalten sollen, sie machen etwas für die Praxis“, erzählt Thorenz, der stolz darauf hinweist, dass die Absolventen der Schuhfachschule auch im Ausland gefragt sind. Die Ausbildung in Pirmasens biete Jobgarantie im mittleren und höheren Management großer Schuhfirmen. Die Idee, eine Kollektion für die Ministerpräsidentin zu entwerfen, entstand nach dem Rheinland-Pfalz-Tag, als sich Dreyer als Schuhliebhaberin outete. Wobei es den jungen Leuten vor allem darum geht, zu üben. Die Vorgabe war, eine serienreife Stiefelkollektion für die modebewusste Businessfrau zu kreieren. Vorgegeben hatte Dreyer bei einer Befragung: bitte nicht zu hoch und nicht zu bieder. Damit ging dann für die Studenten die Arbeit richtig los. Am Anfang stehe die Ideensammlung beim Entwerfen vom Schuhen, so Thorenz. Es gehe bei einer Kollektion darum, Einheit in Vielfalt zu gestalten. Dazu analysiere er mit der Klasse die aktuelle Mode, versuche herauszufinden, wohin der Trend geht. Dann wird ins Unreine gezeichnet, es entstehen Scribbels, Kritzeleien, jeder Schüler macht schließlich sechs Entwürfe, am Ende wird entschieden, was technisch ausgearbeitet wird. Dann heißt es Schablonen anfertigen, Schnitteinzelteile herstellen, später sitzen die Schüler dann an der Nähmaschine. So funktioniert Handarbeit. Eine gute Kollektion bietet laut Thorenz optisch so viel Abwechslung, dass der Händler am liebsten alle Varianten haben will. Für die Stiefel haben sich die Schüler total ins Zeug gelegt. Von der ersten Idee über die Entwicklung bis hin zur Fertigung haben die Jung-Designer über 200 Stunden investiert. Entstanden sind ganz unterschiedliche Unikate, sehr modische Exemplare, denen gemeinsam ist, dass sie mit viel Liebe zum Detail und dem gewissen Etwas gefertigt worden sind. Jano Zech aus Berlin beispielsweise, Bundessieger im Orthopädie-Handwerk, hat die Absätze mit Bootslack überzogen, hat seine Stiefel zweifarbig gestaltet und ihnen mit der Wachsbürste den letzten Schliff gegeben. Theresa Bolkart hat ein cognacfarbenes Paar entwickelt, mit Trense – das ergibt einen lässig-eleganten Reiterstiefel. Wobei sie ihr Grundmodell dreimal überarbeitet und auch Freizeit investiert hat. Wenn ihr Stiefel für die Ministerpräsidentin nicht erste Wahl sei, bekomme ihn die Mama. Zech erzählt: „Bei so einem Projekt sammelt man ganz wichtige Erfahrungen für die Praxis. Es ist toll, einen Schuh von Anfang bis Ende selbst zu bauen. Man muss überlegen, was muss ich bei der Schaftweite zugeben, wie reagiert das Leder an der Maschine.“ Auch den Absatz hat er komplett selbst aufgebaut. „So etwas können sie nirgends bestellen“, sagt er. Prototypenfertigung sei ganz viel Handarbeit. In der Industrie werde ein Prototyp bis zu 15 Mal verändert, bis er fertig ist. (cla)

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