Pirmasens „Das ist eine große Sauerei“
„Das ist eine große Sauerei“, wetterte gestern Henning Mattill, Gründer der Freien Wählergruppe „Mir Erlehöfer“, gegen die heimlichen Verkaufsverhandlungen der Stadt, die in Erlenbrunn nie kommuniziert worden seien. „Mit uns hat niemand gesprochen“, sagte Mattill. Trotzdem habe die FWG davon erfahren und diese Absichten im Dorf bekannt gemacht. Nach den Informationen, die Mattill hat, will der Kaufinteressent in dem früheren Rathaus ein Lager errichten. Außerdem sei er am Grundstück des nahen Kindergartens interessiert, wenn der in zwei Jahren in die neue Kindertagesstätte umzieht. Der Kaufinteressent wohne zwar außerhalb von Pirmasens, sei aber in Erlenbrunn „ortsbekannt“, sagte Mattill. Auf Anfrage der RHEINPFALZ bestätigte gestern die Stadtverwaltung, dass es tatsächlich einen Kaufinteressenten für das alte Erlenbrunner Rathaus gibt und dass sich der Mann das Gebäude auch schon angeschaut hat. „Aber es ist noch nichts abgeschlossen“, sagte Pressesprecherin Dunja Maurer. Bevor eine Entscheidung getroffen werde, würden noch die entsprechenden Gremien mit der Sache befasst, also Ortsbeirat und Stadtrat. Maurer wies darauf hin, dass die Stadt das alte Rathaus in Erlenbrunn nicht aktiv angeboten habe. Der Kaufinteressent habe gelesen, dass Pirmasens städtische Gebäude verkaufe und sich bei der Stadtverwaltung gemeldet und nach dem alten Rathaus in Erlenbrunn erkundigt. Von den Verkaufsgesprächen nichts gewusst hat nach eigenen Angaben Ortsvorsteher Frank Fremgen. Er nannte es „sehr schäbig“ und einen „schlechten politischen Stil“, dass die Stadt über den Verkauf des alten Rathauses verhandele, ohne dass der Ortsvorsteher und der Ortsbeirat darüber informiert wurden. Aber das passe zu den Erfahrungen der vergangenen Jahre, so Fremgen, in denen er sich als Ortsvorsteher immer wieder von der Stadt übergangen fühlte. Die Stadtspitze um Oberbürgermeister Bernhard Matheis habe früher einmal angeboten, die Ortsbeiräte und Ortsvorsteher zu stärken. „Aber sie missachtet dieses Angebot permanent“. Dabei ist Fremgen nicht grundsätzlich gegen den Verkauf des alten Rathauses. Das Gebäude müsse dringend saniert werden, das würde über 200.000 Euro kosten. Seit Jahren werde in Erlenbrunn über die Nutzung diskutiert, „aber es gibt kein schlüssiges Konzept“. Ihm lägen auch keine Anfragen von Vereinen vor, die Räume im alten Rathaus beziehen wollen. Und der Idee, dort ein Heimatmuseum einzurichten, steht Fremgen skeptisch gegenüber. Mattill hält dagegen. Das alte Rathaus, „ein Stück Heimatgeschichte“, könne zum Dorfgemeinschaftshaus, zu einer Begegnungsstätte für Junge und Alte umgebaut werden. Aus Gesprächen mit älteren Bürgern im Dorf wisse er, dass eine Nachfrage besteht nach einem Raum, in dem man sich treffen kann, um beispielsweise einen Spielenachmittag bei Kaffee und Kuchen zu veranstalten. Oder die Jugend: Die müsse sich derzeit „in Unterständen herumdrücken“, auch ihr könne im früheren Rathaus ein Raum zur Verfügung gestellt werden. Und noch eine Idee hat die FWG: In dem Gebäude könnte ein Hofladen eingerichtet werden, Interessenten, die dort Waren anbieten, gebe es bereits. Die genannten Sanierungskosten von über 200.000 Euro schrecken Mattill nicht ab – weil er an die Summe nicht glaubt. „Was man nicht haben will, rechnet man hoch“, sagte er. Die Freien Wähler hätten angeboten, vieles in Eigenleistung zu erledigen, Fachleute seien vorhanden. Vor 14 Tagen, als der FWG bekannt wurde, dass ein Interessent das alte Rathaus besichtigt hat, wandte sich Mattill nach eigenen Angaben mit einem Fax an die Stadt und bat um Auskunft darüber, welche Pläne mit dem Gebäude verfolgt werden. „Bis heute habe ich keine Antwort“, schimpfte Mattill. Auch ihn erzürnt, dass die Stadtspitze so gern davon redet, die Vororte aufzuwerten, aber nicht danach handelt. Dass kein Erlenbrunner Stadtratsmitglied Wind von einem möglichen Verkauf des Gebäudes bekommen hat, mag er nicht glauben. „Irgendwo in einem Ausschuss muss doch darüber geredet worden sein“, ist er überzeugt. Falls nicht, wäre das auch nicht besser: „Was nutzt uns ein Stadtratsmandat für den ,Erlehof’, wenn die Ratsmitglieder nicht informiert werden, was in ihrem Dorf passiert“, so Mattill. (pr)