Pirmasens „Das Publikum kann man nicht täuschen“

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Seit über 50 Jahren steht Vicky Leandros nun auf der Bühne – ein halbes Jahrhundert, in dem sie weit mehr als 4000 Lieder eingesungen hat und zum vielfach preisgekrönten Weltstar aufgestiegen ist. Von ihrem ersten Bühnenauftritt im Jahr 1965 über ihren Grand-Prix-Sieg 1972, bis zu ihren unzähligen Hits und etlichen Interpretationen von Evergreens in acht Sprachen reichen die Zeugnisse ihrer beachtlichen internationalen Laufbahn. Mit über 50 Millionen verkauften Tonträgern und 500 Alben weltweit zählt Vicky Leandros hierzulande zu den erfolgreichsten Künstlerinnen überhaupt. Mit „Ich liebe das Leben – Ein Abend mit Vicky Leandros und Band“ kehrt sie nun auf die Bühne zurück – unter anderem am Sonntag, 30. April, 20 Uhr, in der Saarbrücker Congresshalle. Mit Vicky Leandros sprach Christian Hanelt.

Wann sind Sie eigentlich das letzte Mal in Saarbrücken aufgetreten?

Genau weiß ich das nicht mehr, aber es sind bestimmt acht Jahre her – oder vielleicht sogar noch mehr? Es war jedenfalls das Abschlusskonzert einer großen Tournee. Ich hatte damals eine Fuß-Operation, weshalb ich mit einem Fuß in einer Sandalette und mit dem anderen in einem Schuh über die Bühne gehinkt bin – das weiß ich noch ganz genau. Saarbrücken war in den 60er Jahren dank des Saarländischen Rundfunks eine Hochburg des Schlagers. Haben Sie daran auch noch Erinnerungen? Ja natürlich. Es kamen damals im Fernsehen ja auch sehr viele Musiksendungen mit tollen Ideen aus Saarbrücken. Deshalb waren wir früher auch so oft in Saarbrücken. Trauern Sie dieser Zeit nach, in der es noch kein Formatradio gab und die Sender nach Vicky Leandros Musik von den „Rolling Stones“, gefolgt von Howard Carpendale, Heino und den „Who“ spielten? Trauern ist vielleicht das falsche Wort. Aber es ist schade, dass es inzwischen so ein strenges Formatradio gibt. Ich fände es schöner, wenn eine sehr gute und erfolgreiche Produktion überall gespielt würde. Es wäre schön, wenn es wenigstens ein paar Sender geben würde, die den Mut dazu haben, diese Mischung zu spielen. Was werden Sie dem Publikum in Saarbrücken singen? Ich gehe – wie schon in der Vergangenheit – wieder dieses Wagnis ein zwischen Balladen, Chansons, Folklore und Schlagern. Das werden dann neue Lieder sein und natürlich die alten Erfolge in verschiedenen Sprachen. Legen Sie selbst das Programm fest und bestimmen die Dramaturgie? Ja. Das mache ich ganz allein. Dabei mache ich es dem Publikum aber auch nicht zu leicht, weil ich auch anspruchsvollere Lieder singe. Und ich erzähle einige wahre Geschichten aus meinem Leben. Allein auf der Bühne zu stehen – so wie ich – ist ja auch die Wahrheit. Da kann man sich nicht verstellen. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man viele Leute mit auf der Bühne hat und tanzt und macht. Ich bin eine Alleinunterhalterin und deshalb muss ich wahrhaftig und ehrlich sein. Und das spürt dann auch das Publikum, denn das Publikum kann man nicht täuschen. Deshalb versuche ich das auch gar nicht erst. Wann erscheint eigentlich Ihre nächste Platte? Vielleicht im nächsten Jahr. Wir planen dann ja auch eine sehr große Konzerttournee – vielleicht mit einem Philharmonie-Orchester. Das wissen wir aber noch nicht ganz genau. Vielleicht machen wir ein Album mit den großen Erfolgen. Andererseits wollen viele Produzenten mit mir gerne neuere Lieder einspielen. Da ich mir über all das noch nicht sicher bin, lasse ich es noch einen Moment ruhen. Meine Tournee ist aber unabhängig von einem neuen Album. So war die letzte große Konzerttournee sehr erfolgreich, war überall ausverkauft. Sie haben ja zahlreiche Lieder, die zu Gasenhauern geworden sind und vom Konzertpublikum erwartet werden. Aber mögen Sie die selbst noch singen? Bei einigen Liedern gibt es natürlich Veränderungen im Arrangement. Aber Lieder wie „Après toi“, „L’amour est bleu“ oder „Ich liebe das Leben“ singe ich auch weiterhin gerne. Sie werden als Künstlerin ernst genommen, Ihre Konzerte haben eine exklusive Note, während viele Kollegen der Schlagerbranche sich heute in Bierzelten und bei Betriebsfesten durchschlagen müssen. Wie haben Sie sich diesen Status bewahren können? Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Aber ich freue mich natürlich, dass ich noch so viele Konzerte geben darf, und dass die auch gut besucht sind. Dafür bin ich dem Publikum auch sehr dankbar, denn auf der Bühne zu stehen, ist wirklich das Schönste für mich. Seit 50 Jahren stehen Sie auf der Bühne. Haben Sie da noch Lampenfieber? Das habe ich – und das kann ich auch nicht abstellen. Es wäre schon schön, endlich mal so richtig lässig auf die Bühne zu gehen. Aber das gelingt mir nie. Ich bin immer noch nervös und zittere ein wenig. Hören Sie eigentlich Ihre eigene Musik? Nein, ich höre meine Musik nicht. Ich sammele auch meine Goldenen Schallplatten nicht. Die sind alle irgendwo im Keller. Was können junge Sänger von Ihnen lernen, was würden Sie ihnen mit auf den Weg geben? Ich gebe ungern Ratschläge, denn jeder Mensch, jeder Künstler ist anders. Aber zu Talent, gehört auch etwas Fleiß. Man muss immer weiter an sich arbeitet – auch wenn man schon erfolgreich ist. Das gilt sowohl beruflich als auch privat. Und da gehört nun auch mal dazu, sich hinzusetzen und ein Buch zu lesen. Sie waren politisch sehr engagiert. Haben Sie da noch Ambitionen? Nein, eigentlich nicht. Ich habe in Griechenland das Feld noch zum richtigen Zeitpunkt verlassen. Warum hat sich Ihr politisches Engagement nie in der Musik widergespiegelt? Ich sehe mich in erster Linie als Entertainerin. Ich setze mich zwar mit Politik auseinander, aber das muss ich nicht in meiner Musik darstellen. Auch wenn es in meinem Repertoire Balladen gibt, die zum Nachdenken anregen, möchte ich mein Publikum positiv aus dem Konzert entlassen – das verstehe ich unter guter Unterhaltung. Wie definieren Sie beruflichen Erfolg? Wenn man Konzerte geben darf, der Funke dabei überspringt und das Publikum und man selbst angetan ist. Das ist für mich Erfolg. Wird Ihnen – gerade in der Öffentlichkeit – die Popularität manchmal auch zur Last? Im Laufe der Jahre habe ich mich daran gewöhnt. Ich finde es daher nicht als Last. Die Popularität ist anderseits ja auch ein Privileg. Haben Sie einen musikalischen Traum? Ich habe, was die Karriere angeht, keine Träume mehr. Das wäre auch sehr anmaßend. Ich habe so vieles erreichen dürfen und bin darüber sehr zufrieden und glücklich. Aber am glücklichsten bin ich mit meiner Familie. Bitte nennen Sie drei Gründe, ihr Konzert zu besuchen. Ich bin eine Entertainerin und denke, dass ich die Menschen, die in mein Konzert kommen, auch unterhalten kann. Ich führe sie durch viele Emotionen zwischen Leidensweg und Fröhlichkeit. Infos Karten für „Ich liebe das Leben – Ein Abend mit Vicky Leandros und Band“ am Sonntag, 30. April, 20 Uhr, in der Saarbrücker Congresshalle gibt es ab 41 Euro im Internet unter www.kultopolis.com und unter der Ticket-Hotline 0651/9790770.

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