Pirmasens „Dada ist absolut aktuell“
Mit heißer Nadel gestrickt, aber dennoch üppig: Pirmasens kommt zur Feier des Dada-Jubiläums jetzt doch noch auf Touren. 14 Veranstaltungen werden vom kommenden Freitag an die 1916 von dem Pirmasenser Hugo Ball initiierte Kunstrichtung lebendig werden lassen. Und Oberbürgermeister Bernhard Matheis will den dadaistischen Reigen im November nicht wieder in der Gruft des Vergessens versenken. Hugo Ball und Dada sollen „nachhaltig“ in Pirmasens ihren Platz finden.
Bei der gestrigen Präsentation des Jubiläumsprogramms fanden die Pirmasenser Bemühungen denn auch das Lob von Kulturstaatssekretär Walter Schumacher, der aus Mainz angereist war. „Ich finde es ganz groß, wenn eine Stadt wie Pirmasens sagt, dass sie jetzt dada ist“, so Schumacher, der die Pirmasenser Veranstaltungsreihe nicht als Totenfeier für eine längst überwundene Kunstrichtung sieht. „Dada ist absolut aktuell“, so der Kulturstaatssekretär und bekennende Fan von Hugo Ball. Das findet auch der Pirmasenser Oberbürgermeister Matheis, der mit den 14 Veranstaltungen zeigen will, dass sich viele andere Kunstrichtungen aus dem Dadaismus entwickelt haben. Und die sollen in der Alten Post dauerhaft ihren Platz haben. „Wir möchten, dass Hugo Ball in Pirmasens wieder ankommt“, gab Matheis die Zielrichtung für kommende Jahre aus. Zu der Kritik an den bisher spärlichen Bemühungen zum Dada-Jahr verwies Matheis auf die Größe von Pirmasens, die als „Provinzstadt“ nicht so dada sein könne wie Großstädte und insofern auch kein Programm stemmen könne, wegen dem die ganze Welt nach Pirmasens schaut. Dennoch habe Pirmasens die Verantwortung, im Dada-Jahr ein Ausrufezeichen zu setzen. Und dies soll nicht nur mit dem voraussichtlich im November fertiggestellten Hugo-Ball-Kabinett geschehen. Das wird übrigens doch nicht im Dachgeschoss des Südflügels der Alten Post unterkommen, sondern in dem bisher als „Aktives Museum“ für die Kinderpädagogik vorgesehenen größeren Bereich im Nordflügel. Außerdem werde die neue Stadtbücherei in der früheren Kaufhalle eine besondere Abteilung zu Hugo Ball bekommen, versprach Matheis, der sich hier allerdings nicht auf einen Termin festlegen wollte. Die Stadt lässt sich das Dada-Jubiläum inklusive Ball-Kabinett rund 200.000 Euro kosten. Das Land steuert 28.000 Euro bei und unterstützt Pirmasens mit der Wanderausstellung „Seepferdchen und Flugfische“, die im September in die Alte Post kommt. Den Veranstaltungsreigen zum Dadajahr hat die Kulturamtsmitarbeiterin Sonja Mäß organisiert. „Wir wollten Hugo Ball in die Fläche bringen“, erklärte sie gestern und verwies auf Veranstaltungen, die auch in der Fußgängerzone und im Dynamikum stattfinden werden, um Interessierte anzulocken, die vor einem Gang in die Alte Post oder die Festhalle zurückschrecken. Die Veranstaltungen werden auch nicht knochentrocken historisch-kunsttheoretische Fakten abarbeiten, sondern sollen sich dem Thema mit Humor nähern, dabei natürlich auch Fragen aufwerfen und nicht immer die passenden Antworten dazu liefern. Start ist am kommenden Freitag mit einer Lesung der Biografin von Balls Frau Emmy Hennings in der VR-Bank. Ein Zeichen, dass Ball und Dada in Pirmasens zugkräftig sind, ist der Kleinkunstabend „Blattrand, ohne Rolf“ am 13. April in der Alten Post, der bereits ausverkauft ist. Das erhoffen sich Mäß und ihr Team auch für die szenische Lesung „Zuzüglich Zürich“ am 23. April im Carolinensaal, wenn Bodo Redner, Kerstin Bachtler und Claudia Albrecht ein „Kaudadawelsch“ von sich geben werden. Höhepunkt wird der 9. Juli sein: Tagsüber zeigt die Jugendkulturwerkstatt des Internationalen Bundes (IB) in der Fußgängerzone die vielen Seiten Dadas in einer jugendgerechten Form. Abends geht es dann zur „Langen Hugo-Ball-Nacht“ in das Mitmachmuseum Dynamikum. Zeitgenössische Lautdichterinnen, Autoren, eine Clownin und die Berliner Performancekünstlerin Annika von Trier wollen eine Mischung aus Kabarett, Performance und Musik abliefern, die möglichst viele Bereiche des Dadaismus mit aktuellen Bezügen beleuchten soll. Der Abend kostet allerdings auch 30 Euro inklusive kulinarischer Umrahmung. Selbst aktiv werden können Literaten am 24. Juni bei einem Poetry-Slam-Wettbewerb in der Festhalle. Junge und alte Dichter sind aufgerufen, mit eigenen Dadatexten zum Wettstreit anzutreten. Jeder hat sechs Minuten Zeit, die Gunst des Publikums zu erringen und den Hauptpreis von 500 Euro mit nach Hause zu nehmen. Ein dauerhaftes Zeichen, dass Ball wieder in Pirmasens angekommen ist, soll am 23. Juni in der Zweibrücker Straße gesetzt werden: Die Bauhütte Pfalz und die Hugo-Ball-Gesellschaft haben gemeinsam eine Informationsstele gestaltet und finanziert, die an der Stelle aufgestellt werden soll, wo einst das Geburtshaus Balls stand. Heute findet sich dort das Gelände der Parkbrauerei. (kka) kultur