Pirmasens Berufung wird für NPD-Kreisvorsitzende teuer

Noch ist das Urteil des Landgerichts nicht rechtskräftig.
Noch ist das Urteil des Landgerichts nicht rechtskräftig.

Weil sie ein Nazi-Symbol auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hatte, muss die NPD-Kreisvorsitzende Ricarda Walter-Riefling 800 Euro bezahlen. Damit brummte ihr das Berufungsgericht in Zweibrücken am Mittwoch 350 Euro mehr auf als zuvor das Amtsgericht in Pirmasens.

Mit 16 Jahren war Ricarda Walter-Riefling zum ersten Mal schwanger, heute hat die 38-Jährige sechs Kinder. Trotz dieser familiären Herausforderungen machte sie Abitur, absolvierte eine Ausbildung zur Sozialassistentin und studierte Kulturwissenschaften. 2007 trat sie in die NPD ein und machte dort Parteikarriere. Aktuell ist sie Kreisvorsitzende der NPD-Südwestpfalz und stellvertretende Landesvorsitzende.

„Die Angeklagte ist alles andere als dumm“, das zeige ihr Lebenslauf, meinte am Mittwoch Kristine Goldmann. Deshalb hält es die Oberstaatsanwältin für ausgeschlossen, dass Walter-Riefling am 10. Mai 2020 nicht wusste, was tat. An diesem Sonntag, es war Muttertag, veröffentlichte die NPD-Funktionärin aus Pirmasens auf ihrer Facebook-Seite das verfassungswidrige Logo der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Diese Unterorganisation der NSDAP war 1945 durch die Alliierten verboten worden. Die Anklage lautete deshalb: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Vorm Amtsgericht gab Walter-Riefling im Oktober 2020 an, gar nicht gewusst zu haben, was sie da veröffentlicht hatte. Die Richterin glaubte ihr nicht und verurteilte Riefling zu einer Geldstrafe von 450 Euro.

Ihre eigene Vita spricht gegen die Angeklagte

Die Berufung der 38-Jährigen gegen dieses Urteil schmetterte Andreas Herzog, Vorsitzender Richter der dritten Strafkammer beim Landgericht, am Mittwoch ab. Ähnlich wie Oberstaatsanwältin Goldmann argumentierte er mit der Vita der Angeklagten. „Frau Walter-Riefling hat ihren Weg gemacht“, bei ihrem hohen Bildungsstand bestehe kein Zweifel daran, dass sie wusste, dass auf dem Foto, das sie auf Facebook veröffentlichte, ein Nazi-Symbol abgebildet war. Dafür spreche auch der Text zum Muttertag, den Walter-Riefling zusammen mit dem Foto hochgeladen hatte, der eine Mutterkreuz-Verleihung im Jahr 1942 thematisierte. Weil der Text gut formuliert und ohne Rechtschreibfehler veröffentlicht wurde, glaubt Herzog auch nicht, dass die Zeilen, wie auch das umstrittene Foto, gerade mal so nebenbei entstanden sind.

Genau das aber behauptet Walter-Riefling. Beim Ausflug am Muttertag 2020 habe sie den Text, der für mehr Anerkennung der Mutterschaft werben sollte, in ihr Smartphone getippt, sagte die 38-Jährige vor Gericht. Passend dazu habe sie im Internet ein Bild ausgesucht. Dass darauf ganz am Rande das Kennzeichen der NSV zu sehen war, sei auf dem kleinen Bildschirm des Smartphones beim Wandern in der Sonne nicht zu erkennen gewesen, sagte der Verteidiger der Angeklagten, Andreas Wölfel. Und selbst wenn Walter-Riefling das Kennzeichen aufgefallen wäre, hätte sie damit nichts anfangen können. „Sie hat die Abkürzung NSV nicht gekannt“, sagte Wölfel. Eine absichtliche, vorsätzliche Veröffentlichung des umstrittenen Bildes sei seiner Mandantin nicht nachzuweisen, deshalb forderte Wölfel einen Freispruch.

Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Die Berufung der NPD-Funktionärin gegen das Urteil des Amtsgerichts hatte ziemlich genau ein Jahr auf Eis gelegen. Anfang September 2021 waren die Prozessbeteiligten ergebnislos auseinandergegangen, weil auf Antrag der Verteidigung beim Landesverfassungsschutz in Mainz nachgefragt werden sollte, ob das NSV-Symbol in der rechtsextremen Szene bekannt sein dürfte. Am Mittwoch war dazu extra ein Jurist aus dem Innenministerium nach Zweibrücken gereist. Das Ergebnis seiner Befragung: Man dürfe davon ausgehen, dass NPD-Funktionsträger auch Untergliederungen der NSDAP – wie die NSV – und deren Symbole kennen. Ob das auch für Walter-Riefling gelte, darüber gebe es keine Erkenntnisse.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision innerhalb einer Woche ist möglich.

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